Bei Steinheim drehen sich zwei weitere Windräder.
Zwischen Neuselhalden und Gnannenweiler dreht sich jetzt eine Windkraftanlage, mit deren Ertrag die Heidenheimer Belegklinik für Integrative Medizin unterstützt wird.
Trotz 15 Reden: Die Einweihung der beiden 230 Meter hohen Windräder zwischen Neuselhalden und Gnannenweiler war eine tolle Party. Ein dickes Lob kam dabei am Samstag von Baden-württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne), denn eine der Anlagen ist durch ihre Gesellschafter dazu ausersehen, mit einem niedrigen sechsstelligen Betrag im Jahr der Belegklinik für Integrative Medizin am Heidenheimer Klinikum finanziell unter die Arme zu greifen.
Zur Hochform lief der Musikverein Steinheim unter seinem Dirigenten Jan Jäger auf. Gleichzeitig verköstigte seine „Küchenbrigade“die große Schar der Festteilnehmer.
Unablässig drehten sich derweil die Dreiflügler, sodass der berühmte Druck auf den Startknopf ausschließlich symbolischer Natur war. Die Technik erlaubte es schlichtweg nicht, das Windrad eben mal anzuhalten und dann wieder anlaufen zu lassen.
Dr. Ulrich Geyer, Gesellschafter der Bürgerwindrad für Gemeinwesen und Gesundheit Gmbh & Co KG, moderierte das Einweihungsfest und erinnerte an die verheerende Flut im Ahrtal mit 190 Toten, mehr als 800 Verletzten und annähernd 110 Millionen Euro Schaden: „Die Wetterphänomene haben um das Fünffache zugenommen. Da muss sich schleunigst etwas ändern.“
Jahrelange Vorbereitungen
Die Investoren Erwin Schweizer und Georg Honold blickten auf die Planungs- und Baugeschichte zurück. Bis es endlich losgehen konnte, vergingen sieben Jahre. Besonders kompliziert waren die Organisation für ein Bürgerwindrad und das Thema Gemeinnützigkeit.
Schweizer nannte die Beteiligung der Bürger als Investoren bei der Windenergie „ganz wichtig“. Das Echo zum Mitmachen sei beim Schenkwindrad so groß gewesen, dass nicht alle zum Zug kommen konnten.
Die Dekanin und Gefangenenseelsorgerin Susanne Büttner sprach Segensworte und äußerte den Wunsch, dass durch das Windrad und den Wind nicht nur neue Energie entstehe, sondern kranke Menschen auch Heilung fänden.
Lob von der Ministerin
„Das ist das erste Windrad, das in meiner Amtszeit eingeweiht wird“, zeigte sich Umweltministerin Thekla Walker erfreut. Das in Gnannenweiler Verwirklichte sei etwas ganz Besonderes, weil es der Unterstützung der Klinik für integrative Medizin diene.
Bis 2040 wolle Baden-württemberg klimaneutral sein. Dazu bedürfe es großer Anstrengungen: „Dann wollen wir ohne Öl,
Kohle, Gas und Atomstrom auskommen“, so Walker. Zwei Prozent der Landesfläche solle für den Ausbau der Windenergie bzw. Photovoltaik genutzt werden. Das heißt, auch über den Staatsforsten sollten sich Windräder drehen.
Landrat will schnellere Verfahren
„Ein beispielhaftes Vorhaben“nannte Landrat Peter Polta das, was sich hinter dem Begriff
Schenkwindrad verbirgt. Im Kreis Heidenheim gebe es aktuell 42 Windkraftanlagen, die 106 Megawatt Strom erzeugten. Mit den Anlagen bei Neuselhalden kämen jetzt zwei dazu, von denen jede 2350 Haushalte versorgen könne.
Aktuell befänden sich noch fünf Windräder im Genehmigungsverfahren. Polta verlangte von der Politik in Bund und Land, für eine Beschleunigung der Verfahren zu sorgen.
Steinheims Bürgermeister Holger Weise sagte: „Riesig, wer heute alles da ist. Riesig ist auch dieses Windrad. Wir brauchen immer mehr Strom.“Erneuerbare Energie wolle jeder, doch nicht jeder vor seiner Haustür. Im Bereich Gnannenweiler und Neuselhalden werde mehr Strom erzeugt, als die Gemeinde Steinheim brauche. Groß seien aber die Probleme beim Abtransport des Stroms. Die Leitungskapazitäten
gehörten dringend erweitert. Und doch wünschte Weise sich unter starkem Beifall: „Gerne noch mehr Windrädr.“
Kein Druckfehler
Die Spd-bundestagsabgeordnete Leni Breymaier ging zunächst von einem Druckfehler aus und mutmaßte, es müsse „Schwenkwindrad“heißen. Sie bezeichnete die Anlage als Musterbeispiel für soziales Handeln. Die Beteiligten könnten sagen: „Das ist meines, und es dient einem wohltätigen Zweck.“
Von einem Zeichen für das Zusammenspiel von traditioneller und homöopathischer Medizin sprach die Grünen-bundestagsabgeordnete Margit Stumpp. Die Energiewende sei eine Graswurzelbewegung und lasse sich am ehesten in Form der Bürgerbeteiligung erreichen.
Der Spd-fraktionschef im Stuttgarter Landtag, Andreas Stoch, erinnerte daran, dass die Belegabteilung für Homöopathie schwere Zeiten und ebensolches Wetter durchgemacht habe. Jetzt aber könne die Abteilung von richtig starkem Wind profitieren: „Jedem von uns ist klar, wir kriegen die Energiewende nur hin, wenn wir noch mehr dieser Anlagen verwirklichen. Ich wünsche mir guten Wind, damit viel Geld verdient wird.“
Der Leitende Oberarzt Dr. Andreas Laubersheimer erläuterte zunächst, dass der Begriff Hospital oder Spital einen klösterlichen Ursprung habe. Der Absicht, Menschen zu helfen, stehe heute oft die Ökonomisierung des Krankenhauswesens entgegen. Der Überschuss des Windrads fließe nicht in die Taschen von Investoren oder Konzernen, sondern in die Belegklinik.
Weitere Grußworte sprachen Leni Klöcker von „Fridays for Future“, Regionalleiter Wilfried Münch von der GLS-BANK, Sandra Majer für den Bundesverband Windenergie sowie Daniel Büttner von der Bürgerwind Gmbh. Letzterer äußerte seine Hoffnung auf viele Nachahmer und die an die Politik gerichtete Erwartung, dass sie sich hinsichtlich der Gesellschaftsform auf neue Wege einlasse.