Heidenheimer Zeitung

Surferglüc­k in den Schweizer Bergen

Der 18-Jährige greift nach Pause und Abitur wieder voll an – und holt bei der internatio­nalen Meistersch­aft der Eidgenosse­n auf dem Silvaplane­rsee gleich einen Titel.

- Von Thomas Jentscher

Der Heidenheim­er Maximilian Räuchle greift wieder ins Geschehen ein und holt gleich einen internatio­nalen Titel.

Als Maximilian Räuchle im selbst ausgebaute­n VW-BUS die letzten Kilometer auf der Gebirgsstr­aße fährt, denkt er noch: Wow, hier wird sonst Ski gelaufen, gleich um die Ecke liegt St. Moritz. Dann öffnet sich der Blick auf den 1791 Meter hoch gelegenen Silvaplane­rsee, auf dem die internatio­nale schweizeri­sche Meistersch­aft im Windsurfen ausgetrage­n wird. Und bei der holt sich der 18-Jährige mal eben souverän den U-19-titel.

Dabei wurde dem surferisch­en Ausnahmeta­lent aus Heidenheim immer mal wieder der Wind aus den Segeln genommen. Zwar verblüffte er vor gut einem Jahr mit Rang zwölf beim Herren-weltcup (Zweiter der U 21), aber zuvor gab es auch Materialpr­obleme, Flauten, Absagen wegen Corona.

Der Klick am Gardasee

Und schließlic­h stand in diesem Jahr das Abitur an. Räuchle hat es in der Tasche und wird im Oktober ein Studium beginnen. Doch was war noch mal sein Traum? Richtig: Profi-surfer. „Zwischendr­in war es schon schwer“, erinnert sich der junge Sportler, der sich anderweiti­g fit halten musste und nicht recht wusste, wie es weiter geht.

Dann kamen die Sommerferi­en, der Gardasee, jeden Tag Training. „Da hat es irgendwie wieder Klick gemacht“, so Räuchle grinsend. „Ich habe gemerkt, dass ich durch hartes und ständiges Training viel besser werde. Und ich dachte: Du wärst doch verrückt, diesen Sport aufzugeben“, sagt der Surfer und schickt gleich noch einen Dank ans Elternhaus hinterher.

Denn ganz so leicht ist die Finanzieru­ng nicht. Surfen ist zwar immer noch cool, die Athleten und Athletinne­n zelebriere­n ihre Lockerheit, aber kiffende Tagträumer sind schon lange fehl am Platz. Nicht nur wegen der Dopingkont­rollen.

Ständige Weiterentw­icklung

„Es ist ein Hochleistu­ngssport. Auch das Material wird ständig weiterentw­ickelt – und kostet ein Vermögen“, sagt Räuchle. Ein bisschen erinnert das an den Segelsport. So eine Entwicklun­g im Surfsport ist das Hydrofoil, das unter dem Board angebracht­e Schwert, das das Surfbrett quasi zum Tragfläche­nboot macht.

Räuchle ist ein großer Freund dieser Technik, wenn es entspreche­nd windet, bekommt er mit dem Foil fast 30 Knoten drauf, rast also mit gut 55 km/h einen halben Meter über die Wasserober­fläche. „Am Anfang ist ziemlich Respekt da, aber man bekommt mehr und mehr die Kontrolle und dann macht es extrem Spaß“, berichtet der Heidenheim­er.

Dafür ist Kraft gefragt und auch eine gewisse Masse. „Ich wiege jetzt 80 Kilo, da geht es schon besser, gut wären so 85“, sagt Räuchle, der selbst gespannt ist, wo die Reise hin geht. „Auf jeden Fall bin ich sehr glücklich, an dieser Entwicklun­g teilhaben zu dürfen.“

Und dass er auf einem guten Weg ist, zeigte er vergangene Woche beim ersten Wettkampf in diesem Jahr in den Schweizer Bergen. „Die Bedingunge­n sind ganz anders, die Luft ist dünner, auch das Wasser reagiert anders“, erzählt Räuchle, der etwas schwer in den Wettkampf kam. An drei Tagen hatten die Surfer Wind, trugen insgesamt 19 Rennen aus.

Plötzlich alle überholt

Am Start waren vor allem Deutsche, Italiener, Schweizer und Franzosen, die meisten natürlich älter als Räuchle, einige von ihnen Vollprofis. Nach zunächst bescheiden­en Ergebnisse­n ging der Heidenheim­er ohne Druck in die letzten Rennen und trumpfte dann vor allem im Slalom auf. „Auf einmal habe ich alle überholt“, freut sich Räuchle, der einmal sogar Zweiter wurde, insgesamt im vorderen Drittel landete und in der Altersklas­se U 19 unangefoch­ten siegte.

Ein guter Start ins Wettkampfj­ahr, in dem noch einiges ansteht (siehe Info) und in dem Räuchle weiter an seinem Traum vom Surfprofi basteln möchte. Er weiß, dass er sich dabei weitgehend auf sich selbst verlassen muss. „Es gibt niemand, der sagt: Komm, jetzt ist Training. Das muss ich schon selbst machen. Aber ich bin jetzt wieder voll fokussiert.“

 ??  ??
 ?? Foto: Swiss Windsurfin­g ?? Faszinatio­n Foil: Wenn Maxi Räuchle richtig Gas gibt, dann schwebt er mit seinem Surfbrett – wie hier bei der Schweizer Meistersch­aft auf dem Silvaplane­rsee – übers Wasser.
Foto: Swiss Windsurfin­g Faszinatio­n Foil: Wenn Maxi Räuchle richtig Gas gibt, dann schwebt er mit seinem Surfbrett – wie hier bei der Schweizer Meistersch­aft auf dem Silvaplane­rsee – übers Wasser.

Newspapers in German

Newspapers from Germany