Steuerzinsen viel zu hoch
Das Bundesverfassungsgericht hat ein Machtwort gesprochen. Ein Zinssatz für Steuernachzahlungen und Steuererstattungen in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat ist verfassungswidrig. Der vom Fiskus bereits seit 1961 in unveränderter Höhe festgesetzte Steuerzinssatz sei realitätsfern, befanden die Richter. Er wird fällig, wenn sich eine Steuernachzahlung oder -erstattung um über 15 Monate verzögert, und gilt bei Einkommen-, Körperschaft-, Umsatzund Gewerbesteuern. Geklagt hatten zwei Unternehmen, deren Gewerbesteuerschuld nach einer Steuerprüfung stark nach oben korrigiert worden war.
Das Verfassungsgericht gestattet dem Gesetzgeber jedoch, dass er die Verzinsung erst ab 2019 rückwirkend neu regeln muss. „Für die Jahre 2014 bis 2018 kann er den Zinssatz ändern, muss es aber nicht – und wird es auch nicht tun“, meint der Kemptener Steuerberater Alexander Kimmerle. Damit profitieren von dem Richterspruch nur Betroffene mit Steuerbescheiden für Verzinsungszeiträume ab 2019. „Steuerzahler müssen nicht aktiv werden – das wird automatisch geändert“, sagt Kimmerle.
Wie hoch der Steuerzinssatz künftig sein darf, hat das Bundesverfassungsgericht nicht festgelegt. Es räumte dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. Juli 2022 ein, um eine Neuregelung umzusetzen. In diesem Jahr wird wegen der Bundestagswahlen und der anschließenden Regierungsbildung voraussichtlich nicht mehr darüber entschieden werden.
Wahrscheinlich ist, dass der Zinssatz später um die Hälfte auf 0,25 Prozent pro Monat reduziert wird. Steuerzinsen werden von den Finanzämtern grundsätzlich auf monatlicher Basis festgesetzt.
Ebenfalls ist zu beachten: Bei Steuerhinterziehungszinsen, Aussetzungszinsen und Stundungszinsen bleibt es weiterhin beim Satz von sechs Prozent. In diesen Fällen hat das Bundesverfassungsgericht nichts an der Höhe auszusetzen.