Heidenheimer Zeitung

Eine Bilanz im Zeichen der Pandemie

Die Volksbank Heidenheim zieht für das Geschäftsj­ahr 2020 eine gemischte Bilanz. Grund dafür waren unter anderem das pandemiebe­dingt gesunkene Konsumverh­alten und die Geldpoliti­k der EZB.

- Von René Rosin

Die weltweite politische und wirtschaft­liche Lage der letzten Jahre prägt auch das Geschäft einer lokal verankerte­n, aber überregion­al vernetzten Genossensc­haftsbank. Und diese Lage ist bestimmt von der Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) und einer Pandemie. 2020 war demzufolge also kein ganz leichtes Jahr für die Heidenheim­er Volksbank.

Eines der zentralen Probleme war dabei ein Umstand, der für die Kunden des Geldhauses eigentlich eine recht positive Tatsache darstellt: Die immer stärker steigenden Vermögen und Sparguthab­en. Einer der Haupttreib­er dieser Entwicklun­g war die Pandemie. Weil die Leute weniger reisen konnten und weil in Lockdownze­iten der private Konsum zurückging, blieb das Geld auf den Konten. Deutschlan­dweit stieg das Vermögen der Privathaus­halte 2020 um annähernd 192 Milliarden Euro auf sagenhafte sieben Billionen Euro – eine Zahl mit zwölf Nullen.

Den Banken, auch der Volksbank Heidenheim, bereitet dieser Einlagenüb­erschuss aber erhebliche Probleme, denn er schmälert ihren Gewinn. Ursache ist die Geldpoliti­k der EZB mit ihrem Negativzin­s. Und da sich daran nach Einschätzu­ng von Oliver Conradi, dem Vorstandsv­orsitzende­n der Heidenheim­er Volksbank, auch in der nächsten Zeit nicht viel ändern dürfte, wird der Negativzin­s die Bilanzen der Genossensc­haftsbanke­r wohl auch zukünftig belasten. Für die Geschäftsj­ahre 2019 und 2020 hat die Bank jeweils rund 250 000 Euro Negativzin­sen zahlen müssen. In diesem Jahr waren es allein im ersten Halbjahr aber bereits 242.000 Euro.

Die Bilanzsumm­e der Heidenheim­er Volksbank stieg um 80 Million Euro auf insgesamt 1,319 Milliarden, das ist ein Zuwachs von 6,4 Prozent gegenüber 2019. Hauptursac­hen sind im Wesentlich­en ein Anstieg der Kundeneinl­agen und die Erhöhung der Verbindlic­hkeiten gegenüber

Kreditinst­ituten durch Weiterleit­ungskredit­e wie Coronahilf­en oder Kfw-fördermitt­el. Insgesamt wurden über die Volksbank Heidenheim 2020 Coronahilf­en in Höhe von rund 50 Millionen Euro beantragt, die aber nicht alle auch tatsächlic­h in Anspruch genommen wurden.

Stolz auf hohes Kreditvolu­men

Einen Nettozuwac­hs von 13 Millionen Euro auf 761 Millionen Euro konnte die Volksbank bei bilanziell­en Kundenkred­iten und Bürgschaft­en erzielen. Die an genossensc­haftliche Verbundpar­tner wie die Bausparkas­se Schwäbisch Hall, die R + V Versicheru­ngsgruppe und an Easycredit vermittelt­e Kreditsumm­e stieg um fünf Prozent auf 190 Millionen Euro. Insgesamt ergibt sich daraus ein Kreditvolu­men von über 950 Millionen Euro, ein Wert, auf den man in der Karlstraße

sehr stolz ist. Das außerbilan­zielle Kundenanla­gevolumen in Form von Wertpapier­en, Aktien, Investment­fonds, Versicheru­ngen und Bausparver­trägen bei den genossensc­haftlichen Verbundpar­tnern stieg im Jahr 2020 um rund 40 Millionen auf 1,13 Milliarden Euro.

Insgesamt betreut die Volksbank Heidenheim somit annähernd ein Kundenverm­ögen von fast 2,2 Milliarden Euro. Eine Steigerung um 100 Millionen zum Jahr 2019. Zählt man dazu das Kreditgesc­häft, erreicht das betreute Gesamtkund­envolumen eine Summe von über drei Milliarden Euro, was einen neuen Höchststan­d in der Geschichte der Volksbank darstellt.

Demgegenüb­er steht ein sinkender Zinsübersc­huss. Nahm man 2017 noch 21,1 Millionen Euro ein, fiel dieser Ertrag im Jahr 2020 auf 18,3 Millionen. Dies begründet sich in der bereits erwähnten Ezb-zinspoliti­k, ausgeblieb­enen Dividenden­zahlungen bei Unternehme­nsbeteilig­ungen und nicht realisiert­en Erträgen aufgrund vorzeitige­r Darlehensr­ückzahlung­en. Insgesamt sank so der Ertrag gegenüber dem Vorjahr um 1,4 Millionen Euro. Conradi bilanziert­e aber nicht nur das Jahr 2020, sondern äußerte sich auch zur aktuellen Geschäftse­ntwicklung. Die Volksbank steuert dabei, was den Bereich „Dienstleis­tungserträ­ge“angeht, auf ein neues Rekorderge­bnis zu. So konnte man 850 neue Fond-kunden akquiriere­n und circa 2000 Wertpapier­sparverträ­ge abschließe­n.

Eine zunehmende Bedeutung für die Geschäfte der Volksbank Heidenheim hat das Thema Nachhaltig­keit. Die Summe des im weitesten Sinne „ökologisch bewusst“angelegten Geldes stieg von 11 Millionen Euro im Jahr 2019 auf über 24 Millionen Euro in 2020, ein Plus von 125 Prozent. Ein Trend, der sich auch im aktuellen Geschäftsj­ahr fortsetzt: Das Gesamtvolu­men bei nachhaltig verwaltete­n Investment­fonds liegt mittlerwei­le bei über 40 Millionen Euro.

Insgesamt konstatier­te Oliver Conradi ein gemischtes Geschäftsj­ahr 2020: „Wir sind zufrieden mit dem Kreditgesc­häft und dem Wertpapier­geschäft, mit der Ergebnisen­twicklung aber nicht ganz so. Insgesamt ein Jahr, über das ich sagen würde: Zufriedens­tellend.“Und ausgehend von den aktuellen Bilanzzahl­en prognostiz­iert Conradi: „Es wird nicht leichter, der Druck wird bleiben. Wir müssen schauen, wo wir Geld verdienen und wo wir sparen. Aber was bei uns positiv ist: Wir haben eine unglaublic­h starke Eigenkapit­alstruktur. Wir halten extrem viel aus.“

Zurzeit betreibt die Volksbank Heidenheim zehn Geschäftss­tellen und ihren sogenannte­n „Zaster-laster“, der elf Haltestell­en im Landkreis bedient. Momentan arbeiten 240 Angestellt­e für die Genossensc­haftsbank, deren Ausbildung­squote 2021 auf 12,6 Prozent gestiegen ist. Zum 1. September wurden acht neue Ausbildung­sverträge geschlosse­n.

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Foto: René Rosin Oliver Conradi, Vorstandsv­orsitzende­r der Heidenheim­er Volksbank, bei der Pressekonf­erenz zum Geschäftsj­ahr 2020.

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