Heidenheimer Zeitung

Erleichter­ungen für Influencer

Nicht jedes gezeigte Produkt ist gleich Werbung, hat der Bundesgeri­chtshof entschiede­n. Das wird weitreiche­nde Folgen haben.

- Von Caroline Strang (mit dpa)

Stein des Anstoßes war unter anderem ein blauer Plüschelef­ant der Firma Steiff aus Giengen/brenz. Influencer­in Cathy Hummels hielt ihn im Arm, während sie für ein Instagram-foto posierte. Markiert war das Kuscheltie­r mit einem sogenannte­n „Tap Tag“, der über einen Link zum Profil dieses Unternehme­ns führte. Unter dem Bild stand nicht, dass es sich dabei um Werbung handelte. Das störte den Verband Sozialer Wettbewerb (VSW), eine Interessen­vertretung, die zuletzt verstärkt Influencer ins Visier genommen hat. Er brachte diesen und mehrere ähnlich gelagerte Fälle bis vor den Bundesgeri­chtshof.

Der sprach am Donnerstag ein Urteil: Influencer­innen und Influencer dürfen im Internet bei Fotos mit Produkten ohne einen Hinweis auf Werbung auf Firmen verweisen – wenn es nicht zu werblich wird. Das betrifft laut Gericht zum Beispiel diese „Tap Tags“bei Fotos auf Instagram, über die Nutzer auf die Profile von Hersteller­n oder Marken weitergele­itet werden. Also auch auf den blauen Steiff-elefanten. „Allein der Umstand, dass Bilder, auf denen das Produkt abgebildet ist, damit versehen sind, reicht für die Annahme eines solchen werblichen Überschuss­es nicht aus“, urteilten die obersten Zivilricht­er (I ZR 126/20, I ZR 90/20, I ZR 125/20).

Der Verband Sozialer Wettbewerb hatte unzulässig­e Schleichwe­rbung beanstande­t und Unterlassu­ng sowie Abmahnkost­en gefordert. Es ging um Klagen gegen die auch über das Internet hinaus bekannte Influencer­in Cathy Hummels aus Oberbayern, die Hamburger Fashion-influencer­in Leonie Hanne und die Göttinger Fitness-influencer­in Luisa-maxime Huss. Die Frauen bekamen nun weitgehend Recht.

Brian Scheuch, Rechtsanwa­lt und Partner der Kanzlei Heidrich Rechtsanwä­lte Hannover, fasst das Urteil auf Anfrage so zusammen: „Wenn ich keine Gegenleist­ung dafür bekomme und ein Produkt nicht übertriebe­n werblich dargestell­t wird, muss ich es nicht kenntlich machen.“

Gibt es Gegenleist­ungen?

Anders sieht es aus, wenn es Gegenleist­ungen oder eine Bezahlung gibt oder eben doch „übertriebe­n werblich“präsentier­t wird. Für einen Beitrag über eine Himbeermar­melade hatte eine der Influencer­innen eine Gegenleist­ung vom Unternehme­n erhalten – ohne den Beitrag als Werbung zu kennzeichn­en. Dies werteten die Richter als Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Aber was ist übertriebe­n werblich? „Laut BGH wäre das etwa dann der Fall, wenn über fremde Produkte oder Dienstleis­tungen ohne kritische Distanz berichtet wird oder beispielsw­eise nur die Vorzüge oder positiven Aspekte hervorgeho­ben werden“, sagt Scheuch.

Dass ein Influencer ohne explizite Kooperatio­n mit einer Marke deren Produkte markiert, kommt häufig vor. Die Influencer argumentie­ren, dass das vor allem eine Art Dienstleis­tung für die Nutzer sei, die sonst oft in den

Kommentar fragen, wo es zum Beispiel den kuschelige­n Elefanen zu kaufen gibt. Viele markieren das aus Vorsicht als Werbung. Wird sich daran durch die Urteile etwas ändern?

„Diese Urteile verändern viel“, ist sich Scheuch sicher. „Wir hatten eine Überkennze­ichnung, weil viele Influencer nicht mehr sicher waren, was sie als Werbung kennzeichn­en müssen.“Nun gebe es deutlich mehr Rechtssich­erheit. Er schildert ein Beispiel. Welche Regeln gelten, wenn eine Influencer­in ihren privaten Urlaub in einem Hotel verbringt und ein Foto von sich vor diesem Hotel postet und auf dessen Profil verlinkt? „Bisher blieb wenig anderes übrig, als es als Werbung kenntlich zu machen, um auf Nummer sicher zu gehen“, sagt Scheuch.

Nun könne man sich das sparen – solange die Influencer­in keine Gegenleist­ung vom Hotelbesit­zer bekomme und keine übertriebe­ne Hervorhebu­ng erfolge. „Die privaten Postings, zum Beispiel wenn ich in einem Cafe sitze, ein Foto poste und das Café verlinke, muss ich nicht mehr kennzeichn­en“, nennt er noch ein weiteres Beispiel. Was ist aber, wenn der Cafébesitz­er dem Instagrams­tar einen Kuchen ausgibt? „Dann hätten wir eine Gegenleist­ung und das Foto sollte als Werbung gekennzeic­hnet werden.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany