Wir feiern Erntedank
In diesem Jahr sicher ein Fest der Kontraste – in wiefern? Wir denken an die Katastrophentage in diesem Jahr zurück, die der menschengemachte Klimawandel mit sich gebracht hat. Menschen haben alles verloren. Die sintflutartigen, todbringenden Regenmassen in Erftstadt, Ahrweiler im Juli und an anderen Orten sind noch gegenwärtig – das alles können wir nicht ausblenden, wenn wir Erntedank feiern. Landstriche sind im Wasser versunken, Häuser wurden weggerissen – Ortschaften zerstört. Felder, Äcker, Ernten, landwirtschaftliche Betriebe sind buchstäblich in den Abgrund gezogen worden und mit den Wassermassen davon gerissen. Bilder, die uns wieder vor Augen kommen: Bilder, die apokalyptische Dimensionen haben und an die Erlösungsbedürftigkeit unserer Schöpfung durch Jesus Christus erinnern – angefangen bei uns Menschen! Eine Wirklichkeit im Übrigen, die Menschen in den vom Monsun und Extremwetterlagen bedrohten Regionen Indiens, Asiens und anderswo immer wieder erleben. Bisher schien das oft so weit weg…
Unter diesen Eindrücken aber feiern wir Erntedank! Eine Frage: Können wir das 2021 überhaupt? Und wenn ja, wie? Ich gebe zu, nicht unbeschwert – es sind gemischte Gefühle dabei. Während wir dankbar sein dürfen für ein moderates Wetter und Erträge der Felder und Gärten, sorgen sich andere in unserem Land und auf dieser Welt um die schieren Lebensgrundlagen. Berührt uns das noch? Viele fühlen sich verbunden und bitten Gott für die Betroffenen, ja helfen solidarisch wo sie können. Ein guter Anfang! Auch er entspringt dem Erntedank!
Persönlich denke ich, dass wir den Erntedanktag feiern können und sollten, weil er uns auch aufweckt und ausrichtet: Erntedank ruft uns zur Verantwortung unserer anvertrauten Schöpfung gegenüber, erinnert uns an Gottes erhaltendes Wirken trotz unserer globalen Fehler bei der Schöpfungsverantwortung und Erntedank macht uns sensibel, dass wir geleitet von Gottes Geist mit einem mutigen Herzen umkehren sollten: Umkehren von den Wegen, die Zerstörung über die Schöpfung bringen und ausbeuten, anstatt zu „bebauen und zu bewahren“.
Und Erntedank – ganz besonders weil er dieses Jahr auf den Tag der deutschen Einheit fällt – befreit dabei auch zum Danken und Loben für Gottes Segen und sein verbindendes „Ja“zu „Mensch und Schöpfung“, indem wir einander in Ost und West, Nord und Süd erst recht dankbar in den (Gebets-)blick nehmen!
Das Erntedankfest lädt uns heute zur Besinnung ein und lässt uns als christliche Gemeinschaft den empfangenen Segen unseres Lebens miteinander teilen – und wachsam bleiben für Bedürfnisse der Menschen um uns, aber auch der uns anvertrauten Mitwelt.
Nicht alles allein schaffen zu müssen ist dabei schon eine enorme Entlastung. So geht es um die Basics im christlichen Glauben: Das Vertrauen auf Gott! Und: dass wir angesichts von Erntedank solidarisch engagiert und hilfsbereit – als Menschen, die zu Christus gehören – mit den Menschen in unserer Gesellschaft, aber auch mit der Schöpfung werden. Diese Bewegung geht von Erntedank in einem kontrastreichen Jahr aus! Und in diesem Sinne: Ihnen, ein gesegnetes Erntedankfest!