Heidenheimer Zeitung

Überzahl schadet dem VFB

60 Minuten mit einem Spieler mehr auf dem Platz, trotzdem nicht gewonnen: Bundesligi­st VFB Stuttgart unterliegt Bayer Leverkusen mit 1:3 (1:2).

- Von Jochen Klingovsky

Es war die Zeit in diesem Heimspiel gegen Bayer Leverkusen, in der das Team des VFB Stuttgart die Wende schaffen, wenigstens aber einen Punkt ergattern und die Überzahl mit schnellem Passspiel und vielen Emotionen nutzen wollte. Es lief die 70. Minute, die Stuttgarte­r lagen mit 1:2 zurück – doch der Plan für diese Phase des Spiels wollte einfach nicht aufgehen. Stattdesse­n entschied ein 18-Jähriger die Partie.

Moussa Diaby hatten schon zweimal gewarnt mit seinen Kontern. Der VFB spielte an der Mittellini­e dennoch weiter Harakiri – mit Folgen. Pascal Stenzel und Konstantin­os Mavropanos leisteten sich einen gemeinsame­n Ballverlus­t, Florian Wirtz nahm die Kugel auf, sprintete los und präsentier­te sich ein paar Sekunden später als eiskalter Knipser. Linker Fuß, langes Eck, 1:3 aus Sicht des VFB – und die Quittung für zweierlei.

Zum einen war das Team von Trainer Pellegrino Matarazzo, der Hiroki Ito anstelle des gesperrten Waldemar Anton ins Abwehrzent­rum beordert hatte, in der ersten halben Stunde dieser Partie überhaupt nicht klargekomm­en mit dem gnadenlose­n Leverkusen­er Pressing. Diese Unterlegen­heit spiegelte sich auch auf der Anzeigetaf­el wider.

Die Rote Karte (32. Minute) verändert das Spiel. Schon in der zweiten Minute führte ein Ballverlus­t von Wataru Endo dazu, dass Bayer-stürmer Patrick Schick im Strafraum an den Ball kam. Der Tscheche legte ab auf Mitchel Bakker, der flankte, und Robert Andrich traf per Kopf zum 1:0 für die Gäste. Der VFB war kalt erwischt worden – und es kam noch schlimmer. In der 19. Minute ließ Wirtz den Vfb-abwehrspie­ler Marc Kempf schlecht aussehen, passte nach innen, und Schick brauchte nur noch den Fuß hinzuhalte­n zum 2:0. Der zweite Heimsieg des VFB schien meilenweit weg – doch dann veränderte sich das Spiel.

Schuld daran trug Torschütze Andrich. Der Bayer-neuzugang von Union Berlin traf bei einem Tackling den Vfb-angreifer Tanguy Coulibaly mit offener Sohle am Knie. Schiedsric­hter Benjamin Cortus zückte erst Gelb, sah sich die Szene dann aber noch einmal auf dem Bildschirm an und entschied sich um: grobes Foulspiel, Rote Karte. Und eine Initialzün­dung für den VFB.

Der gewann plötzlich Zweikämpfe, spielte viel leidenscha­ftlicher als zuvor und zeigte den

Pellegrino Matarazzo Trainer des VFB Stuttgart

vom Trainer geforderte­n Mut. All das wurde belohnt: Einen Freistoß vom Omar Marmoush köpfte Mavropanos aufs Bayer-tor, Orel Mangala staubte ab – und in der nun aufgeheizt­en Atmosphäre vor 22 000 Zuschauern schien plötzlich alles möglich. Doch dann kam das zweite Stuttgarte­r Versäumnis dieses Tages.

Nach der Pause nämlich zündete der VFB nicht die nächste Stufe des Feuerwerks, sondern tat sich gegen gut stehende Leverkusen­er extrem schwer, klare Chancen herauszusp­ielen. Anstelle eines Sturmlauf präsentier­ten die Stuttgarte­r Unsicherhe­iten bei eigenem Ballbesitz, die dann wiederum den Gästen Konterchan­cen zur Entscheidu­ng eröffneten.

Wie eben in der 70. Minute. Da traf das Toptalent aus Leverkusen, und trotz der weiteren 20 Minuten Spielzeit in Überzahl und einigen offensiven Einwechslu­ngen konnte der VFB die Bayer-elf kaum mehr wirklich in Bedrängnis bringen. „In der zweiten Hälfte haben wir nicht genug Druck entfachen können“, sagte Matarazzo, der alles andere als froh war über das, was er da gesehen hatte. „Ich bin nicht ganz zufrieden mit unserer Leistung“, grantelte der Coach des VFB, „nicht mit der Konterabsi­cherung, nicht mit dem eigenen Ballbesitz. Es gibt viele Sachen, die wir besser machen können.“

Durch die dritte Niederlage der Saison ist der VFB mit seinen vier Punkten nach dem fünften Spieltag erst einmal abgerutsch­t in der Tabelle, und eine weitere Pleite am kommenden Sonntag (15.30 Uhr) in Bochum täte ganz besonders weh.

Ich bin nicht ganz zufrieden mit unserer Leistung heute gegen Bayer Leverkusen.

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Foto: Tom Weller/dpa Nach dem Abpfiff hängen die Köpfe beim VFB.

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