Heidenheimer Zeitung

Der neue Maßstab

Der hohe Sieg gegen Armenien hat die Fans begeistert. Wie viel vom neuen Bundestrai­ner Hansi Flick steckt schon drin im DFB-TEAM?

- Von Carsten Muth

Stuttgart ist ein gutes Pflaster für die deutsche Fußball-nationalma­nnschaft. Das wusste Hans Flick schon vorher. „Ich habe es ja gesagt. Dort ist immer eine tolle Stimmung“, sagte der neue Bundestrai­ner nach dem 6:0-Heimsieg in der Wm-qualifikat­ion gegen Armenien. Für die gute Stimmung waren zunächst mal Flicks Spieler verantwort­lich, die einen überzeugen­den Auftritt hinlegten und so das ohnehin gut gelaunte Publikum mitrissen. Die DFB-ELF ist nun da, wo sie hin möchte: auf Platz eins ihrer Quali-gruppe. Dieser Platz würde am Ende das direkte Ticket zur Weltmeiste­rschaft in Katar im nächsten Jahr bedeuten. Noch aber ist erst Halbzeit, sind lediglich fünf von zehn Gruppenspi­elen absolviert.

Schon am Mittwoch (20.45 UHR/RTL) steht die nächste Aufgabe an. In Reykjavík trifft das Flick-team auf Island, den derzeit Gruppenfün­ften. Eine Leistung wie gegen Armenien soll keine Ausnahme bleiben. „Das ist jetzt der Maßstab“, betonte Flick, „daher haben wir einiges vor.“

Zur Erinnerung: Der Bundestrai­ner hatte bei seinem Amtsantrit­t angekündig­t, eine Mannschaft zu formen, die Fußball attraktiv, offensiv und leidenscha­ftlich interpreti­ert. Bei seiner Premiere, dem mageren 2:0 in Liechtenst­ein, waren seine Schützling­e noch meilenweit von den Vorgaben entfernt. Zu behäbig und inspiriert war der Auftritt gegen den Underdog.

Gegen das als ungeschlag­ener Tabellenfü­hrer angereiste Armenien präsentier­ten sich Flicks Jungs hingegen wie ausgewechs­elt. Die DFB-ELF presste früh, setzte nach Ballverlus­ten unnachgieb­ig nach, ließ die Kugel bei eigenem Ballbesitz schnell in die Tiefe und auf die Flügel laufen. Die Tore wurden schön und klug heraus gespielt.

Entscheide­nd war, dass Flicks personelle Wechsel fruchteten. Serge Gnabry, Leon Goretzka und Marco Reus rückten gegen die Armenier in die Startforma­tion. Doppeltors­chütze Gnabry, Marco Reus und Mittelfeld­motor Leon Goretzka waren auf Anhieb Säulen des deutschen Spiels. Vor allem Goretzka drehte an der Seite von Joshua Kimmich mächtig auf. Goretzkas Wucht und Vorwärtsdr­ang taten den deutschen Aktionen gut. Auch Leroy Sané war omnipräsen­t. Das Spiel in Stuttgart zeigte: Der 25-Jährige befindet sich auf dem aufsteigen­den Ast. Schon gegen Liechtenst­ein war der oft gescholten­e Linksaußen einer der Besseren. Gegen

Armenien spielte der Bayern-star wie in besten Zeiten. Fintenreic­h, sprint- und laufstark, schussgewa­ltig.

Alles in allem steckte beim Heimspiel in Stuttgart schon recht viel von Hansi Flick in den deutschen Aktionen. Der 56-Jährige hatte in seiner kurzen, aber überaus erfolgreic­hen Zeit als Coach von Bayern auf einen festen Spieler-block gesetzt. Gegen Armenien bot Flick einen Bayern-block mit Manuel Neuer im Kasten und Leon Goretzka, Joshua Kimmich, Leroy Sané und Serge Gnabry auf. Mit Erfolg: Die Automatism­en griffen, das deutsche Spiel lief flüssig und war schön anzuschaue­n. Es passte zu einem rundum gelungenen Abend aus Dfb-sicht, dass das letzte Tor ein Youngster schoss: Karim Adeyemi, 19 Jahre alter Shootingst­ar von RB Salzburg, war „geflasht“, wie er sagte, von seinem traumhafte­n Länderspie­ldebüt, das seine Eltern und Freunde im Stadion mitverfolg­ten.

Die Nationalsp­ieler genossen ihren Sieg – und die Reaktionen des Publikums. Minutenlan­g machte La Ola die Runde in der mit 18 000 Zuschauern gefüllten Mercedes-benz-arena. Eine solche Begeisteru­ng bei einem Spiel der deutschen Elf – wann hatte es das zuletzt gegeben? „Da hat man ein bisschen Gänsehaut bekommen“, verriet der Bundestrai­ner. Für Leon Goretzka war es „Balsam auf die Seele“.

Sturmspitz­e Timo Werner wollte sich indes vor der Euphorie nicht blenden lassen. Der gebürtige Stuttgarte­r und jetzige Chelsea-spieler sagte: „Bei allem Respekt vor Armenien: Es war nicht der Übergegner, auf den wir vielleicht im Viertelfin­ale bei der WM treffen werden.“

Bei allem Respekt vor Armenien:

Das war nicht der Übergegner.

Timo Werner

Nationalst­ürmer

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Kommentar
Foto: Tom Weller/dpa Steht mit der DFB-ELF jetzt auf Platz eins in der Wm-quali-gruppe J: Bundestrai­ner Hansi Flick. Kommentar

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