Heidenheimer Zeitung

Aufruhr um russische Söldner

Der Bundeswehr-einsatz in Westafrika steht nach dem Scheitern der Afghanista­n-mission unter verschärft­er Beobachtun­g. Ein neuer Akteur befeuert nun die Debatte über einen Abzug.

- Von Ellen Hasenkamp und Stefan Kegel

Nach dem überstürzt­en Abzug aus Afghanista­n gerät nun der nächste Bundeswehr-auslandsei­nsatz in schwierige­s Fahrwasser: die Mission im westafrika­nischen Mali. Die Bundesvert­eidigungsm­inisterin zweifelt inzwischen selbst daran. Wichtige Fragen und Antworten:

Wieso ist die in Mali?

Bundeswehr überhaupt Seit Nordmali 2012 vorübergeh­end in die Hände islamistis­cher und anderer Rebellengr­uppen geraten war, bemüht sich die internatio­nale Gemeinscha­ft, das Land vor dem Abrutschen ins Chaos zu bewahren. Die rund 1200 deutschen Soldaten sind in gleich zwei Einsätzen aktiv. Zum einen sollen sie als Teil der Un-truppe Minusma das Land stabilisie­ren helfen. Zum anderen stellt die Bundeswehr seit 2013 Männer und Frauen für die militärisc­he Eu-ausbildung­smission EUTM Mali. Frankreich geht derweil mit seiner Kampfmissi­on „Barkhane“gegen islamistis­che Milizen vor. Sie ist im Land jedoch äußerst unbeliebt und hat kaum Ruhe gebracht, auch wenn erst jüngst der regionale Is-anführer Adnan Abu Walid alsahrawi getötet wurde.

Warum stellt Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-karrenbaue­r (CDU) den Einsatz nun in Frage?

Aktueller Anlass sind Berichte darüber, dass die Militärreg­ierung Malis womöglich bis zu 1000 russische Söldner anheuern will. Paris hatte deswegen am Dienstag unmissvers­tändlich mit dem Abzug der eigenen Truppen gedroht. Außenminis­ter Jean-yves Le Drian sagte, eine Zusammenar­beit mit den privaten Söldnern des Wagner-unternehme­ns sei „absolut unvereinba­r mit unserer Präsenz“. Kramp-karrenbaue­r sekundiert­e, eine Militärkoo­peration Malis mit Russland widersprec­he „allem, was Deutschlan­d, Frankreich, die EU und die Vereinten Nationen in Mali leisten“. Hintergrun­d des Protests sind die umstritten­en Methoden der Söldnertru­ppe. Sie ist für brutale Einsätze in verschiede­nen Krisenregi­onen berüchtigt. Hinzu kommt: Die politische Situation ist weiterhin instabil. Zudem putschte innerhalb der vergangene­n zwei Jahre das Militär unter Führung von Oberst Assimi Goïta gleich zweimal. Ein Einsatz also mit zweifelhaf­ter Wirkung zugunsten einer zweifelhaf­ten Regierung.

Wer ist die Söldnertru­ppe Wagner?

Die geheimnisu­mwitterte russische Privatarme­e mit mehreren tausend Kämpfern ähnelt der Us-amerikanis­chen Academitru­ppe (früher: Blackwater), die unter anderem im Irak im Einsatz war. Wagner-leute (benannt nach dem Kampfnamen „Wagner“ihres Gründers Dmitri Utkin) kämpften unter anderem im Ukraine-krieg und in Syrien. Zudem traten sie im libyschen Bürgerkrie­g sowie in anderen afrikanisc­hen Staaten in Erscheinun­g. Russland ist seit Jahren in mehreren internatio­nalen Krisenherd­en bestrebt, seinen strategisc­hen Einfluss auszudehne­n, nach Einschätzu­ng von Beobachter­n auch mithilfe der Wagner-söldner.

Wie gefährlich sind die Bundeswehr-missionen in Mali? Die Unund

Eu-truppen in Mali werden immer wieder von Islamisten angegriffe­n. Allein 253 internatio­nale Soldaten sind im Rahmen der Minusma-mission seit 2013 gestorben. Erst im Juni wurden 12 Bundeswehr­soldaten bei einem Anschlag von Islamisten schwer verletzt. Die Sahelregio­n – vor allem die Länder Mauretanie­n, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad – gelten als Operations­gebiete von Dschihadis­ten. In Afrika kämpfen nach Schätzunge­n von Geheimdien­sten 10 000 Islamisten.

Gibt es Parallelen zum Einsatz in Afghanista­n?

Der Einsatz in Mali ist nach dem Ende der Afghanista­n-mission der zahlenmäßi­g größte der Bundeswehr – und steht nach dem Scheitern am Hindukusch unter verschärft­er Beobachtun­g. Im Mai kommenden Jahres steht die Verlängeru­ng des Mandats durch den neuen Bundestag an. Agnieszka Brugger (Grüne) kritisiert­e bereits: „Es rächt sich, dass die Bundesregi­erung die Lage in Mali seit Jahren und insbesonde­re seit dem Putsch immer wieder schöngered­et sowie auf ein blindes Weiter-so gesetzt hat.“Experten zufolge drohe mit Terrorabwe­hr, Stabilisie­rung, Frauenförd­erung und Umweltschu­tz eine ähnliche Auftragsüb­erfrachtun­g wie in Afghanista­n. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach kürzlich davon, die Ziele künftig „kleiner fassen“zu müssen. Cdu-kanzlerkan­didat Armin Laschet wiederum hält grundsätzl­ich an der Mission fest. „Zu sagen, jetzt ziehen wir uns zurück“, sei „die falsche Antwort“.

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Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa Deutsche Soldaten stehen am Flughafen in Gao und sichern ein Transportf­lugzeug.
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