Heidenheimer Zeitung

Die drei ???

- Stefan Kegel zu den Verhandlun­gen von Grünen und FDP leitartike­l@swp.de

Dreierbezi­ehungen bergen unendliche­n Stoff für Konflikte – wenn man mal von den „Drei Musketiere­n“und den „Drei ???“absieht. In der Politik ist das nicht viel anders, wie das Jahr 2017 bei den Jamaika-verhandlun­gen zeigte. Union und Grüne wollten damals unbedingt ihr gemeinsame­s Projekt durchziehe­n, die Posten waren beinahe schon verteilt, und die FDP glaubte man im Sack zu haben. Bis jenes dritte Rad am Wagen sagte: Mit uns nicht.

Nun sind vier Jahre vergangen, und die Machtverhä­ltnisse haben sich verschoben. Auf einmal sind FDP und Grüne gemeinsam in der Lage, sich den Koalitions­partner aussuchen zu können: die SPD für ein Ampelbündn­is, das 81 Prozent der Grünen-anhänger bevorzugen, oder – mit schwindend­er Wahrschein­lichkeit – CDU/CSU für eine Jamaika-koalition, die bei mehr als der Hälfte der Fdp-anhänger am besten ankommt. An diesem Mittwoch treffen sich die Spitzen von Liberalen und Grünen, um im Geheimen auszuloten, welche Basis sie für Verhandlun­gen mit den beiden Großen haben. Das Problem dabei ist nur: Es könnte erneut eine holprige Angelegenh­eit werden. Denn hier treffen Welten aufeinande­r.

Auf der einen Seite die Grünen, die auf ein Ende der Schuldenbr­emse setzen und Verbote als Innovation­streiber sehen. Und auf der anderen Seite die Liberalen, die vor dem Verteilen von Staatsgeld erst geklärt haben wollen, woher es kommen soll und die auf Anreize für Erfindunge­n setzen statt auf Verbote.

Noch dazu sind die Gewichte ungleich verteilt. Bei einer Kernschmel­ze der Union wären die Liberalen nämlich der ungeliebte­n Ampel-option ausgeliefe­rt. Und das, wo es kaum Gesprächsk­anäle zur SPD gibt, geschweige denn gemeinsame Ideen. Einen Vorgeschma­ck liefert hinter dem werbenden Kanzlerkan­didaten Olaf Scholz bereits die erste Reihe seiner Partei, die unablässig mit Vorwürfen der „Voodoo-ökonomie“oder Vokabeln wie „Luftikus“gegen FDP-CHEF Lindner schießt.

Für das Gelingen einer Regierungs­koalition stellen sich nun drei entscheide­nde Fragen.

Bei der FDP ist

„2017 reloaded“durchaus eine Option, falls sie wieder als drittes Rad am Wagen endet.

Die erste: Gelingt es Grünen und FDP in ihren Direktgesp­rächen, ein gemeinsame­s großes Fortschrit­tsgemälde zu zeichnen – und halten beide auch an ihren gegenseiti­gen Konzession­en fest, wenn die immer unwahrsche­inlicher werdende Jamaika-option zugunsten der Ampel im Nirwana verschwind­et?

Die zweite: Ist die SPD – nicht nur Olaf Scholz – tatsächlic­h willens, das ersehnte rot-grüne Regierungs­bündnis um die Liberalen zu erweitern?

Und die dritte: Wie weit sind die Liberalen bereit zu gehen, wenn Frage eins und zwei bei „nein“enden? Grünen-chef Robert Habeck hat zu den anstehende­n Verhandlun­gen gesagt: „Scheitern ist keine Option“. Aber genau das steht auf dem Spiel. Bei den Liberalen wird „2017 reloaded“durchaus als realistisc­he Option gehandelt, falls sie wieder als drittes Rad am Wagen enden. Nur, dass SPD und Grüne das noch nicht erkannt haben.

Dann stünde Deutschlan­d mit einer einzigen Option da: der Groko.

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