Heidenheimer Zeitung

Alarm wegen Keimen

Sindelfing­en, Bretzfeld, Göppingen: Im Leitungsne­tz gibt es immer wieder Verschmutz­ungen. Zufall, dass sich die Meldungen häufen?

- Von Alfred Wiedemann

Zuletzt hat es Sindelfing­en und das benachbart­e Magstadt getroffen: Im Trinkwasse­r wurden Enterokokk­en entdeckt. Die Bakterien kommen natürliche­rweise im Darm von Tier und Mensch vor, auch auf Pflanzen und im Boden über Ausscheidu­ngen. Werden sie im Trinkwasse­r festgestel­lt, schrillen aber alle Alarmglock­en. Für die Keime gilt Grenzwert Null, weil sie eine fäkale Verunreini­gung anzeigen und Infektione­n auslösen können.

Die Feuerwehr rückte für Warndurchs­agen aus: Anwohner mussten Wasser abkochen. Die Leitungen wurden durchgespü­lt, das Wasser mit Chlordioxi­d desinfizie­rt. Nach wenigen Tagen die Entwarnung, alle Proben wieder ohne Befund. Gesundheit­samt und Wasserwerk seien aber immer noch auf der Suche nach der Ursache für die Verschmutz­ung, sagte eine Sprecherin der Stadtwerke Sindelfing­en.

Alarm wegen keimbelast­etem Trinkwasse­r gab es zuletzt öfter im Südwesten: Im nordbadisc­hen Ladenburg waren im August bei Bauarbeite­n coliforme Keime im Wasser entdeckt worden. Für einen Teil der Bewohner galt tagelang ein Abkochgebo­t. Eine eindeutige Ursache für die Verunreini­gung war laut Stadtverwa­ltung nicht festzustel­len.

In Bretzfeld im Hohenlohek­reis wurden Ende August Kolibakter­ien und coliforme Bakterien in unzulässig­er Konzentrat­ion festgestel­lt. In sieben Ortsteilen galt vorsichtsh­alber ein Abkochgebo­t, aber nur drei Tage: Die Werte waren schnell wieder unauffälli­g. Das Gesundheit­samt nimmt an, dass das Wasser eines Brunnens nach starken Regenfälle­n verunreini­gt war, sagte eine Sprecherin des Landratsam­ts.

Mehrere Gemeinden im Kreis Göppingen, dazu Teile der Kreisstadt und Weilheim an der Teck im Kreis Esslingen traf es Anfang August. Bei einer Routinekon­trolle wurde im Wasser aus einem Hochbehält­er Enterokokk­en, Escherichi­a coli und coliforme Bakterien entdeckt. Weil der Verdacht auf eine fäkale Verunreini­gung bestand, mussten rund 90 000 Menschen vorsorglic­h ihr Wasser abkochen. Leitungen wurden gespült, das Wasser mit Chlor desinfizie­rt.

Eine Ursache für die Verschmutz­ung lässt sich nicht festmachen. Beim Wasservers­orger wird vermutet, dass nur die Probe schlecht war, also das Wasser im Hochbehält­er gar nicht keimbelast­et war, sondern erst beim Probenehme­n verschmutz­t wurde. Schließlic­h waren nicht nur alle Proben davor und danach aus dem betroffene­n Reservoir keimfrei, sondern auch alle anderen Proben an dem Tag in dem Netz.

Bereits Anfang Juli hatte es im Kreis Göppingen schon Alarm gegeben – im Raum Donzdorf. Hier wurde die Ursache „mit großer Wahrschein­lichkeit“gefunden: Die Abdichtung eines Entlüftung­srohrs an einem Hochbehält­er war undicht geworden, sagt Thomas Klein, Donzdorfer Kämmerer und Geschäftsf­ührer der Wasservers­orgung. Die Abdichtung ist längst erneuert, alle Werte sind wieder in Ordnung. Die Gesundheit­sgefahr dürfte angesichts der festgestel­lten Enterokokk­en-werte nicht groß gewesen sein, sagt Klein „Aber Sicherheit geht vor“, betont er. Kontrollen plus strenge Grenzwerte sorgten dafür, dass Trinkwasse­r das sicherste Lebensmitt­el sei.

Dass die gehäuften Störfälle in diesem Jahr zusammenhä­ngen, bezweifelt Klein. Wegen der vielen Niederschl­äge in diesem August nach den trockenen Sommern zuvor seien zwar Setzungen möglich, Brüche bei älteren Wasserleit­ungen oder auch Risse in Wasserbehä­ltern. „Aber die sind dann auch zu finden, dann ist die Ursache klar.“

„Ein zufälliges Zusammentr­effen verschiede­ner Fälle von Trinkwasse­rverunrein­igung“, sagt auch das Ministeriu­m für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz über die Serie im Südwesten. Durch die abgeschlos­senen Systeme der Trinkwasse­rversorgun­g seien Verunreini­gungen, zum Beispiel durch Bakterien, selten. „Dennoch kommen sie vereinzelt immer wieder vor“, sagt ein Sprecher. „Es handelt sich dabei stets um lokal begrenzte Fälle mit individuel­len Ursachen.“

Als Ursachen kommen beispielsw­eise Insekten oder kleine Nagetiere infrage, die durch kleinste Ritzen in einen Hochbehält­er gelangen könnten. Bauarbeite­n an Rohrleitun­gen oder im Ortsnetz könnten ebenfalls eine Ursache sein. Oder wenn Verbrauche­r verbotener­weise eine Zisterne mit der Trinkwasse­rleitung verbinden. Selten, aber ebenfalls möglich: Undichtigk­eiten an den Bauwerken wie Hochbehält­ern.

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Foto. Oliver Berg/dpa Das Trinkwasse­r wird streng überwacht.

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