Kein Heimspiel
Für Papst Franziskus sind die Visiten in den mehrheitlich katholisch geprägten Ländern Ungarn und Slowakei kein Heimspiel. Dazu haben sich der Pontifex und weite Teile des Klerus samt eines erheblichen Teils der Gläubigen zu weit auseinander gelebt.
In den Ländern im Osten der EU hat in den vergangenen Jahren ein nachholender Säkularisierungsprozess stattgefunden. Die Macht der katholischen Kirche und der Einfluss des Klerus erodieren vielerorts. Dafür ist auch der Vertrauensverlust nach Missbrauchsfällen und der mangelnde Aufklärungswillen vieler Kirchenoberen verantwortlich. Aber auch Papst Franziskus selbst irritiert. Für nicht wenige Menschen im Osten Europas ist der 84-Jährige zu progressiv. Seine nicht verurteilende Haltung gegenüber sexuellen Minderheiten wird in Ungarn weder von der Mehrheit des
Klerus unterstützt, noch von der Regierung. Sie grenzt mit ihrer Politik jene aus, die dem traditionellen Familienbild von Vater, Mutter, Kind nicht verbunden sind.
Auch mit seiner Forderung nach mehr „Geschwisterlichkeit“mit Flüchtlingen oder Menschen, die am gesellschaftlichen Rand leben, eckt Franziskus an. Sein geplanter Besuch im Roma-brennpunkt Lunik IX im ostslowakischen Kosice ist manchem Slowaken ein Dorn im Auge. Warum in aller Welt muss der Papst die Aufmerksamkeit der Welt gerade auf die unzumutbaren Lebensbedingungen in diesem ethnischen Ghetto lenken, fragen viele. Franziskus bremst das nicht. Den Finger in Wunden zu legen, die die Welt verdrängen will, hat er sich zur Aufgabe gemacht. Darum sind seine Visiten in Ungarn und der Slowakei trotz aller Widerstände wichtig.