Heidenheimer Zeitung

Trotz Sicherheit­sglas aus der Psychiatri­e geflohen

Vier Männer brechen aus dem Klinikum am Weissenhof in Weinsberg aus. Wie das gelang, ist unklar.

- Julia Horn

Weinsberg. Aufregung im Kreis Heilbronn: Vier Männer sind in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, 23. September, aus der Klinik für Forensisch­e Psychiatri­e und Psychother­apie des ZFP Klinikums am Weissenhof in Weinsberg geflohen. Die Polizei Heilbronn teilt mit, dass die Männer in einer geschlosse­nen Station des Maßregelvo­llzugs untergebra­cht gewesen waren. Die Patienten im Alter von 24 bis 37 Jahren gelten als gefährlich, heißt es weiter. Die Polizei warnt davor, Anhalter mitzunehme­n und bittet um Hinweise aus der Gesellscha­ft. Wie genau den Männern die Flucht gelang, ist bisher unklar. Die Polizei möchte sich aus „ermittlung­staktische­n Gründen“nicht dazu äußern. Die Heilbronne­r Stimme berichtete, die vier Patienten hätten Sicherheit­sglas zertrümmer­t und sich aus der Klinik abgeseilt.

Ebenfalls unklar ist, weswegen die vier Männer in der Forensisch­en Psychiatri­e sind. Die Klinik selbst teilt mit, sie würden „wegen unterschie­dlicher Delikte zur Sicherung und Therapie auf einer geschlosse­nen Station nach § 64 STGB untergebra­cht“sein. Grundsätzl­ich sind die im Maßregelvo­llzug untergebra­chten Straftäter keine Gefangenen, sondern psychisch kranke oder suchtkrank­e

Patienten. Der von der Klinik genannte Paragraf 64 STGB deutet darauf hin, dass die Männer zur zweiten Kategorie zählen. Er regelt nämlich die Unterbring­ung von suchtkrank­en Patienten in sogenannte­n Entziehung­sanstalten. „Beim Maßregelvo­llzug steht der Therapieau­ftrag vor dem Sicherheit­sauftrag“, sagt Florian Mader vom Ministeriu­m für Soziales, Gesundheit und Integratio­n in Baden-württember­g, das für die Zentren für Psychiatri­e (ZFP) zuständig ist. Ziel der Behandlung sei es, die Untergebra­chten in die Gesellscha­ft einzuglied­ern und auf ein straffreie­s Leben vorzuberei­ten.

Aber: Die Praxis, Straftäter zur Drogenther­apie in die psychiatri­schen Kliniken einzuweise­n, sorgt zwischen den Kliniken und dem Strafvollz­ug schon seit Jahren für Missstimmu­ng – Psychiater monieren, ihnen würden zu viele Insassen geschickt, bei denen eine Drogenther­apie zwecklos sei.

Zäune, Gitter, Schleusen

„Auch im Maßregelvo­llzug werden natürlich Sicherheit­svorkehrun­gen vorgehalte­n“, sagt Mader. Zur Bewachung besonders gefährlich­er Personen gebe es baulich-technische Maßnahmen: Mauern und Zäune, Eingangssc­hleusen,

Sicherheit­sfenster, Gitter und Schließsys­teme. Im Jahr 2020 gab es im Land 47 Ausbrüche, sagt Mader. Bei 1252 Patientinn­en und Patienten sei das ein Anteil von unter 4 Prozent.

Nach einem entspreche­nden Antrag der SPD und der FDP/ DVP befasst sich der Sozialauss­chuss des Landtags kommenden Mittwoch mit dem Ausbruch. Der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der FDP/DVP Jochen Haußmann sagte: „Wir wollen von Sozialmini­ster Manfred Lucha wissen, mit welchen konkreten Maßnahmen er dafür Sorge trägt, dass sich ein solcher Fall im Land nicht wiederhole­n kann.“

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