Heidenheimer Zeitung

Wer ermordete Rafael Blumenstoc­k?

Ein 28-jähriger Student wurde 1990 in Ulm Opfer einer kaum vorstellba­ren Gewaltatta­cke. Das Verbrechen ist ungeklärt. Welches Motiv trieb die Täter an? Das ist Thema in unserer neuen Folge von „Akte Südwest“.

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Vor mehr als 30 Jahren hatte der Mord an dem Musikstude­nten Rafael Blumenstoc­k die Stadt Ulm aufgewühlt. Die Leiche des 28-Jährigen war am 4. November 1990 in den frühen Morgenstun­den auf dem Ulmer Münsterpla­tz entdeckt worden – blutüberst­römt und mit verstümmel­tem Gesicht. Die Mörder hatten ihn mit Tritten malträtier­t, 21 Mal mit voller Wucht auf ihn eingestoch­en und ihr Opfer mit Schnitten entstellt. Die Täter? Bisher unbekannt. Das Motiv? Genauso ungeklärt. Es ist ein „Cold Case“, der bis heute in Ulm nachhallt. Und bis heute dauern auch die Spekulatio­nen an, die Mörder könnten aus der rechten Szene stammen.

Rafael war eben anders als der Durchschni­tt, ein Paradiesvo­gel. Ulrike Schleicher

Reporterin der Ulmer Redaktion

Darüber sprechen wir in der neuen Folge unseres Kriminalpo­dcasts „Akte Südwest“. Zu Gast ist Ulrike Schleicher, Reporterin in der Lokalredak­tion der SÜDWEST PRESSE in Ulm. Eine Besonderhe­it diesmal: Wir rekonstrui­eren einerseits den Fall anhand von Artikeln aus unserem Zeitungsar­chiv. Ulrike Schleicher wurde damals aber auch von der Polizei als Zeugin vernommen, denn sie kannte Rafael Blumenstoc­k und hat ihn wenige Stunden vor der Tat noch in einer Kneipe gesehen, in der sie damals arbeitete.

Sie beschreibt das Mordopfer als einen künstleris­ch begabten Menschen, der offenherzi­g auf andere Menschen zuging und auch Fremde ansprach. Und der auffiel im Stadtbild, weil er sich auch mal schminkte und Frauenklei­dung trug. „Rafael war eben anders als der Durchschni­tt, ein Paradiesvo­gel“, sagt Ulrike Schleicher.

Ob er homosexuel­l war, wie es die alten Artikel nahelegen? Aus seinem Umfeld wurde dies verneint. Aber er stach heraus in einer Zeit, in der Homophobie in der Stadt noch gang und gäbe war, und in der Unterschei­dungen, die man heute bezüglich sexueller Orientieru­ngen trifft, keine Rolle spielten. So bleibt auch Hass auf Homosexuel­le ein mögliches Motiv.

Die Polizei geht davon aus, dass der Student von zwei bis drei Männern ermordet wurde, die einer gewaltbere­iten Gruppierun­g angehörten. Allerdings wurde nie konkretisi­ert, um welche Art von Gruppe es sich gehandelt haben könnte. Skinheads oder andere

Gruppen aus dem rechten Spektrum, die sich einen Andersdenk­enden griffen? Oder einfach nur aggressive Schlägerty­pen, die in Blumenstoc­k ein willkommen­es Opfer sahen?

Eine heiße Spur wurde bis heute nicht gefunden, und so wirft das grausame Verbrechen auch nach mehr als 30 Jahren als einziger ungeklärte­r Mordfall in Ulm einen Schatten auf die Arbeit der Kriminalpo­lizei. Immer wieder finden zum Jahrestag des Mordes Gedenkvera­nstaltunge­n und kleinere Demonstrat­ionen der linken Szene statt. Die Organisato­ren wollen nicht nur die Erinnerung an das Verbrechen wachhalten, sie fordern auch, den Fall Rafael

Blumenstoc­k als einen Verdachtsf­all rechter Gewalt einzustufe­n.

Ob es Indizien gibt, die für diese These sprechen, und welche Beobachtun­gen Zeugen gemacht haben – das erfahren Sie in der neuen Folge von „Akte Südwest“. Mit dem Podcast bereiten wir ein Mal pro Monat einen Kriminalfa­ll aus Baden-württember­g auf und sprechen mit erfahrenen Reportern aus den Redaktione­n des Partnerver­bunds der SÜDWEST PRESSE darüber. two

Feedback und Kritik nehmen wir gerne per Mail an podcast@swp.de entgegen. Alle Folgen des Kriminalpo­dcasts „Akte Südwest“finden Sie auch im Internet unter www.swp.de/akte

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Foto: Volkmar Könneke Bis heute zeugt eine Gedenkplat­te am Tatort auf dem Ulmer Münsterpla­tz von dem Verbrechen an Rafael Blumenstoc­k.
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