Bernd Weng: vom Torwart zum Torwarttrainer.
Bernd Weng ist seit sage und schreibe 35 Jahren bei den Heidenheimer Fußballern. In der Verbandsliga stand er noch zwischen den Pfosten, heute trainiert er die Torhüter des FCH.
Was sagte Bernd Weng, als er im Jahr 2000 etwas überraschend seine Karriere als Torhüter bei den Heidenheimer Fußballern beendete? „Hoffentlich werde ich als passiver Mitstreiter auch noch einige Erfolge mit dem HSB feiern.“Nun, dieser Traum ging schon einmal in Erfüllung. Der Verein heißt inzwischen 1. FC Heidenheim, spielt statt in der Verbands- in der 2. Bundesliga und der 52-Jährige hat daran nicht nur als Torwarttrainer seinen Anteil, er zählt mittlerweile auch zu den absoluten Fachleuten in seinem Metier.
Von der TSV zum HSB
Gehen wir aber zunächst einige Jahre zurück: 1986 wagte ein etwas schüchterner junger Keeper den Sprung von Herbrechtingen nach Heidenheim, von der TSV zur A-jugend des HSB, für den Weng in der damals zweithöchsten Nachwuchsklasse antrat. Die heutigen Spieler des FCH waren da allesamt noch gar nicht geboren.
In dieser Zeit durfte er schon bei den Aktiven mittrainieren, traf auf Andi und Michael Zeyer. Die Zwillinge starteten kurz darauf ihre Profikarrieren. Zunächst als Nummer zwei hinter Thomas Traub rückte Weng zu den Aktiven auf. Kurze Zeit später beschloss der damalige Abteilungsleiter Christoph Potzel, auf die Jugend und damit auch auf den erst 20-jährigen Keeper zu setzen. So stand Weng im Tor, als 1991 der Aufstieg in die Verbandsliga gelang.
Die Meisterschaft, das Jahr in der damals immerhin vierthöchsten Spielklasse, der 3:0-Sieg im Derby gegen den VFR Aalen – all das zählt zu Wengs schönsten Erinnerungen an seine aktive Zeit. Nach einer schwachen Rückrunde ging es allerdings wieder runter in die Landesliga. Für Weng kein Anlass, sich neu zu orientieren. Der eine Wechsel war für den bodenständigen jungen Sportler genug. „Von da an hieß es, einmal Hsbler, immer Hsbler – oder eben Fchler“, sagt er heute lachend.
1998 schaffte Weng mit seinem Team erneut den Sprung in die Verbandsliga, zwei Jahre später legte er aber die Torwarthandschuhe ab. Dass er seine Karriere nach nicht ganz 500 Spielen im Dress des HSB beendete, kam unerwartet, aber der Keeper spürte „das Feuer von innen heraus“nicht mehr. Klar war für ihn schon vorher, dass er dem Verein auch nach den Jahren auf dem Feld treu bleiben würde.
Wie eine große Familie
„Wir waren wie eine große Familie“, erinnert sich Weng. Der heutige Vorstandsvorsitzende Holger Sanwald, Aufsichtsratsmitglied Harald Endres oder Severin Neher, der bis heute den „Likos Kiosk“
im Stadion betreibt, sind noch Mitstreiter aus dieser Zeit, andere wie Liko Senlikoglu bereits verstorben. Es war ein engagiertes, hungriges Team. „Wir haben immer im Spaß gesagt: Wir konnten den Erfolg auch nicht verhindern“, schmunzelt Weng, der Torwarttrainer wurde – ein Posten, den es bis dahin bei den Heidenheimer Fußballern noch gar nicht gab.
Vom Spieler zum Trainer
Und diese starteten so langsam durch, 2004 ging’s in die Oberliga, vier Jahre später – mittlerweile als 1. FC Heidenheim und unter einem Trainer namens Frank Schmidt – in die Regionalliga und schon 2009 in die 3. Liga und damit in den Profifußball.
Weng trug seinen Teil zu diesem Aufschwung bei und wurde ein wichtiger Bestandteil von Schmidts Trainerteam, konzentrierte sich auf die Ausbildung der Torhüter. Und auch wenn für den gelernten Maschinenbauer und Großhandelskaufmann der Beruf an erster Stelle stand, stürzte er sich doch akribisch in sein Hobby.
„Am Anfang habe ich viel gelesen, bei anderen Vereinen hospitiert, einfach alles aufgesaugt“, berichtet Weng. Später hatte er Kontakt zu Rainer Dinkelacker, einem der frühen Torwarttrainer-pioniere, und veranstaltete mehrmals Reusch-talenttage in Heidenheim.
Wie hat sich das Training in dieser Zeit verändert? „Früher war es einfach viel schießen, flanken, die Torhüter mussten viele Sprünge, Liegestütze und so etwas machen. Heute geht es viel mehr um die Spieleröffnung, das Mitspielen“, berichtet Weng, für den die Arbeit immer mehr wurde. Eine 40-Stunden-woche als Einkaufsleiter bei der Firma Frey in Bolheim und dazu die Anforderungen in der 3. Liga – manchmal weiß Weng selbst nicht mehr so genau, wie das machbar war. „Es war eben auch eine Zeit der Euphorie. Aber ich bin meiner Frau Cordula und meinem Sohn Nils dankbar, dass sie das alles mitgetragen haben“, sagt Weng.
Das Hobby zum Beruf gemacht
Dann kam 2014 der Aufstieg des FCH in die 2. Liga und die nächste Entscheidung. Weng kündigte und ist seither Vollzeit-torwarttrainer. „Klar, es war schon ein Risiko, aber ich kenne ja das Projekt und die handelnden Personen“, sagt der 52-Jährige, der seinen Schritt nie bereut hat.
Und so hat sich das Urgestein ein weiteres Mal neu erfunden, inzwischen auch in Sachen Ausbildung die höchsten Stufen erreicht. Zuerst kam die Torspielerlizenz des WFV, dann machte Weng die Trainer-b-lizenz, dürfte also bis zur Oberliga auch als „normaler“Trainer arbeiten. Und als Krönung arbeitet er nun an der Torwart-a-lizenz.
Bei dieser derzeit noch als Pilotprojekt laufenden Ausbildung dürfen nur ausgesuchte Kandidaten mitmachen. Die Lizenz ist quasi das Pendent zum Fußballlehrer und beinhaltet alles von Rhetorik bis zu Sportpsychologie. In seiner Abschlussarbeit analysiert Weng die Keeper der englischen Premier League.
Im November ist Prüfung und dann kann Weng auf die Verwirklichung seiner letzten großen sportlichen Ziele hoffen. „Zwei Sachen gibt es noch: Ich möchte, dass ein Torwart aus dem Hartmann-nachwuchsleistungszentrum unsere Nummer eins wird und es wäre natürlich grandios, wenn wir mit dem FCH irgendwann, in einer perfekten Saison, den Traum von der 1. Liga verwirklichen könnten“, sagt Weng. Wenn man seinen bisherigen Weg betrachtet, möchte man sagen: Warum soll’s nicht klappen?