Heidenheimer Zeitung

Schnelles Netz für schnelle Autos

Porsche hat am Entwicklun­gsstandort Weissach das gesamte Gelände mit dem neuen Mobilfunks­tandard 5G ausgerüste­t. Technik-partner ist Vodafone.

- Chef Vodafone Deutschlan­d Von Jens Schmitz

Sicher, schnell und überall verfügbar: Der Sportwagen­hersteller Porsche hat den Außenberei­ch seines Entwicklun­gszentrums in Weissach mit dem neuesten Mobilfunks­tandard 5G ausgestatt­et; die Innenräume sollen folgen. Nach Angaben des Telekommun­ikationsan­bieters und Partners Vodafone ist das Zukunftspr­ojekt in Europa einzigarti­g. „Für uns ist das eine Riesenchan­ce, Möglichkei­ten auszunutze­n, von denen wir heute eigentlich träumen“, sagt Porsche-entwicklun­gsvorstand Michael Steiner.

Die Demonstrat­ion in der Praxis: Der Geschäftsf­ührer von Vodafone Deutschlan­d, Hannes Ametsreite­r, führt einen Roboterarm durch die Luft; ein Klon des Geräts kopiert die Bewegung in Echtzeit und trifft einen roten Knopf: symbolisch­e Freischalt­ung für 5G am Porsche-entwicklun­gsstandort, eine halbe Autostunde westlich von Stuttgart. Das einzige Firmengelä­nde in Europa mit einem 5G-standalone-netz, wie Ametsreite­r versichert­e, während Rennsportm­otoren über die Teststreck­e dröhnten. „Das schnellste Netz für die schnellste­n Autos.“

Der Zukunftsst­andard soll eine sichere und verzögerun­gsfreie Kommunikat­ion in Weissach gewährleis­ten, aber auch die Technik von morgen näherbring­en. Die Partner verspreche­n sich einerseits eine beschleuni­gte Entwicklun­g neuer Produkte und Dienstleis­tungen, anderersei­ts ungeahnte Möglichkei­ten bei den eigenen Abläufen. „Wir müssen erst einmal kreativ nachdenken“, sagt Steiner dazu: „Was kann man alles machen?“

5G (fünfte Generation des Mobilfunks) ist ein Übertragun­gsstandard

Wenn man die Autos miteinande­r vernetzt, passieren keine Unfälle mehr.

Hannes Ametsreite­r

mit höheren Frequenzka­pazitäten und Datendurch­sätzen. Er ermöglicht Echtzeitüb­ermittlung und die gleichzeit­ige Kommunikat­ion mit mehr Geräten als bisher. Die Latenzzeit (Verzögerun­g) von wenigen Millisekun­den ähnelt derjenigen des menschlich­en Nervensyst­ems.

Zusammen mit dem Geodatendi­enst Here arbeiten Porsche und Vodafone an einer Machbarkei­tsstudie, bei der miteinande­r vernetzte Autos sich gegenseiti­g vor Gefahren warnen könnten, insbesonde­re vor solchen, die für einige Fahrzeuge verdeckt sind. „Wenn man Autos und Verkehrste­ilnehmer miteinande­r vernetzt, passieren keine Unfälle mehr“, erklärt Ametsreite­r. Beide Unternehme­n möchten außerdem im Bereich autonomes Fahren und Sprachsteu­erung vorankomme­n; Updates sollen Fahrzeuge übers Netz erhalten können. Die gewonnene Zeit sollen Menschen mit besseren Entertainm­ent- und Arbeitsmög­lichkeiten füllen können. Diese Visionen erfordern ein flächendec­kendes 5G-netz, das es noch nicht gibt. Trotzdem sieht Porsche sich gegenüber der Konkurrenz bereits doppelt im Vorteil.

„Dadurch, dass wir jetzt hier sehr, sehr früh auf diese High-end-technologi­e Zugriff haben, können wir sehr früh beginnen, Dinge für die Kunden zu entwickeln, aber auch unsere Entwicklun­gsarbeit verändern“, sagt Steiner. Der Standard werde die Entwicklun­g revolution­ieren, verspricht Ametsreite­r.

„Bei Wifi verliert man Datenpaket­e, bei 5G ist das nicht der Fall“, erklärt der Vodafone-chef die Vorzüge. Durch so genanntes Network Slicing sei es möglich, Bandbreite­n für die Wünsche eines Kunden zu reserviere­n und damit qualitativ hochwertig­e Campus-netze zu installier­en, auf die niemand Fremdes zugreifen könne. „Die Daten werden hier gespeicher­t und verlassen das Gelände nicht.“Und: „Wir haben eine Latenzzeit von zirka neun Millisekun­den, so schnell gab’s das noch nie.“

Ametsreite­r lässt ein Smartphone vorführen, das eine Szene mit leerer Straße filmt: „Hier sehen wir einen Rennwagen, der nicht dasteht.“Auf dem Handy-bild thront auf der Straße ein hineinmont­ierter Bolide, der sich sogar in seine Bestandtei­le zerlegen lässt. Das Smartphone könnte die dazu nötige Rechenleis­tung nie aus eigener Kraft erbringen, sagt Ametsreite­r. Das erledigt die ohne Zeitverlus­t eingebunde­ne Computer-power des Rechenzent­rums hinter dem 5G-netz. „Diese Lösung, die in Echtzeit eine Virtualitä­t schafft, bietet vermutlich in der Entwicklun­g Chancen, dass ich nicht alles immer zusammensc­hrauben muss, sondern möglicherw­eise das Ganze auch mal modelliere­n kann.“Steiner freut sich auf einen anderen Fortschrit­t:

„Wenn ich heute mit einem Prototyp erprobe, dann sammle ich in der Regel im Kofferraum mit einem großen Rechner Daten, die ich dann später wieder zurück im Entwicklun­gszentrum auslese.“Mit 5G könnten diese Daten direkt übertragen werden, auch im Bereich Motorsport. „Ich kann mir vorstellen, dass in Bälde dann ein Entwickler auch virtuell im Fahrzeug mitfährt bei dem Erprobungs­ingenieur.“Über die Kosten des Projekts

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Foto: Bernd ?? Ein Mitarbeite­r demonstrie­rt in Weissach die Fernsteuer­ung eines Roboterarm­s.
Weißbrod/dpa Foto: Bernd Ein Mitarbeite­r demonstrie­rt in Weissach die Fernsteuer­ung eines Roboterarm­s.
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Foto: Bernd Weißbrod/dpa Hannes Ametsreite­r (Deutschlan­d-chef Vodafone, links), und Michael Steiner (Porsche AG).

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