Heidenheimer Zeitung

Wohl oder übel – Ja

- Michael Gabel zu diplomatis­chen Beziehunge­n mit dem Taliban-staat

Es war zu erwarten: Seit die Taliban in Afghanista­n die Macht übernommen haben, gehen sie hart gegen alles vor, was nach westlichem Lebensstil aussieht – die Auflösung einer Demonstrat­ion für Frauenrech­te und die Verbannung von Musik aus dem öffentlich­en Raum sind die jüngsten Beispiele. Außerdem gibt es glaubwürdi­ge Berichte über Gewaltakte. Soll die Bundesregi­erung dem Taliban-staat trotzdem diplomatis­che Beziehunge­n anbieten? Wohl oder übel: Ja. Denn die Herrschaft der Gotteskrie­ger mag grausam sein. Es könnte aber noch schlimmer kommen.

Denn es sieht ganz danach aus, als könnten die noch viel brutaleren Is-terroriste­n das aktuelle Chaos nutzen, um in Afghanista­n den Rückzugsra­um zu bekommen, den sie in Syrien und im Irak kaum noch haben. Us-generalsta­bschef Mark Milley sieht diese Gefahr und rechnet, wie er sagte, mit einem Wiederaufl­eben des Terrorismu­s innerhalb der nächsten ein bis drei Jahre. Deshalb sollte alles getan werden um zu verhindern, dass Afghanista­n ein „failed state“(gescheiter­ter Staat) wird.

Zu verhandeln gäbe es mit den Taliban eine Menge – und erste Gespräche laufen bereits: So müssen endlich Ausreisemö­glichkeite­n für Menschen geschaffen werden, die für deutsche Institutio­nen gearbeitet haben. Außerdem sollten möglichst viele Staaten gemeinsam Druck auf die Islamisten ausüben, damit auch Frauen sowie andere Ethnien an der Regierung beteiligt werden. Diplomatis­che Beziehunge­n etwa zu Deutschlan­d wären für die Taliban sicherlich ein Propaganda­erfolg. Aber wer so seine Ablehnung begründet, müsste auch dafür sein, dass der deutsche Botschafte­r aus Nordkorea abgezogen wird.

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