Neuer Wein, alte Rechte
Der Landwirt Andreas Wobar vertritt die Interessen der Winzer Brandenburgs. Er setzt sich für Qualität und eine bessere Vermarktung der Weine ein.
Dass es in Brandenburg „Landwein“heißen muss, grämt Andreas Wobar ein wenig. „Landwein“, das klinge immer ein wenig nach minderwertigem Produkt. „Aber die Gesetze sind so“, sagt der promovierte Landwirt und Vorsitzender der Fachgruppe Weinbau des Landes Brandenburg. Mit der Frage werden die Winzer hier oft konfrontiert. Umso größer sei für Kunden die Überraschung, wenn Qualitätswein zum Beispiel mit 94 von 100 Punkten im Glas ist, Qualitätswein aber nicht auf der Flasche stehen darf. Das hat Ursachen: Die Bezeichnung auf dem Etikett ist in das enge Korsett des Weinrechtes gepresst. Im Jahre 2011 wurde die Weinrechtsverordnung des Landes Brandenburg erlassen. Für alle Winzer, die unter dieses Rebrecht fallen, ist die Produktspezifikation „Brandenburger Landwein“verpflichtend. Für Winzer, wie etwa die in Werder (Havel) und in Schlieben, die noch über „alte“Rebrechte verfügen, gilt diese Bestimmung nicht. Das heißt: Wein, der in Südbrandenburg nach den gleichen Kriterien wie ein Qualitätswein hergestellt wird – unter Beachtung von Mindestmostgewicht, Ertragsbegrenzung und anderen Voraussetzungen – muss trotzdem die Bezeichnung „Landwein“tragen. Für den Verbraucher sei das oft verwirrend, Irreführende Bezeichnung weiß Wobar und führe zu dem Vorurteil, Landwein stehe in der Qualitätspyramide ganz unten. Dabei würden die Qualitätsversprechen des neuen Weingesetzes wie „je enger die Herkunft, desto höher die Qualität“ganz besonders in einem Landweingebiet wie Brandenburg zutreffen. Hier kann der Konsument jedem Winzer bei der Arbeit über die Schulter schauen.
Wobar zählt zu den Gründungsmitgliedern der Fachgruppe Weinbau. Von Beruf ist er Diplomagraringenieur und im Haupterwerb betreibt er Landwirtschaft. Als Winzer kümmert er sich um den Erfahrungsaustausch der Kollegen untereinander und legt Wert auf die „Selbstverpflichtung zu einer guten fachlichen Praxis“.
Die Fachgruppe wurde 2013 in Großräschen gegründet und vertritt die Interessen aller weinbautreibenden Betriebe und Vereine. Darin geht es unter anderem um die Entwicklung einer „Route Brandenburger Weinkultur“mit Gastronomen, Hoteliers und Touristikern. Aber auch die Organisation der Brandenburger Jungweinprobe im jährlichen Wechsel in der Region Werder und Lausitz ist Wobar eine Herzensangelegenheit, ebenso wie das Vorbereiten von Weinbaufachtagen.
Heute werden in Brandenburg von etwa Jedes Jahr weitere Pflanzungen
26 Winzern und Vereinen 37,5 Hektar Rebfläche bewirtschaftet. 39 Prozent aller Reben sind PIWIS, pilzwiderständige Sorten. Die Tendenz des Piwi-anbaus sei steigend, weiß Andreas Wobar.
Entsprechend der gesetzlichen Regelungen werden jedes Jahr weitere Neuanpflanzungen genehmigt und bestehende Anlagen im Erwerbsweinbau erweitert. Neuwinzer sehen oftmals durch den Klimawandel ihre Chancen in Brandenburg. Einige Vereine sind jedoch schon an ihre „arbeitswirtschaftlich leistbaren Grenzen gestoßen“, verrät Wobar. Es fehle an Nachwuchs.
Ist der Brandenburger Wein mit den großen Anbaugebieten Deutschlands konkurrenzfähig, kann er mithalten? Was meinen Sie mit „mithalten“, fragt Andreas Wobar. Menge, Preis oder Qualität? Brandenburgs Winzer sind alle Flaschenweinvermarkter und keine Fassweinerzeuger, das heißt, mit großen Mengen und kleinen Preisen kann hier kein Winzer wirtschaftlich arbeiten. Das Preisniveau wird durch unterschiedliche Faktoren gebildet. Kleine Flächen unterliegen höheren Aufwendungen. Lage und Handlese ergeben jedoch gute Qualitäten. Wobar: „Die Frage nach dem Durchhalten stellt sich nicht, wenn der Konsument zunehmend die Art und Weise der Weinerzeugung hinterfragt, wenn er auf Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit Wert legt.“
Und wenn wieder mehr deutsche Weine getrunken werden – dieser Trend hat sich im Corona-jahr 2020 angedeutet – dann ist den Winzern nicht nur in Brandenburg die Zukunft gesichert.