Erleichterungen für Influencer
Nicht jedes gezeigte Produkt ist gleich Werbung, hat der Bundesgerichtshof entschieden. Das wird weitreichende Folgen haben.
Stein des Anstoßes war unter anderem ein blauer Plüschelefant der Firma Steiff aus Giengen/brenz. Influencerin Cathy Hummels hielt ihn im Arm, während sie für ein Instagram-foto posierte. Markiert war das Kuscheltier mit einem sogenannten „Tap Tag“, der über einen Link zum Profil dieses Unternehmens führte. Unter dem Bild stand nicht, dass es sich dabei um Werbung handelte. Das störte den Verband Sozialer Wettbewerb (VSW), eine Interessenvertretung, die zuletzt verstärkt Influencer ins Visier genommen hat. Er brachte diesen und mehrere ähnlich gelagerte Fälle bis vor den Bundesgerichtshof.
Der sprach am Donnerstag ein Urteil: Influencerinnen und Influencer dürfen im Internet bei Fotos mit Produkten ohne einen Hinweis auf Werbung auf Firmen verweisen – wenn es nicht zu werblich wird. Das betrifft laut Gericht zum Beispiel diese „Tap Tags“bei Fotos auf Instagram, über die Nutzer auf die Profile von Herstellern oder Marken weitergeleitet werden. Also auch auf den blauen Steiff-elefanten. „Allein der Umstand, dass Bilder, auf denen das Produkt abgebildet ist, damit versehen sind, reicht für die Annahme eines solchen werblichen Überschusses nicht aus“, urteilten die obersten Zivilrichter (I ZR 126/20, I ZR 90/20, I ZR 125/20).
Der Verband Sozialer Wettbewerb hatte unzulässige Schleichwerbung beanstandet und Unterlassung sowie Abmahnkosten gefordert. Es ging um Klagen gegen die auch über das Internet hinaus bekannte Influencerin Cathy Hummels aus Oberbayern, die Hamburger Fashion-influencerin Leonie Hanne und die Göttinger Fitness-influencerin Luisa-maxime Huss. Die Frauen bekamen nun weitgehend Recht.
Brian Scheuch, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Heidrich Rechtsanwälte Hannover, fasst das Urteil auf Anfrage so zusammen: „Wenn ich keine Gegenleistung dafür bekomme und ein Produkt nicht übertrieben werblich dargestellt wird, muss ich es nicht kenntlich machen.“
Gibt es Gegenleistungen?
Anders sieht es aus, wenn es Gegenleistungen oder eine Bezahlung gibt oder eben doch „übertrieben werblich“präsentiert wird. Für einen Beitrag über eine Himbeermarmelade hatte eine der Influencerinnen eine Gegenleistung vom Unternehmen erhalten – ohne den Beitrag als Werbung zu kennzeichnen. Dies werteten die Richter als Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Aber was ist übertrieben werblich? „Laut BGH wäre das etwa dann der Fall, wenn über fremde Produkte oder Dienstleistungen ohne kritische Distanz berichtet wird oder beispielsweise nur die Vorzüge oder positiven Aspekte hervorgehoben werden“, sagt Scheuch.
Dass ein Influencer ohne explizite Kooperation mit einer Marke deren Produkte markiert, kommt häufig vor. Die Influencer argumentieren, dass das vor allem eine Art Dienstleistung für die Nutzer sei, die sonst oft in den
Kommentar fragen, wo es zum Beispiel den kuscheligen Elefanen zu kaufen gibt. Viele markieren das aus Vorsicht als Werbung. Wird sich daran durch die Urteile etwas ändern?
„Diese Urteile verändern viel“, ist sich Scheuch sicher. „Wir hatten eine Überkennzeichnung, weil viele Influencer nicht mehr sicher waren, was sie als Werbung kennzeichnen müssen.“Nun gebe es deutlich mehr Rechtssicherheit. Er schildert ein Beispiel. Welche Regeln gelten, wenn eine Influencerin ihren privaten Urlaub in einem Hotel verbringt und ein Foto von sich vor diesem Hotel postet und auf dessen Profil verlinkt? „Bisher blieb wenig anderes übrig, als es als Werbung kenntlich zu machen, um auf Nummer sicher zu gehen“, sagt Scheuch.
Nun könne man sich das sparen – solange die Influencerin keine Gegenleistung vom Hotelbesitzer bekomme und keine übertriebene Hervorhebung erfolge. „Die privaten Postings, zum Beispiel wenn ich in einem Cafe sitze, ein Foto poste und das Café verlinke, muss ich nicht mehr kennzeichnen“, nennt er noch ein weiteres Beispiel. Was ist aber, wenn der Cafébesitzer dem Instagramstar einen Kuchen ausgibt? „Dann hätten wir eine Gegenleistung und das Foto sollte als Werbung gekennzeichnet werden.“