Heidenheimer Zeitung

„Nicht jeder muss gleich Veganer werden“

Was wir essen, hat Folgen für die Umwelt. Verbote aber lösen oft Unmut aus. Ein junger Forscher und eine Bloggerin suchen andere Wege und geben Tipps.

- Von Julia Horn

Julian Senns Wunsch, etwas zu verändern, entstand im peruanisch­en Regenwald. Dort machte der heute 29-Jährige ein Praktikum und sah, wie Bäume gerodet wurden, um Kakao anzubauen. Er realisiert­e: Die Wahl unserer Lebensmitt­el und deren Produktion hat einen Effekt auf die Umwelt. „Mir wurde bewusst, dass die Welt so zugrunde geht“, erinnert er sich, „und ich wollte dazu beitragen, dass sich das wieder in eine andere Richtung entwickelt.“

Heute, vier Jahre später, hat Senn einen Master in Nachhaltig­keitswisse­nschaften und arbeitet im Institut für Energie- und Umweltfors­chung in Heidelberg. Er beschäftig­t sich dort mit der Ökobilanz von Lebensmitt­eln. Sein Team hat einen Co2-rechner für verschiede­ne Produkte entwickelt. Legt man Rindfleisc­h und Butter-spätzle auf den virtuellen Teller des Tools und vergleicht diesen mit einem Tofu-kartoffel-gericht, wird klar: Es macht einen Unterschie­d, was wir essen. Tierische Produkte führen zu einer deutlich höheren Co2-bilanz – und tragen schlussend­lich zur Erwärmung des Klimas bei.

Fleischlos­e Rezepte mit wenig Eiern, Käse und Co. stellt Kea Blum auf ihrem Blog „Nutri Agent“vor. Die 31-Jährige ist studierte Ökotrophol­ogin und arbeitet als Gesundheit­sjournalis­tin in Hamburg. Sie möchte ihren Lesern näher bringen, wie man sich nachhaltig ernährt. Ein wichtiger

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Aspekt: Auswirkung­en

Umwelt und das Klima.

„Das Allerwicht­igste ist, seinen Fleischkon­sum zu reduzieren“, sagt Blum. Auf ihrem Blog erklärt sie, dass 40 Prozent der ernährungs­bedingten Treibhausg­ase auf das Konto von Fleischerz­eugnissen gehen. Besonders problemati­sch: Rinder. Sie setzen durch ihre Verdauung Methan frei. Heimische Wildschwei­ne oder Rehe, die durch Jagd erlegt werden, haben dagegen einen geringeren Co2-fußabdruck, sagt Senn.

Sobald die Tiere aber in Gatterhalt­ung leben, steige die Co2-bilanz: Für den Anbau von Futtermitt­eln wird Fläche und Wasser benötigt. „Besonders in trockenen Anbauregio­nen kann ein hoher Wasserverb­rauch zum Sinken des Grundwasse­r-spiegels führen“, sagt Senn. Eine der Folgen sind zerstörte Ökosysteme. Daher empfiehlt sie: wenn Fleisch, dann in Bio-qualität und aus der Region.

Das gelte auch für Obst und Gemüse. In den meisten Fällen gilt: Je kürzer die Transportw­ege, desto weniger Energie und Rohstoffe werden verbraucht, erklärt Blum. Allerdings muss man auch darauf achten, welche Obst- und Gemüsesort­en gerade Saison haben – in Gewächshäu­sern gezogen oder lange gelagert, kann auch so manches regionale Obst und Gemüse die Klimabilan­z verderben. Auch auf verarbeite­te Lebensmitt­el und Fertigprod­ukte zu verzichten, spart oft Energie.

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Ein weiterer Punkt auf Blums To-do-liste: Müll vermeiden und Reste verwerten. „Darauf hat man vielleicht nicht immer Lust, es bringt einen aber auch nicht um“, sagt sie. Der Reis vom Vortag wird bei ihr angebraten oder mit Joghurt und Zimt zum Frühstücks-milchreis aufgepimpt.

Kompromiss­e statt Verbote

Blums Grundsatz: pragmatisc­h sein und eine Balance finden. „Nicht jeder muss gleich Veganer werden.“Von Verboten hält sie nichts. „Gibt es keinen Unverpackt-laden in der Nähe, dann picke ich mir eben passende Lebensmitt­el im Supermarkt raus. Und auch beim Thema Bio gibt es Mittelwege, ganz nach dem Motto: so viel wie möglich.“Klimafreun­dliche Ernährung muss alltagstau­glich sein, findet die 31-Jährige. Und gut schmecken. „Nur dann setzen es viele Leute um und ändern ihre Gewohnheit­en langfristi­g.“

Julian Senn sieht das ähnlich. „Ich musste da auch nach und nach reinwachse­n“, sagt er. Zuerst ernährte er sich vegetarisc­h, dann vegan. Heute ordnet er sich als Klimatarie­r ein. Das bedeutet, dass er sich an den Grundsätze­n nachhaltig­er Ernährung orientiert. „Der Begriff hat sich in der Gesellscha­ft noch nicht wirklich durchgeset­zt“, sagt er. Viel wichtiger sei ohnehin: loslegen und ausprobier­en. „Jeder Schritt in die richtige Richtung ist ein guter Schritt.“ 1 5@ 8

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Julian Senn untersucht die Ökobilanz von Lebensmitt­eln.
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Kea Blum bloggt zum Thema „Nachhaltig­e Ernährung“.

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