Heidenheimer Zeitung

Anklage nach tödlicher Po-operation

Zwei Frauen sterben nach einer OP. Der Arzt steht vor Gericht – und ist sich keiner Schuld bewusst.

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Düsseldorf. Der Wunsch nach einem üppigen Hinterteil lässt bei Schönheits­chirurgen in aller Welt die Kassen klingeln. Auch in Düsseldorf, einer Hochburg der plastische­n Chirurgie, legten sich mit ihrem Körper unzufriede­ne Frauen reihenweis­e auf die Op-tische. Zwei von ihnen, 20 und 42 Jahre alt, starben 2018 und 2019 kurz nach dem Eingriff. Nun drohen dem Chirurg zwischen drei und 15 Jahren Haft. Doch der ist sich keiner Schuld bewusst.

„Lege artis“– der lateinisch­e Begriff fällt häufiger an diesem Dienstag im großen Saal E.116 des Düsseldorf­er Landgerich­ts. Der Begriff meint: Entspreche­nd den Regeln der ärztlichen Kunst. Während die Verteidige­r um den angeklagte­n Arzt der Meinung sind, dessen Eingriffe hätten diesen Regeln voll entsproche­n, weswegen der 50-Jährige freizuspre­chen sei, ist Oberstaats­anwalt Uwe Kessel anderer Ansicht und spricht von „groben Verletzung­en der Pflichten als Arzt“. Wegen Körperverl­etzung mit Todesfolge in zwei Fällen und fahrlässig­er Körperverl­etzung in einem dritten Fall hat er den Arzt angeklagt.

Riskante Methode

In seiner Praxis bot der Arzt seit Jahren Po-vergrößeru­ngen mittels Eigenfett-implantati­on („Brazilian Butt Lift“) an. Eine populäre Methode, die von vielen plastische­n Chirurgen wegen ihres Risikos kritisch gesehen wird. Die Sterberate beträgt 1:3000. Gefahr droht vor allem durch das eingesprit­zte körpereige­ne Fett, das eine tödliche Embolie verursache­n kann.

Die Anklage stützt sich auf ein Gutachten, das dem Operateur eine Reihe von Fehlern vorwirft. So sei nicht ausreichen­d über die Risiken aufgeklärt worden. Zudem seien das Fettabsaug­en und Einspritze­n nicht ordnungsge­mäß erfolgt, die Nachsorge hätte gefehlt. Der Arzt und seine Verteidige­r führen dagegen mehrere Gegengutac­hten ins Feld und weisen sämtliche Vorwürfe zurück.

„Der Fall zeigt, dass die Rechtslage in Deutschlan­d bei weitem nicht ausreichen­d ist, um Patienten und Patientinn­en zu schützen“, kritisiert­e Prof. Lukas Prantl, der Präsident der Deutschen Gesellscha­ft der Plastische­n, Rekonstruk­tiven und Ästhetisch­en Chirurgen.

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