Runtergebremst
Vor wenigen Monaten sorgten sieben Städte, unter ihnen Ulm, für Aufsehen, weil sie großflächig Tempo 30 für den Autoverkehr einführen wollten. Nur die mehrspurigen Hauptverkehrsstraßen, die in die Stadt hinein- oder aus ihr herausführen, wären davon ausgenommen. Mit so einem Modell könnte sicherlich auch die eine oder andere Gemeinde im Kreis Heidenheim etwas anfangen. Bevor nun aber alle gespannt auf die nächste Gemeinderatssitzung warten, sei gesagt, dass Bürgermeister bislang so etwas nicht selbst entscheiden dürfen. Dafür müsste die Straßenverkehrsordnung angepasst werden, die solche Einschränkungen nur bei einer Gefahrenlage oder einem erhöhten Unfallrisiko erlaubt.
Zum Glück sagen zumindest einige Autofahrer, die nicht an den Erfolg solcher Maßnahmen glauben. Bei anderen, zumeist Anwohnern dicht befahrener Straßen wie der B 19 oder der Giengener Straße in Heidenheim, sorgt der mangelnde Gestaltungsspielraum der Lokalpolitik dagegen eher für Frust.
Daran lässt sich leicht erkennen, dass beim Thema Straßenverkehr die Emotionen hochgehen. Diskussionen darüber, den Verkehr zu verlangsamen, nehmen schnell Fahrt auf. Zuletzt sorgte im Kreis beispielsweise Giengen mit der Ausweisung neuer Tempo-30-strecken für Diskussionen. Geht es nach dem baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann ist das nur der Anfang. Dem hält jedoch der ADAC entgegen, dass schon jetzt auf 85 Prozent der städtischen Straßen Tempo 30 gilt.
Schwierig wird es, wenn man sich die von Befürwortern ins Feld geführten positiven Effekte bei Lärmemissionen und der Luftqualität anschaut. Zwar wird der Verkehrsfluss verbessert, andererseits verlängern große Tempo-30-zonen die Fahrtzeiten deutlich. Genaue Rückschlüsse zu den gewünschten Effekten bei diesen beiden Aspekten sind im Augenblick noch nicht möglich. Das liegt daran, dass es nur wenige Studien zu diesem Thema gibt, die diese Vermutungen bisher weder komplett belegen noch widerlegen konnten. Erwähnt sei an dieser Stelle jedoch, dass der bei diesem Thema nicht unbedingt unbefangene ADAC in einer eigenen Untersuchung zu dem Ergebnis kommt, dass eine Verringerung der Geschwindigkeit die Luft in Städten nicht unbedingt sauberer macht.
Neben diesen Punkten gibt es aber noch den Sicherheitsaspekt und dieser ist ausreichend untersucht worden. Eine britische Studie kommt zu dem Schluss, dass die Einführung von Tempo-30-zonen über einen längeren Zeitraum die Zahl der Unfälle um rund 40 Prozent reduziert. Es gab weniger Unfälle mit Kindern und weniger Tote. Ein wichtiges Argument für viele Eltern, die sich gerade zum Schuljahresbeginn über Raser in der Nähe von Schulen ärgern.
In Heidenheim hört man dabei oft die Beschwerde, dass an einigen brisanten Stellen viel zu wenig kontrolliert werde. Dazu kommt, dass Geschwindigkeitsverstöße bei uns vielleicht nicht gesellschaftlich akzeptiert, dafür aber zumindest geduldet werden. Aber während sich geringfügig zu schnelles Fahren auf der Heidenheimer Olgastraße für viele noch im vertretbaren Rahmen bewegt, wäre so eine lockere Haltung in Wohngebieten oder vor Schulen völlig unangebracht. Genau dort müssen Städte und Gemeinden im Kreis ihren Kontrollpflichten in einem noch größeren Umfang nachkommen. Das macht zwar die Luft nicht sauberer und ist vielleicht nicht so lukrativ, wie die Geschwindigkeitsmessungen an dichter befahrenen größeren Straßen, kann aber Leben retten.
Thomas.zeller@hz.de