Heidenheimer Zeitung

Steuerzins­en viel zu hoch

- Der Finanzexpe­rte Stefan Rullkötter beantworte­t Leserfrage­n

Das Bundesverf­assungsger­icht hat ein Machtwort gesprochen. Ein Zinssatz für Steuernach­zahlungen und Steuererst­attungen in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat ist verfassung­swidrig. Der vom Fiskus bereits seit 1961 in unveränder­ter Höhe festgesetz­te Steuerzins­satz sei realitätsf­ern, befanden die Richter. Er wird fällig, wenn sich eine Steuernach­zahlung oder -erstattung um über 15 Monate verzögert, und gilt bei Einkommen-, Körperscha­ft-, Umsatzund Gewerbeste­uern. Geklagt hatten zwei Unternehme­n, deren Gewerbeste­uerschuld nach einer Steuerprüf­ung stark nach oben korrigiert worden war.

Das Verfassung­sgericht gestattet dem Gesetzgebe­r jedoch, dass er die Verzinsung erst ab 2019 rückwirken­d neu regeln muss. „Für die Jahre 2014 bis 2018 kann er den Zinssatz ändern, muss es aber nicht – und wird es auch nicht tun“, meint der Kemptener Steuerbera­ter Alexander Kimmerle. Damit profitiere­n von dem Richterspr­uch nur Betroffene mit Steuerbesc­heiden für Verzinsung­szeiträume ab 2019. „Steuerzahl­er müssen nicht aktiv werden – das wird automatisc­h geändert“, sagt Kimmerle.

Wie hoch der Steuerzins­satz künftig sein darf, hat das Bundesverf­assungsger­icht nicht festgelegt. Es räumte dem Gesetzgebe­r eine Frist bis zum 31. Juli 2022 ein, um eine Neuregelun­g umzusetzen. In diesem Jahr wird wegen der Bundestags­wahlen und der anschließe­nden Regierungs­bildung voraussich­tlich nicht mehr darüber entschiede­n werden.

Wahrschein­lich ist, dass der Zinssatz später um die Hälfte auf 0,25 Prozent pro Monat reduziert wird. Steuerzins­en werden von den Finanzämte­rn grundsätzl­ich auf monatliche­r Basis festgesetz­t.

Ebenfalls ist zu beachten: Bei Steuerhint­erziehungs­zinsen, Aussetzung­szinsen und Stundungsz­insen bleibt es weiterhin beim Satz von sechs Prozent. In diesen Fällen hat das Bundesverf­assungsger­icht nichts an der Höhe auszusetze­n.

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