Gericht hängt Provokation niedrig
Mordaufruf oder Wahlkampf: Für die Justiz ist der Satz „Hängt die Grünen“letzteres. Wo endet die Satire?
Chemnitz. Der III. Weg ist eine neonazistische Kleinpartei mit etwa 600 Mitgliedern. Ihr Ziel ist ein „Deutscher Sozialismus“, also eine Art Nationalsozialismus. Bei der Europawahl 2019 erhielt die Partei 0,0 Prozent der Stimmen. Im sächsischen Zwickau und anderen Städten plakatierte sie einige hundert Mal: „Hängt die Grünen!“. Die Stadt Zwickau forderte die Nazi-partei auf, die Plakate abzuhängen. Es handele sich um Aufrufe zu Straftaten, was ebenfalls strafbar sei.
Die Nazi-partei wies darauf hin, dass auf dem Plakat auch eine Erläuterung stehe: „Macht unsere nationalrevolutionäre Bewegung durch Plakatwerbung in unseren Parteifarben in Stadt und Land bekannt.“Tatsächlich ist grün auch die Parteifarbe des III. Wegs. Es sollten also nicht Menschen aufgehängt werden, sondern Plakate des III. Wegs, so die Behauptung.
Die Stadt ließ das nicht gelten. Wer mit dem Auto an den Plakaten vorbeifahre, könne das Kleingedruckte nicht lesen. Für Autofahrer bleibe es bei dem Mordaufruf „Hängt die Grünen“.
Der III. Weg setzte nun beim Verwaltungsgericht Chemnitz durch, dass seine Plakate vorerst hängen bleiben können. Die Richter verlangten nur, dass die Tafeln mindestens 100 Meter entfernt von Wahlplakten der Grünen aufgehängt werden. Hierdurch sei gewährleistet, dass die Plakate „vollständig gelesen und inhaltlich wahrgenommen werden.“Beide Seiten haben Beschwerde am Oberverwaltungsgericht Bautzen angekündigt.
Der III. Weg hat den schlechten Witz nicht einmal erfunden. „Wir hängen nicht nur Plakate“, hieß es 2016 auf Werbetafeln der konkurrierende Partei „Die Rechte“. Und die Satiriker von „Die Partei“plakatierten 2017 „Hier könnte ein Nazi hängen“. Kurioserweise gab es für „Die Partei“damals viel Schulterklopfen. Das sei zwar ein derber Spaß, aber natürlich wisse jeder, dass es nicht um das Aufhängen von Nazis gehe, sondern darum, den Nazis Plakatfläche wegzunehmen, indem man eigene Plakate aufhänge. Der III. Weg befindet sich mit seiner dreisten Erklärung, warum seine Plakate keine Gewaltaufrufe sein sollen, also in guter Tradition.