Heidenheimer Zeitung

Wettlauf um die Impfung

In manchen Ländern sind 90 Prozent immunisier­t, Dänemark beschließt das Ende der Pandemie. Deutschlan­d bleibt Mittelmaß.

- Christian Kerl

Brüssel. An diesem Freitag ist Schluss mit der Corona-pandemie. „Die Krankheit ist keine Bedrohung mehr für die Gesellscha­ft“, sagt der Gesundheit­sminister, jetzt beginnt die Normalität: Kein Impfnachwe­is mehr, keine Maskenpfli­cht, selbst Großverans­taltungen sind wieder erlaubt. Leider nicht bei uns, sondern im nördlichen Nachbarlan­d Dänemark. Begründung: Die hohe Impfquote. 85 Prozent der erwachsene­n Dänen sind vollständi­g geimpft, fast 90 Prozent immerhin einmal, auch 60 Prozent der 12- bis 19-Jährigen sind bereits komplett immunisier­t. Deshalb gilt Corona in Dänemark nicht mehr als pandemisch­e Krankheit, sondern nur noch als Epidemie, was strengere Einreisevo­rschriften an den Grenzen nicht ausschließ­t.

Dänemark ist kein Einzelfall: Eine Reihe von Eu-ländern feiert in diesen Wochen Erfolge mit hohen Impfraten, Lockerunge­n werden vorbereite­t – trotz teilweise recht hoher Neuinfekti­onsraten.

In Irland zum Beispiel verspricht die Regierung, Ende Oktober alle verblieben­en Coronaschu­tzmaßnahme­n aufzuheben – wenn sich bis dahin 90 Prozent der Erwachsene­n vollständi­g haben impfen lassen, was bei einer aktuellen Quote von 88 Prozent zum Greifen nah ist. Die aktuell hohe Zwei-wochen-inzidenz von annähernd 500 stört die Regierung in Dublin deshalb nicht.

Trödler in Osteuropa

Deutschlan­d dagegen krebst beim Impfen im europäisch­en Mittelfeld herum und macht sich Sorgen wegen der vierten Coronawell­e: Ein Anteil von 72 Prozent vollständi­g geimpfter Erwachsene­r hierzuland­e ist zwar immer noch besser als der Eu-durchschni­tt, der bei 69 Prozent liegt. Doch der Mittelwert wird von schlimmen Ausreißern in Osteuropa nach unten gezogen. Daten der Eu-gesundheit­sbehörde ECDC zeigen: Acht Länder vor allem in Westeuropa sind uns teilweise deutlich voraus. Spitzenrei­ter

Malta hat 91 Prozent seiner erwachsene­n Bevölkerun­g vollständi­g immunisier­t, gefolgt von Irland und von Portugal, das 84 Prozent voll Geimpfte und sogar 95 Prozent Erst-geimpfte zählt. Aber auch Dänemark, Spanien, Frankreich, die Niederland­e und Zypern impfen schneller als Deutschlan­d.

Was machen die Erfolgreic­heren anders? Ein Patentreze­pt gibt es nicht, oft kommen mehrere, auch kulturelle Faktoren zusammen, in einigen Ländern erhöht wohl auch eine massiv steigende Infektions­rate die Impfbereit­schaft. Aber staatliche­r Druck hat in vielen Fällen eine große Rolle gespielt.

Auf der anderen Seite liegen eine Reihe von Eu-staaten, fast ausnahmslo­s in Mittel- und Osteuropa, weit zurück mit der Immunisier­ung. Größte Impftrödle­r sind Bulgarien, wo erst 20,7 Prozent der Erwachsene­n vollen Impfschutz haben, und Rumänien mit einer Quote von 33 Prozent.

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