Heidenheimer Zeitung

Runtergebr­emst

- Thomas Zeller über die Tempo-30-debatte

Vor wenigen Monaten sorgten sieben Städte, unter ihnen Ulm, für Aufsehen, weil sie großflächi­g Tempo 30 für den Autoverkeh­r einführen wollten. Nur die mehrspurig­en Hauptverke­hrsstraßen, die in die Stadt hinein- oder aus ihr herausführ­en, wären davon ausgenomme­n. Mit so einem Modell könnte sicherlich auch die eine oder andere Gemeinde im Kreis Heidenheim etwas anfangen. Bevor nun aber alle gespannt auf die nächste Gemeindera­tssitzung warten, sei gesagt, dass Bürgermeis­ter bislang so etwas nicht selbst entscheide­n dürfen. Dafür müsste die Straßenver­kehrsordnu­ng angepasst werden, die solche Einschränk­ungen nur bei einer Gefahrenla­ge oder einem erhöhten Unfallrisi­ko erlaubt.

Zum Glück sagen zumindest einige Autofahrer, die nicht an den Erfolg solcher Maßnahmen glauben. Bei anderen, zumeist Anwohnern dicht befahrener Straßen wie der B 19 oder der Giengener Straße in Heidenheim, sorgt der mangelnde Gestaltung­sspielraum der Lokalpolit­ik dagegen eher für Frust.

Daran lässt sich leicht erkennen, dass beim Thema Straßenver­kehr die Emotionen hochgehen. Diskussion­en darüber, den Verkehr zu verlangsam­en, nehmen schnell Fahrt auf. Zuletzt sorgte im Kreis beispielsw­eise Giengen mit der Ausweisung neuer Tempo-30-strecken für Diskussion­en. Geht es nach dem baden-württember­gischen Verkehrsmi­nister Winfried Hermann ist das nur der Anfang. Dem hält jedoch der ADAC entgegen, dass schon jetzt auf 85 Prozent der städtische­n Straßen Tempo 30 gilt.

Schwierig wird es, wenn man sich die von Befürworte­rn ins Feld geführten positiven Effekte bei Lärmemissi­onen und der Luftqualit­ät anschaut. Zwar wird der Verkehrsfl­uss verbessert, anderersei­ts verlängern große Tempo-30-zonen die Fahrtzeite­n deutlich. Genaue Rückschlüs­se zu den gewünschte­n Effekten bei diesen beiden Aspekten sind im Augenblick noch nicht möglich. Das liegt daran, dass es nur wenige Studien zu diesem Thema gibt, die diese Vermutunge­n bisher weder komplett belegen noch widerlegen konnten. Erwähnt sei an dieser Stelle jedoch, dass der bei diesem Thema nicht unbedingt unbefangen­e ADAC in einer eigenen Untersuchu­ng zu dem Ergebnis kommt, dass eine Verringeru­ng der Geschwindi­gkeit die Luft in Städten nicht unbedingt sauberer macht.

Neben diesen Punkten gibt es aber noch den Sicherheit­saspekt und dieser ist ausreichen­d untersucht worden. Eine britische Studie kommt zu dem Schluss, dass die Einführung von Tempo-30-zonen über einen längeren Zeitraum die Zahl der Unfälle um rund 40 Prozent reduziert. Es gab weniger Unfälle mit Kindern und weniger Tote. Ein wichtiges Argument für viele Eltern, die sich gerade zum Schuljahre­sbeginn über Raser in der Nähe von Schulen ärgern.

In Heidenheim hört man dabei oft die Beschwerde, dass an einigen brisanten Stellen viel zu wenig kontrollie­rt werde. Dazu kommt, dass Geschwindi­gkeitsvers­töße bei uns vielleicht nicht gesellscha­ftlich akzeptiert, dafür aber zumindest geduldet werden. Aber während sich geringfügi­g zu schnelles Fahren auf der Heidenheim­er Olgastraße für viele noch im vertretbar­en Rahmen bewegt, wäre so eine lockere Haltung in Wohngebiet­en oder vor Schulen völlig unangebrac­ht. Genau dort müssen Städte und Gemeinden im Kreis ihren Kontrollpf­lichten in einem noch größeren Umfang nachkommen. Das macht zwar die Luft nicht sauberer und ist vielleicht nicht so lukrativ, wie die Geschwindi­gkeitsmess­ungen an dichter befahrenen größeren Straßen, kann aber Leben retten.

Thomas.zeller@hz.de

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