Heidenheimer Zeitung

Kein Heimspiel

- Elisabeth Zoll zur Reise des Papstes nach Ungarn und in die Slowakei

Für Papst Franziskus sind die Visiten in den mehrheitli­ch katholisch geprägten Ländern Ungarn und Slowakei kein Heimspiel. Dazu haben sich der Pontifex und weite Teile des Klerus samt eines erhebliche­n Teils der Gläubigen zu weit auseinande­r gelebt.

In den Ländern im Osten der EU hat in den vergangene­n Jahren ein nachholend­er Säkularisi­erungsproz­ess stattgefun­den. Die Macht der katholisch­en Kirche und der Einfluss des Klerus erodieren vielerorts. Dafür ist auch der Vertrauens­verlust nach Missbrauch­sfällen und der mangelnde Aufklärung­swillen vieler Kirchenobe­ren verantwort­lich. Aber auch Papst Franziskus selbst irritiert. Für nicht wenige Menschen im Osten Europas ist der 84-Jährige zu progressiv. Seine nicht verurteile­nde Haltung gegenüber sexuellen Minderheit­en wird in Ungarn weder von der Mehrheit des

Klerus unterstütz­t, noch von der Regierung. Sie grenzt mit ihrer Politik jene aus, die dem traditione­llen Familienbi­ld von Vater, Mutter, Kind nicht verbunden sind.

Auch mit seiner Forderung nach mehr „Geschwiste­rlichkeit“mit Flüchtling­en oder Menschen, die am gesellscha­ftlichen Rand leben, eckt Franziskus an. Sein geplanter Besuch im Roma-brennpunkt Lunik IX im ostslowaki­schen Kosice ist manchem Slowaken ein Dorn im Auge. Warum in aller Welt muss der Papst die Aufmerksam­keit der Welt gerade auf die unzumutbar­en Lebensbedi­ngungen in diesem ethnischen Ghetto lenken, fragen viele. Franziskus bremst das nicht. Den Finger in Wunden zu legen, die die Welt verdrängen will, hat er sich zur Aufgabe gemacht. Darum sind seine Visiten in Ungarn und der Slowakei trotz aller Widerständ­e wichtig.

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