Surferglück in den Schweizer Bergen
Der 18-Jährige greift nach Pause und Abitur wieder voll an – und holt bei der internationalen Meisterschaft der Eidgenossen auf dem Silvaplanersee gleich einen Titel.
Der Heidenheimer Maximilian Räuchle greift wieder ins Geschehen ein und holt gleich einen internationalen Titel.
Als Maximilian Räuchle im selbst ausgebauten VW-BUS die letzten Kilometer auf der Gebirgsstraße fährt, denkt er noch: Wow, hier wird sonst Ski gelaufen, gleich um die Ecke liegt St. Moritz. Dann öffnet sich der Blick auf den 1791 Meter hoch gelegenen Silvaplanersee, auf dem die internationale schweizerische Meisterschaft im Windsurfen ausgetragen wird. Und bei der holt sich der 18-Jährige mal eben souverän den U-19-titel.
Dabei wurde dem surferischen Ausnahmetalent aus Heidenheim immer mal wieder der Wind aus den Segeln genommen. Zwar verblüffte er vor gut einem Jahr mit Rang zwölf beim Herren-weltcup (Zweiter der U 21), aber zuvor gab es auch Materialprobleme, Flauten, Absagen wegen Corona.
Der Klick am Gardasee
Und schließlich stand in diesem Jahr das Abitur an. Räuchle hat es in der Tasche und wird im Oktober ein Studium beginnen. Doch was war noch mal sein Traum? Richtig: Profi-surfer. „Zwischendrin war es schon schwer“, erinnert sich der junge Sportler, der sich anderweitig fit halten musste und nicht recht wusste, wie es weiter geht.
Dann kamen die Sommerferien, der Gardasee, jeden Tag Training. „Da hat es irgendwie wieder Klick gemacht“, so Räuchle grinsend. „Ich habe gemerkt, dass ich durch hartes und ständiges Training viel besser werde. Und ich dachte: Du wärst doch verrückt, diesen Sport aufzugeben“, sagt der Surfer und schickt gleich noch einen Dank ans Elternhaus hinterher.
Denn ganz so leicht ist die Finanzierung nicht. Surfen ist zwar immer noch cool, die Athleten und Athletinnen zelebrieren ihre Lockerheit, aber kiffende Tagträumer sind schon lange fehl am Platz. Nicht nur wegen der Dopingkontrollen.
Ständige Weiterentwicklung
„Es ist ein Hochleistungssport. Auch das Material wird ständig weiterentwickelt – und kostet ein Vermögen“, sagt Räuchle. Ein bisschen erinnert das an den Segelsport. So eine Entwicklung im Surfsport ist das Hydrofoil, das unter dem Board angebrachte Schwert, das das Surfbrett quasi zum Tragflächenboot macht.
Räuchle ist ein großer Freund dieser Technik, wenn es entsprechend windet, bekommt er mit dem Foil fast 30 Knoten drauf, rast also mit gut 55 km/h einen halben Meter über die Wasseroberfläche. „Am Anfang ist ziemlich Respekt da, aber man bekommt mehr und mehr die Kontrolle und dann macht es extrem Spaß“, berichtet der Heidenheimer.
Dafür ist Kraft gefragt und auch eine gewisse Masse. „Ich wiege jetzt 80 Kilo, da geht es schon besser, gut wären so 85“, sagt Räuchle, der selbst gespannt ist, wo die Reise hin geht. „Auf jeden Fall bin ich sehr glücklich, an dieser Entwicklung teilhaben zu dürfen.“
Und dass er auf einem guten Weg ist, zeigte er vergangene Woche beim ersten Wettkampf in diesem Jahr in den Schweizer Bergen. „Die Bedingungen sind ganz anders, die Luft ist dünner, auch das Wasser reagiert anders“, erzählt Räuchle, der etwas schwer in den Wettkampf kam. An drei Tagen hatten die Surfer Wind, trugen insgesamt 19 Rennen aus.
Plötzlich alle überholt
Am Start waren vor allem Deutsche, Italiener, Schweizer und Franzosen, die meisten natürlich älter als Räuchle, einige von ihnen Vollprofis. Nach zunächst bescheidenen Ergebnissen ging der Heidenheimer ohne Druck in die letzten Rennen und trumpfte dann vor allem im Slalom auf. „Auf einmal habe ich alle überholt“, freut sich Räuchle, der einmal sogar Zweiter wurde, insgesamt im vorderen Drittel landete und in der Altersklasse U 19 unangefochten siegte.
Ein guter Start ins Wettkampfjahr, in dem noch einiges ansteht (siehe Info) und in dem Räuchle weiter an seinem Traum vom Surfprofi basteln möchte. Er weiß, dass er sich dabei weitgehend auf sich selbst verlassen muss. „Es gibt niemand, der sagt: Komm, jetzt ist Training. Das muss ich schon selbst machen. Aber ich bin jetzt wieder voll fokussiert.“