Heidenheimer Zeitung

„Nervöser als in Vergangenh­eit“

- Peter Dethier

ist Chefvolksw­irt bei Moody’s Analytics, eine Tochterges­ellschaft des Finanzdien­stleisters Moody’s Corporatio­n. Er hat zahlreiche Bücher veröffentl­icht, unter anderem über die Us-fiskalund Geldpoliti­k nach der Weltrezess­ion. Er geht davon aus, dass den USA turbulente Wochen drohen.

Wie wird die Debatte um das gesetzlich­e Schuldenli­mit ausgehen? Droht die erste Us-staatsplei­te in der Geschichte?

Mark Zandi:

Wir sollten uns anschnalle­n, denn das wird in den kommenden Wochen eine turbulente Reise. Natürlich geht es den Republikan­ern und den Demokraten beiden darum, politisch zu punkten und sich für die Kongresswa­hlen im November 2022 zu positionie­ren. Eine Einigung zur Schuldengr­enze erwarte ich bestenfall­s um fünf vor zwölf am 17. Oktober. Dass zumindest ein Shutdown offenbar gerade noch verhindert werden konnte, lässt gewisse Hoffnung aufkommen.

Ist nicht langfristi­g gesehen die wichtigere Frage der Streit um das Schuldenli­mit?

Natürlich, und genau darin besteht in der Tat die große Gefahr. Kommt es nämlich zu keiner Anhebung oder Aussetzung der Grenze, dann würde dies heillose Verwirrung an den Finanzmärk­ten stiften. Ich kann nur hoffen, dass die Parlamenta­rier dies auch begreifen. Nervöser als in der Vergangenh­eit bin ich diesmal deswegen, weil die Parteien so tief gespalten sind und die politische Unsicherhe­it größer ist denn je. Notfalls müssten die Demokraten auf dem Wege des „Reconcilia­tion“mit einer einfachen Mehrheit im Senat einen entspreche­nden Beschluss fassen. Auch das geht aber nicht von heute auf morgen, und die Zeit drängt.

Wie ist es denn um die Tragfähigk­eit der Schulden bestellt, die mittlerwei­le bereits 130 Prozent der gesamten Us-wirtschaft­sleistung ausmachen?

Kurzfristi­g bereitet mir das keine Sorgen. Auf kurze Sicht ist nämlich der Schuldendi­enst das entscheide­nde Kriterium, und bei diesen historisch niedrigen Zinsen ist das kein größeres Problem. Auch ist zu bedenken, dass ohne diese unglaublic­h teuren Konjunktur­pakete, welche die Verschuldu­ng hochtriebe­n, wir keine Erholung gehabt hätten und wesentlich gravierend­ere Probleme aufgetrete­n wären. Dazu zählen strukturel­le Probleme sowie eine längere und tiefere Rezession als wir sie hatten.

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Foto: privat Us-nationalök­onom Mark Zandi.

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