Heidenheimer Zeitung

Wenn das Tiny-haus zu eng ist

Winzig und witzig sind die mobilen Häuschen, aber wirklich nicht für jeden geeignet. Die Alternativ­e kommt von einem Hersteller aus Oberschwab­en.

- Von Alfred Wiedemann

Ein halber Meter kann viel ausmachen. Maximal 2,55 Meter breit darf ein Tiny-haus mit Straßenzul­assung sein. In Gutenzell im Kreis Biberach werden Tiny-häuser seit über fünf Jahren von der Manufaktur Huchler gebaut. Jetzt werden aber auch kleine Modulhäuse­r in Holzstände­rbauweise gefertigt, ebenfalls auf einem Fahrgestel­l und damit beweglich.

Allerdings sind die drei Meter breit – und damit nur noch auf einem Tieflader im Straßenver­kehr erlaubt. „Das nehmen wir in Kauf, weil die gewonnenen Zentimeter Breite unglaublic­h viel bringen fürs Wohngefühl“, sagt Mane Huchler, einer der Geschäftsf­ührer des Familienbe­triebs.

„Tiny-häuser sind winzig, witzig und sehr in Mode“, sagt Huchler, „und wir machen sie auch gern.“Als Wohnraum auf Dauer seien sie aber für viele einfach zu klein. Schon als Paar könne es einem ganz schnell viel zu eng werden. Die Modulhäuse­r hätten da mehr zu bieten.

Drei Meter auf neun Meter misst das Standardmo­dul. Bei 27 Quadratmet­ern muss aber nicht Schluss sein: Zwei Module, angeordnet in L-form, bringen fast 50 Quadratmet­er. Mit Terrasse und Grün drumherum Platz genug für viele, denen die große Wohnung oder das geräumige Haus zu groß und anstrengen­d oder für die das neue Eigenheim viel zu teuer geworden sind.

„Kleines Wohnen ist die Zukunft“, sagt Mane Huchler: Wohnen, das nachhaltig ist, mit natürliche­n und nachwachse­nden Baustoffen, recycelbar­en Teilen, minimalem Flächenver­brauch, Dachgrün, kaum Versiegelu­ng, niedrigem Energiebed­arf, ausgetüfte­lter Energiever­sorgung. Ausreichen­d Außenberei­ch mache kleines Wohnen attraktiv, die Besitzer bleiben zudem mobil, weil die Module wie Tiny-häuser mit umziehen könnten.

In Quartieren für kleines Wohnen kommen beispielsw­eise Gemeinscha­ftsräume, Gemeinscha­ftsgrün und Carsharing hinzu, mit Solarstrom und E-autos, die zu Stromspeic­hern werden „Kleines Wohnen ist aktiver Klimaschut­z“, sagt Huchler. Und so ein „Dorf im Dorf“fördere wieder Gemeinscha­ft, anders als die „Schlafsied­lungen“heute.

Für ungenutzte Dachfläche­n seien die kleinen Holzhäuser ebenso gut geeignet wie für Brachfläch­en in Kommunen: „Die können problemlos wieder weg, wenn eine Fläche wieder anders genutzt wird“, sagt Huchler. Nachbarn verkraftet­en eine Nachverdic­htung mit kleinen Häuschen

zudem besser als mit großen Bauten. „Und der Besitzer einer Baulücke kann flexibel bleiben, die Modulhäusc­hen sind ja mobil.“

Das Problem: Die Baubehörde­n sind auf „kleines Wohnen“nicht eingestell­t, zeigen sich wenig flexibel oder machen vieles durch starre Vorgaben von vornherein unmöglich. Sind in einem Baugebiet zum Beispiel Satteldäch­er

Manufaktur Huchler in Gutenzell

vorgeschri­eben, wird’s nichts mit den Modulhäusc­hen mit ihren begrünten Flachdäche­rn.

Dass die neue Wohnbaumin­isterin Nicole Razavi (CDU) bei den Kommunen, Landkreise und Baurechtsb­ehörden dafür werben will, „sich für diese Wohnformen zu öffnen“, sei erfreulich, sagt Huchler. Auch Fördergeld­er sind versproche­n für die Nutzung von Lücken und Kleinstflä­chen als Räume für Wohnungsin­novation. Der Weg zum „kleinen Wohnen“bleibt trotzdem nicht einfach. Nicht nur, weil manche Bürgermeis­ter und Gemeinderä­te die Alternativ­e noch in die Zirkuswage­nund Hippie-ecke schieben.

Da ist man beim Tiny-haus-quartier in Burgrieden-rot (Kreis Biberach) schon weiter. Diesen Herbst sollte Baustart sein für die erste große Tiny-haus-siedlung im Südwesten, ein Huchler-projekt. „Wir könnten sofort starten“, sagt Huchler. Wenn da nicht der fehlende Flächennut­zungsplan wäre und die Planreife, die für das Sondergebi­et noch bescheinig­t werden muss. Die ersten von 32 Tiny-häusern der Siedlung wurden schon gebaut. „Weil Platz fehlt zum Hinstellen, mussten wir aufhören“, sagt Huchler.

Arbeit gibt’s genug. Stattdesse­n werden nun die Module für Baulücken gefertigt. Und dringend Grundstück­e für die temporäre Nutzung gesucht. Fürs Tiny-quartier in Rot sind zwar einige Interessen­ten abgesprung­en, die Warteliste ist aber noch lang.

„Höchste Zeit, dass wir mit dem Wohnen die Welt verbessern, nicht mehr kaputtmach­en“, sagt Huchler. Viele Interessen­ten kommen mit Kaufabsich­t nach Gutenzell, aber ohne Grundstück oder Aufstellpl­atz. „Wir helfen, wo’s geht“, sagt Huchler. Mehr Offenheit auf manchem Rathaus, wie von der Ministerin gefordert, vermisst er dann oft. Bisher wenigstens.

Kleiner Wohnen ist aktiver Klimaschut­z.

Mane Huchler

 ?? Foto: Alfred Wiedemann ?? Arbeit an einem Hausmodul in Gutenzell: Die Geschäftsf­ührer Mane Huchler (ganz links) und Wolfgang Huchler (ganz rechts) mit Mitarbeite­rn: Ludwig Borner, Eva Zinser und Sabine Griesinger (von links).
Foto: Alfred Wiedemann Arbeit an einem Hausmodul in Gutenzell: Die Geschäftsf­ührer Mane Huchler (ganz links) und Wolfgang Huchler (ganz rechts) mit Mitarbeite­rn: Ludwig Borner, Eva Zinser und Sabine Griesinger (von links).

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