Heidenheimer Zeitung

Die Wandlung des Leroy Sané

Aufsteiger VFL Bochum kassiert mit dem 0:7 beim FC Bayern die höchste Bundesliga-pleite der Klubgeschi­chte. Leroy Sané verleiht den Münchnern unbändigen Spaß am Spiel.

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Uli Hoeneß und Oliver Kahn kamen aus dem Jubeln und Applaudier­en nicht mehr heraus, der erfrischen­de Auftritt von Leroy Sané heizte beim Tor-spektakel des FC Bayern ganz besonders ein. „Auf dem Platz hatten wir richtig Spaß. Die Stimmung war zwischenze­itlich schon ein bisschen wie im Bierzelt“, beschrieb es Thomas Müller an dem Tag, an dem ohne Corona-pandemie das Oktoberfes­t begonnen hätte. Beim 7:0 (4:0) schenkten die Münchner in ihren neuen Wiesn-trikots dem VFL Bochum aber auch ohne das weltgrößte Volksfest kräftig ein.

„Die Gier ist ungebroche­n“, sagte Trainer Julian Nagelsmann, der den Formanstie­g von Sané goutierte. „Ich sehe die Entwicklun­g so wie das Spiel heute: Sehr gut.“Einen Monat nach Häme und Pfiffe für den schon im Em-sommer so heftig kritisiert­en Fußball-nationalsp­ieler beim 3:2 gegen Köln gab es am Samstag bei Sanés Auswechslu­ng nach gut einer Stunde kräftigen Sonderbeif­all von den 25 000 Zuschauern.

„Ich weiß, was ich abliefern kann. Das hat mich bereits die Spiele davor genervt“, gestand Sané. Den 25-Jährigen hatte die Fan-schelte vor vier Wochen im eigenen Stadion arg getroffen: „Es ist nicht so, dass ich sage, ich will das nochmal erleben.“

Wenn der zuletzt mit zwei Länderspie­ltoren auch im Nationaltr­ikot erstarkte Sané so auftrumpft wie gegen den VFL, besteht da keine Gefahr. Mit technische­r Finesse versenkte Sané gegen ein Bochumer Möchtegern-mäuerchen einen 25-Meter-freistoß zum 1:0. Das 2:0 durch Joshua Kimmich legte der Fußball-stilist maßgenau auf. Fünf Spiele nacheinand­er verbuchte er nun Tore und Vorlagen.

So eine Serie gelang dem im Sommer 2020 für rund 50 Millionen Euro von Manchester City verpflicht­eten Offensivst­ar erstmals im Münchner Trikot.

„Ich habe ja schon oft betont, dass er herausrage­nd gut ist und dass wir viel Freude an ihm haben werden – und das zeigt er jetzt auch in den letzten Wochen“, sagte Nagelsmann. Das Leistungsh­och und die vielleicht beste Form im Bayern-trikot, gepaart mit entschloss­enerer Körperspra­che, machte der stolze Bayern-trainer nicht nur an der veränderte­n Sané-position als „8 oder 10 im Halbraum“fest, wo dieser „unglaublic­he Qualitäten“habe.

„Ich finde, er hat eine ganz extrem gute Entscheidu­ng getroffen, ohne dass sie ihm irgendeine­r mitgeteilt hat. Dass er sich in den Momenten, die nichts mit seinem Riesentale­nt zu tun haben, volle Kanne reinwirft, weil das dann honoriert wird und er so in gute Spielsitua­tionen kommt“, schilderte Nagelsmann.

Bei allem Lob für Sané und Co.: Aufsteiger Bochum machte es dem Serienmeis­ter beim Torschusst­raining aber auch ziemlich einfach. „Wir spielen zwar in derselben Liga, aber heute war es mehr als eine Klasse Unterschie­d“, stöhnte Gäste-trainer Thomas Reis.

Dieses Leistungsg­efälle dokumentie­rten außer Sané und dem erstmalige­n Bundesliga-doppelpack­er Kimmich noch Serge Gnabry, Robert Lewandowsk­i und Eric Maxim Choupo-moting zur Freude von Ehrenpräsi­dent Hoeneß und Vorstandsc­hef Kahn auf der Tribüne mit weiteren Bayern-toren. Vasilios Lampropoul­os traf vor dem einschussb­ereiten Lewandowsk­i zudem noch ins eigene Netz. Weltfußbal­ler Lewandowsk­i ist seit Samstag der erste Spieler der Liga-geschichte, der in 13 Heimspiele­n nacheinand­er getroffen hat.

„Aber es war heute nicht viermal Lewy, wie es meistens der Fall ist. Jo hat einen Doppelpack gemacht, ich hab keines gemacht. Das war ein bisschen verkehrte Welt“, scherzte Leon Goretzka. In der Woche seiner Vertragsve­rlängerung bis 2026 fühlte er mit seinem deklassier­ten Heimat- und Jugendclub, „aber uns hat es richtig Bock gemacht.“

4:1 beim Liga-hit in Leipzig, 3:0 zum Champions-league-start in Barcelona, jetzt das 7:0 gegen den Aufsteiger, der seine höchste Bundesliga-pleite kassierte. „So kann es weitergehe­n, wir bleiben dran“, kündigte Müller an. Der FC Bayern scheint im Rhythmus und zumindest national kaum aufzuhalte­n. „Das Ziel ist, dass wir die zehnte Meistersch­aft in Folge holen wollen“, sagte Nagelsmann: „Ich bin neu hier bei Bayern und würde gerne da weitermach­en, wo die vielen Vorgänger aufgehört haben.“

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Foto: Hoppe/dpa Vor vier Wochen stand Bayern Münchens Offensivkr­aft Leroy Sané unter Beschuss, jetzt zählt er, wie gegen Bochum, zum Kern der Leistungst­räger.

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