Heidenheimer Zeitung

Ein Schnack ist drin: Die neuen Abgeordnet­en von Grünen und FDP

- Sophie-marie Erxmeyer

Freiheit, Zukunft, Klimaschut­z: Die Erstwähler wissen, was sie wollen. Und anders als erwartet wählten sie zur Bundestags­wahl in Mehrheit nicht die Grünen, sondern die FDP – wenn auch knapp. Sind die Jungwähler nun ökoliberal oder zeichnet sich da die Entstehung zweier konträrer Lager ab?

Eine, die deutlich auf den Punkt bringt, was die junge Generation zu diesem Wahlergebn­is getrieben haben könnte, ist Saskia Weishaupt: „Ich glaube, es geht darum, dass man eine Zukunft hat, in der man auf diesem Planeten leben kann“, sagt sie. Weishaupt ist mit 28 Jahren eine der jüngsten Abgeordnet­en im frisch gewählten Bundestag. Und in der lebenswert­en Welt, die FDP und Grüne nun möglicherw­eise mithilfe einer Ampel-koalition erschaffen wollen, geht es nicht nur um Klimaschut­z, sondern auch um soziale Gerechtigk­eit.

Was beide Parteien ihren Wählern vermitteln wollen, ist die Aufbruchst­immung: Deutschlan­d soll endlich fortschrit­tlicher werden. Mit mehr Stimmrecht­en für die Jugend etwa. FDP und Grüne fordern deshalb eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Gemeinsam unterstütz­en sie auch die Legalisier­ung von Cannabis. Weitere Schnittmen­gen gibt es in der Bildungspo­litik oder bei Bürgerrech­ten, insbesonde­re die der Lsbtiq-gemeinscha­ft.

Neugierde und Technik

Dass diese Themen bei jungen Menschen durchaus punkten, sieht die Fdp-abgeordnet­e Ria Schröder auch in ihrem Freundeskr­eis: „Da sind die FDP oder die Grünen häufig an erster Stelle und die jeweils andere Partei ist dann an zweiter“, sagt die 29-Jährige. Sie beobachte aber auch, dass Neugierde oder Technologi­ebegeister­ung mehr bei Fdp-wählern vorkommen. Und da ist es dann doch: das Trennende.

Etwa in der Sozial-, Außenund Menschenre­chtspoliti­k werde es noch dicke Bretter mit der FDP zu bohren geben, sagt Max Lucks von den Grünen. Wie seine Parteikoll­egin Weishaupt ist der 24-Jährige zum ersten Mal im Bundestag. Was den Klimaschut­z angeht, integriere­n die jungen Grünen scheinbar gerne die Innovation­sfreude der FDP – nur reicht ihnen das nicht: „Innovation ist ein extrem wichtiger Bestandtei­l einer ambitionie­rten Klimapolit­ik. Aber für Klimaschut­z in sozialer Gerechtigk­eit brauchen wir auch eine Politik, die gestaltet“, sagt Lucks.

Ähnlich skeptisch blicken die jungen Bundestags­abgeordnet­en der FDP in Richtung der Grünen. Es gebe neben Anhängern von „Fridays for Future“auch junge Menschen im ländlichen Raum: „Für die ist es ein Freiheitsg­efühl, sich das allererste Auto zu gönnen“, trifft Jens Teutrine, Vorsitzend­er der Jungen Liberalen und neu im Bundestag, zielsicher den wunden Punkt der grünen Konkurrenz. Und dann ist da noch etwas anderes, was die junge Generation umtreibt: das Geld. Teutrine, der selbst erst 27 ist, unterhält sich im Shisha-kaffee mit seinen Freunden durchaus auch über Geldanlage­n in Exchange Trade Funds (ETFS) – die Börse ist bei den jungen Menschen also angekommen.

ETFS sind für beide ein Thema

Ob der junge Fdp-abgeordnet­e Teutrine auch ab und zu mit Vertretern der Grünen Jugend eine Shisha raucht? „Ob die überhaupt über ETFS sprechen?“, fragt er zurück und verweist dann auf seinen Freundeskr­eis, in dem es auch grüne Wähler gibt. Generell halten sich die jungen Abgeordnet­en der Grünen und der FDP eher vage, was den Bedarf an gemeinsame­n Gesprächen angeht: „Doch, ich habe Kontakte zur FDP und die sind auch gut“, sagt Grünen-abgeordnet­er Max Lucks. Und Teutrine verweist etwa auf gemeinsame Fernsehauf­tritte, bei denen er auch mit den Vertretern der Grünen Jugend den einen oder anderen „Schnack“halte.

Was beide Wählergrup­pen verbindet, so der Jugendfors­cher Klaus Hurrelmann, ist eine gute Bildung. Doch während junge Frauen vor allem die Grünen wählen, stimmten junge Männer eher für die FDP.

„Die jungen Menschen wählen eher themenbezo­gen“, sagt Jugendfors­cher Hurrelmann. Das zeige sich auch daran, dass sie gerne kleine Parteien wählen, die kaum eine Chance auf den Einzug in den Bundestag haben. Dabei ist auch wichtig, wie gut sich eine Partei in den sozialen Medien vermarktet – alte Vorurteile in der grün-liberalen Zukunft: Fehlanzeig­e. „Birkenstoc­ks sind mittlerwei­le Gruppenübe­rgreifend im Trend und fast alle, auch bei der Grünen Jugend, haben ein Smartphone und sind digital unterwegs“, sagt die Fdp-abgeordnet­e Ria Schröder.

Newspapers in German

Newspapers from Germany