Nur mit viel Hilfe
Wiederauswilderungen stehen bei Zoologen hoch im Kurs, sie können bei intensiver Begleitung durch Experten gelingen. Dabei geht es auch um den Erhalt von Ökosystemen.
Es sind oft emotionale Bilder in den Medien, die Auswilderungen von seltenen, oft bereits nahezu ausgerotteten Tierarten populär gemacht haben. Nicht selten sind solche gelungenen Projekte auch ein Pfund, mit dem Touristiker wuchern können. Besonders spektakulär sind Wiederauswilderungsvorhaben wie die der Waldrappen. Die Zugvögel wurden von Tierpflegern eigens mit Ultraleichtflugzeugen vom Bodensee zu ihren Winterquartieren südlich der Alpen angeleitet, damit sie ihre angestammte Zugroute neu verinnerlichen konnten. Das ist eine eindrucksvolle Geschichte. Aber Auswilderungen haben sehr oft einen handfesten ökologischen Hintergrund. Es geht dabei keineswegs nur um diese eine Art, die ja zumindest in Zoos und Tierparks oft durchaus noch oder wieder in stabilen Beständen vorhanden ist. Es geht vielmehr um funktionierende Ökosysteme als Ganzes.
Zahlreiche Befürworter von Auswilderungen berufen sich auf ein Projekt, das vor einem Vierteljahrhundert im Yellowstone-nationalpark im Nordwesten der USA begonnen wurde. Damals sind dort Wölfe wiederausgewildert worden. Etliche Experten befürchteten zwar zunächst eine Ausrottung der Wapiti-hirsche in dem Revier, deren Population zuvor drastisch zugenommen hatte und die mit ihrem unersättlichen Hunger den Bestand der Vegetation gefährdeten. Doch so kam es nicht: Die Wölfe halten die Hirsch-population seither im Zaum, wodurch sich auch die Baumbestände wieder erholen konnten. Die Beigabe einer einzigen Art half, ein gesamtes Ökosystem zu stabilisieren.
Eine große Erfolgsstory stellt auch die Wiederauswilderung von Przewalski-pferden in der Mongolei und in Ungarn dar. Seinen Namen erhielt es von dem russischen Naturforscher Nikolai Michailowitsch Przewalski, der im Jahre 1878 sterbliche Überreste eines solchen Pferdes von einer Expedition durch Zentralasien n land mitbrachte. Nur sehr wenige Tiere dieser Art überlebten in europäischen Tierparks; in den 1960er-jahren wurde zuletzt ein Tier in freier Wildbahn gesichtet.
Nach aktuellen Erkenntnissen handelt es sich beim Przewalski-pferd aber nicht um ein reines Wildpferd, sondern vermut lich um ein vor langer Zei wieder in die freie Wildbahn aus gebrochenes, bereits domesti ziertes Pferd, das von den Bota
Pferden abstammt. Di Botai-kultur im heutigen Kasach stan war die erste Zivilisation form, die bekanntermaßen de Vorläufer des heutigen Pferdes a Reittier genutzt hat. Das war v rund 5500 Jahren.
In Deutschland werden Przewalski-pferde zum Beispiel im Wildpark Schorfheide in Brandenburg (Landkreis Barnim) und im Zoo in Köln gehalten.
Uhus sind in Deutschland an unterschiedlichen Orten wieder ausgewildert worden. Sie waren zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts hierzulande fast ganz ausgerottet. Die Gründe dafür: Uhus wurden seit dem 18. Jahrhundert massiv und gezielt bejagt. Zum einen, weil sie sich von Hasen, Kaninchen und anderen Tiere, die auch auf dem Speiseplan der Menschen stehen, ernähren – ein Konkurrent! Zum anderen wurden die nachtaktiven Uhus weithin als Totenvögel gefürchtet. Nach einem Tiefstand um das Jahr 1960 herum aber wendete sich das Blatt, wurden erste Anstrengungen zur Stärkung der minimalen Restpopulation – es gab nur vereinzelt noch brütende Paare in den waldreichen Regionen von Bayern, Sachsen und Thüringen sowie in den Alpen – unternommen. Derzeit gibt es nach Angaben des Nabu in Deutschland immerhin wieder rund 850 brütende Paare.
Und so ist denn eine Lehre aus den diversen Auswilderungsvorhaben, dass dafür stets ein langer Atem erforderlich ist. Am Steinhuder Meer in Niedersachsen etwa wildert der Nabu seit 2013 die selten gewordene Europäische Sumpfschildkröte aus – die einzige hierzulande heimische Schildkrötenart. Nach derzeitigem Stand leben dort wieder etwa 350 Exemplare. Das Projekt dauert an.
Und dann gibt es da noch die Rückzüchtungen bereits komplett ausgerotteter Arten. Streng genommen handelt es sich dabei um Neu- und nicht um Wiederauswilderungen. So werden an mehreren Orten – unter anderem in einem riesigen Polder nahe Amsterdam, aber auch im Nationalpark Unteres Odertal in Nordostbrandenburg – Heckrinder auf großen Weidegebieten gehalten. Heckrinder sind der Versuch, dem bereits im 17. Jahrhundert ausgerotteten Auerochsen durch gezielte Kreuzung von Haustierrindern wieder nahezukommen. Das verstreute Genmaterial des Auerochsen soll gewissermaßen wieder „eingesammelt“werden.