Aufruhr um russische Söldner
Der Bundeswehr-einsatz in Westafrika steht nach dem Scheitern der Afghanistan-mission unter verschärfter Beobachtung. Ein neuer Akteur befeuert nun die Debatte über einen Abzug.
Nach dem überstürzten Abzug aus Afghanistan gerät nun der nächste Bundeswehr-auslandseinsatz in schwieriges Fahrwasser: die Mission im westafrikanischen Mali. Die Bundesverteidigungsministerin zweifelt inzwischen selbst daran. Wichtige Fragen und Antworten:
Wieso ist die in Mali?
Bundeswehr überhaupt Seit Nordmali 2012 vorübergehend in die Hände islamistischer und anderer Rebellengruppen geraten war, bemüht sich die internationale Gemeinschaft, das Land vor dem Abrutschen ins Chaos zu bewahren. Die rund 1200 deutschen Soldaten sind in gleich zwei Einsätzen aktiv. Zum einen sollen sie als Teil der Un-truppe Minusma das Land stabilisieren helfen. Zum anderen stellt die Bundeswehr seit 2013 Männer und Frauen für die militärische Eu-ausbildungsmission EUTM Mali. Frankreich geht derweil mit seiner Kampfmission „Barkhane“gegen islamistische Milizen vor. Sie ist im Land jedoch äußerst unbeliebt und hat kaum Ruhe gebracht, auch wenn erst jüngst der regionale Is-anführer Adnan Abu Walid alsahrawi getötet wurde.
Warum stellt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-karrenbauer (CDU) den Einsatz nun in Frage?
Aktueller Anlass sind Berichte darüber, dass die Militärregierung Malis womöglich bis zu 1000 russische Söldner anheuern will. Paris hatte deswegen am Dienstag unmissverständlich mit dem Abzug der eigenen Truppen gedroht. Außenminister Jean-yves Le Drian sagte, eine Zusammenarbeit mit den privaten Söldnern des Wagner-unternehmens sei „absolut unvereinbar mit unserer Präsenz“. Kramp-karrenbauer sekundierte, eine Militärkooperation Malis mit Russland widerspreche „allem, was Deutschland, Frankreich, die EU und die Vereinten Nationen in Mali leisten“. Hintergrund des Protests sind die umstrittenen Methoden der Söldnertruppe. Sie ist für brutale Einsätze in verschiedenen Krisenregionen berüchtigt. Hinzu kommt: Die politische Situation ist weiterhin instabil. Zudem putschte innerhalb der vergangenen zwei Jahre das Militär unter Führung von Oberst Assimi Goïta gleich zweimal. Ein Einsatz also mit zweifelhafter Wirkung zugunsten einer zweifelhaften Regierung.
Wer ist die Söldnertruppe Wagner?
Die geheimnisumwitterte russische Privatarmee mit mehreren tausend Kämpfern ähnelt der Us-amerikanischen Academitruppe (früher: Blackwater), die unter anderem im Irak im Einsatz war. Wagner-leute (benannt nach dem Kampfnamen „Wagner“ihres Gründers Dmitri Utkin) kämpften unter anderem im Ukraine-krieg und in Syrien. Zudem traten sie im libyschen Bürgerkrieg sowie in anderen afrikanischen Staaten in Erscheinung. Russland ist seit Jahren in mehreren internationalen Krisenherden bestrebt, seinen strategischen Einfluss auszudehnen, nach Einschätzung von Beobachtern auch mithilfe der Wagner-söldner.
Wie gefährlich sind die Bundeswehr-missionen in Mali? Die Unund
Eu-truppen in Mali werden immer wieder von Islamisten angegriffen. Allein 253 internationale Soldaten sind im Rahmen der Minusma-mission seit 2013 gestorben. Erst im Juni wurden 12 Bundeswehrsoldaten bei einem Anschlag von Islamisten schwer verletzt. Die Sahelregion – vor allem die Länder Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad – gelten als Operationsgebiete von Dschihadisten. In Afrika kämpfen nach Schätzungen von Geheimdiensten 10 000 Islamisten.
Gibt es Parallelen zum Einsatz in Afghanistan?
Der Einsatz in Mali ist nach dem Ende der Afghanistan-mission der zahlenmäßig größte der Bundeswehr – und steht nach dem Scheitern am Hindukusch unter verschärfter Beobachtung. Im Mai kommenden Jahres steht die Verlängerung des Mandats durch den neuen Bundestag an. Agnieszka Brugger (Grüne) kritisierte bereits: „Es rächt sich, dass die Bundesregierung die Lage in Mali seit Jahren und insbesondere seit dem Putsch immer wieder schöngeredet sowie auf ein blindes Weiter-so gesetzt hat.“Experten zufolge drohe mit Terrorabwehr, Stabilisierung, Frauenförderung und Umweltschutz eine ähnliche Auftragsüberfrachtung wie in Afghanistan. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach kürzlich davon, die Ziele künftig „kleiner fassen“zu müssen. Cdu-kanzlerkandidat Armin Laschet wiederum hält grundsätzlich an der Mission fest. „Zu sagen, jetzt ziehen wir uns zurück“, sei „die falsche Antwort“.