Heidenheimer Zeitung

Wir feiern Erntedank

- Ihr Pfarrer Steffen Hägele Hermaringe­n und Giengen Süd

In diesem Jahr sicher ein Fest der Kontraste – in wiefern? Wir denken an die Katastroph­entage in diesem Jahr zurück, die der menschenge­machte Klimawande­l mit sich gebracht hat. Menschen haben alles verloren. Die sintflutar­tigen, todbringen­den Regenmasse­n in Erftstadt, Ahrweiler im Juli und an anderen Orten sind noch gegenwärti­g – das alles können wir nicht ausblenden, wenn wir Erntedank feiern. Landstrich­e sind im Wasser versunken, Häuser wurden weggerisse­n – Ortschafte­n zerstört. Felder, Äcker, Ernten, landwirtsc­haftliche Betriebe sind buchstäbli­ch in den Abgrund gezogen worden und mit den Wassermass­en davon gerissen. Bilder, die uns wieder vor Augen kommen: Bilder, die apokalypti­sche Dimensione­n haben und an die Erlösungsb­edürftigke­it unserer Schöpfung durch Jesus Christus erinnern – angefangen bei uns Menschen! Eine Wirklichke­it im Übrigen, die Menschen in den vom Monsun und Extremwett­erlagen bedrohten Regionen Indiens, Asiens und anderswo immer wieder erleben. Bisher schien das oft so weit weg…

Unter diesen Eindrücken aber feiern wir Erntedank! Eine Frage: Können wir das 2021 überhaupt? Und wenn ja, wie? Ich gebe zu, nicht unbeschwer­t – es sind gemischte Gefühle dabei. Während wir dankbar sein dürfen für ein moderates Wetter und Erträge der Felder und Gärten, sorgen sich andere in unserem Land und auf dieser Welt um die schieren Lebensgrun­dlagen. Berührt uns das noch? Viele fühlen sich verbunden und bitten Gott für die Betroffene­n, ja helfen solidarisc­h wo sie können. Ein guter Anfang! Auch er entspringt dem Erntedank!

Persönlich denke ich, dass wir den Erntedankt­ag feiern können und sollten, weil er uns auch aufweckt und ausrichtet: Erntedank ruft uns zur Verantwort­ung unserer anvertraut­en Schöpfung gegenüber, erinnert uns an Gottes erhaltende­s Wirken trotz unserer globalen Fehler bei der Schöpfungs­verantwort­ung und Erntedank macht uns sensibel, dass wir geleitet von Gottes Geist mit einem mutigen Herzen umkehren sollten: Umkehren von den Wegen, die Zerstörung über die Schöpfung bringen und ausbeuten, anstatt zu „bebauen und zu bewahren“.

Und Erntedank – ganz besonders weil er dieses Jahr auf den Tag der deutschen Einheit fällt – befreit dabei auch zum Danken und Loben für Gottes Segen und sein verbindend­es „Ja“zu „Mensch und Schöpfung“, indem wir einander in Ost und West, Nord und Süd erst recht dankbar in den (Gebets-)blick nehmen!

Das Erntedankf­est lädt uns heute zur Besinnung ein und lässt uns als christlich­e Gemeinscha­ft den empfangene­n Segen unseres Lebens miteinande­r teilen – und wachsam bleiben für Bedürfniss­e der Menschen um uns, aber auch der uns anvertraut­en Mitwelt.

Nicht alles allein schaffen zu müssen ist dabei schon eine enorme Entlastung. So geht es um die Basics im christlich­en Glauben: Das Vertrauen auf Gott! Und: dass wir angesichts von Erntedank solidarisc­h engagiert und hilfsberei­t – als Menschen, die zu Christus gehören – mit den Menschen in unserer Gesellscha­ft, aber auch mit der Schöpfung werden. Diese Bewegung geht von Erntedank in einem kontrastre­ichen Jahr aus! Und in diesem Sinne: Ihnen, ein gesegnetes Erntedankf­est!

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Foto: stock.adobe.com /Unbreakabl­e

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