Wohl oder übel – Ja
Es war zu erwarten: Seit die Taliban in Afghanistan die Macht übernommen haben, gehen sie hart gegen alles vor, was nach westlichem Lebensstil aussieht – die Auflösung einer Demonstration für Frauenrechte und die Verbannung von Musik aus dem öffentlichen Raum sind die jüngsten Beispiele. Außerdem gibt es glaubwürdige Berichte über Gewaltakte. Soll die Bundesregierung dem Taliban-staat trotzdem diplomatische Beziehungen anbieten? Wohl oder übel: Ja. Denn die Herrschaft der Gotteskrieger mag grausam sein. Es könnte aber noch schlimmer kommen.
Denn es sieht ganz danach aus, als könnten die noch viel brutaleren Is-terroristen das aktuelle Chaos nutzen, um in Afghanistan den Rückzugsraum zu bekommen, den sie in Syrien und im Irak kaum noch haben. Us-generalstabschef Mark Milley sieht diese Gefahr und rechnet, wie er sagte, mit einem Wiederaufleben des Terrorismus innerhalb der nächsten ein bis drei Jahre. Deshalb sollte alles getan werden um zu verhindern, dass Afghanistan ein „failed state“(gescheiterter Staat) wird.
Zu verhandeln gäbe es mit den Taliban eine Menge – und erste Gespräche laufen bereits: So müssen endlich Ausreisemöglichkeiten für Menschen geschaffen werden, die für deutsche Institutionen gearbeitet haben. Außerdem sollten möglichst viele Staaten gemeinsam Druck auf die Islamisten ausüben, damit auch Frauen sowie andere Ethnien an der Regierung beteiligt werden. Diplomatische Beziehungen etwa zu Deutschland wären für die Taliban sicherlich ein Propagandaerfolg. Aber wer so seine Ablehnung begründet, müsste auch dafür sein, dass der deutsche Botschafter aus Nordkorea abgezogen wird.