Gegen das Stigma der Selbsttötung
Der Suizid ist ein oft verschwiegenes Leiden. Das Museum für Sepulkralkultur in Kassel greift das Tabuthema auf.
Kassel. Selbsttötung ist ein schwieriges und herausforderndes Thema. „Es ist noch immer stigmatisiert“, sagt Dirk Pörschmann. Auch das Museum für Sepulkralkultur in Kassel, das sich den Themenfeldern Sterben, Tod, Bestattung und Trauer widmet, habe sich bislang noch nicht damit auseinandergesetzt, sagt dessen Direktor. Doch das wird sich am 10. September ändern. Zum Welttag der Suizidprävention beginnt dort die Sonderausstellung „Suizid – Let’s talk about it!“.
Die Schau soll Informationen, Anregungen, Herausforderungen und Chancen präsentieren, die einen gesellschaftlichen und persönlichen Umgang mit dem Suizid reflektieren. Geleitet wird das Projekt von Pörschmann und Kuratorin Tatjana Ahle sowie dem Suizidologen Reinhard Lindner von der Universität Kassel als wissenschaftlichem Leiter.
Es sei „eine Mischung aus Wissensvermittlung und Kunstausstellung“, sagt Pörschmann. Das Museum wolle der Stigmatisierung etwas entgegensetzen. „Es gibt viel Halbwissen und viele Vorurteile, mit denen wir aufräumen müssen.“
Zu den Exponaten gehören Traueranzeigen und Abschiedsbriefe sowie Installationen, Videofilme, Fotografien und Karikaturen. „Weil wir generell versuchen, Kategorien zu überschreiten, nähern wir uns dem Thema frei durch alle Medien hinweg. Wir reißen Grenzen bewusst ein“, meint Pörschmann. So wolle man versuchen, eine Stimmung zu erzeugen, die Empathie und Einfühlungsvermögen ermöglicht.
Flankiert wird die Ausstellung, die bis 27. Februar 2022 läuft, von einer Buchpublikation sowie Veranstaltungen, die Raum für Gespräche bieten sollen. „Etwa 10
000 Menschen nehmen sich in Deutschland jedes Jahr das Leben“, sagt Pörschmann. In Workshops, Lesungen und anderen Formaten soll das Schweigen, das ihr Sterben begleitet, gebrochen werden. Studierende der Uni Kassel bieten begleitende Gesprächsund Beratungsmöglichkeiten an. Zudem findet im Januar ein Symposium an der Universität zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Suizid statt.