Signale stehen auf Mut
Beim Reformtreffen spricht sich Mehrheit für tiefgreifende Änderungen aus. Ein Bischof verstört mit Polemik.
Frankfurt. Die Aufbruchsstimmung ist verfolgen. „Ich bin mit mehr Wut als Liebe, mehr Verzweiflung als Hoffnung gekommen.“Gudrun Lux, eine junge Frau aus München, gibt die Stimmung wieder, mit der viele zur zweiten Synodalversammlung der katholischen Kirche nach Frankfurt gereist sind. Entscheidungen aus Rom haben verstört. Papst Franziskus hat den Rücktritt von Bischöfen abgelehnt, die Fehler im Umgang mit Gewaltverbrechen an Kindern begangen haben. Was muss geschehen, bis in der katholischen Kirche Kleriker persönliche Verantwortung übernehmen können? Und wie verfestigt sind die „toxischen Strukturen“, wie Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken, formuliert, die die Verbrechen und ihre Vertuschung ermöglichten?
Drei Jahre nach jener Studie, die systemische Ursachen für die Gewaltverbrechen benannte, hält die Aufarbeitung der Gewaltverbrechen die katholische Kirche in Atem. Nicht nur Machtstrukturen stehen auf dem Prüfstand, auch das Priesterbild, die fehlende Beteiligung von Laien, die Ausgrenzung von Frauen, die kirchliche Sexualmoral.
Über all das haben sich Laien und Kleriker die Köpfe zerbrochen. Papiere wurden geschrieben. In Frankfurt wurden sie erstmals öffentlich beraten und mit Abstimmungen einem Stimmungstest unterstellt. Das endgültige Votum erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Offen bleibt damit, was von den Überlegungen am Ende von einer zwei Drittel-mehrheit der 230 Delegierten und einer zwei Drittel-mehrheit der Bischöfe mitgetragen wird.
Die Signale stehen auf Mut: So erhielt ein Grundsatzpapier, das Gewaltenteilung auf allen Ebenen fordert, mehr Mitsprache der Basis bei der Berufung von Amtsträgern und die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern, eine breite Mehrheit. Nur eine stabile Minderheit von rund 30 der 200 Delegierten sprach sich gegen die Vorstöße aus. Wie viele davon Bischöfe sind, wird die Schlussabstimmung zeigen.
Der Regensburger Bischof Rudolf Vorderholzer unterstellt den Reformwilligen eine Instrumentalisierung der Missbrauchsverbrechen für eine Neuausrichtung der katholischen Kirche und beklagt eine „dogmatische Überhöhung der Mhg-studie“. Vorderholzer, dann noch einmal polemisch: „Ich lehne das unfehlbare Lehramt der Betroffenen ab.“Da stockte nicht nur den Vertretern des Betroffenenbeirates der Bischofskonferenz der Atem.
„Wir schulden es den Opfern, dass sich etwas ändert“, sagt die Ordensfrau Philippa Rath. Doch mit demokratischen Beschlüssen lässt sich die Struktur der katholischen Kirche nicht ändern. Immer wieder ist daher von einer „Selbstverpflichtung der Bischöfe“die Rede. Sicher scheint, dass der Synodale Prozess wegen der komplizierten Themen in die Verlängerung geht, bis ins Jahr 2023.