Alarm wegen Keimen
Sindelfingen, Bretzfeld, Göppingen: Im Leitungsnetz gibt es immer wieder Verschmutzungen. Zufall, dass sich die Meldungen häufen?
Zuletzt hat es Sindelfingen und das benachbarte Magstadt getroffen: Im Trinkwasser wurden Enterokokken entdeckt. Die Bakterien kommen natürlicherweise im Darm von Tier und Mensch vor, auch auf Pflanzen und im Boden über Ausscheidungen. Werden sie im Trinkwasser festgestellt, schrillen aber alle Alarmglocken. Für die Keime gilt Grenzwert Null, weil sie eine fäkale Verunreinigung anzeigen und Infektionen auslösen können.
Die Feuerwehr rückte für Warndurchsagen aus: Anwohner mussten Wasser abkochen. Die Leitungen wurden durchgespült, das Wasser mit Chlordioxid desinfiziert. Nach wenigen Tagen die Entwarnung, alle Proben wieder ohne Befund. Gesundheitsamt und Wasserwerk seien aber immer noch auf der Suche nach der Ursache für die Verschmutzung, sagte eine Sprecherin der Stadtwerke Sindelfingen.
Alarm wegen keimbelastetem Trinkwasser gab es zuletzt öfter im Südwesten: Im nordbadischen Ladenburg waren im August bei Bauarbeiten coliforme Keime im Wasser entdeckt worden. Für einen Teil der Bewohner galt tagelang ein Abkochgebot. Eine eindeutige Ursache für die Verunreinigung war laut Stadtverwaltung nicht festzustellen.
In Bretzfeld im Hohenlohekreis wurden Ende August Kolibakterien und coliforme Bakterien in unzulässiger Konzentration festgestellt. In sieben Ortsteilen galt vorsichtshalber ein Abkochgebot, aber nur drei Tage: Die Werte waren schnell wieder unauffällig. Das Gesundheitsamt nimmt an, dass das Wasser eines Brunnens nach starken Regenfällen verunreinigt war, sagte eine Sprecherin des Landratsamts.
Mehrere Gemeinden im Kreis Göppingen, dazu Teile der Kreisstadt und Weilheim an der Teck im Kreis Esslingen traf es Anfang August. Bei einer Routinekontrolle wurde im Wasser aus einem Hochbehälter Enterokokken, Escherichia coli und coliforme Bakterien entdeckt. Weil der Verdacht auf eine fäkale Verunreinigung bestand, mussten rund 90 000 Menschen vorsorglich ihr Wasser abkochen. Leitungen wurden gespült, das Wasser mit Chlor desinfiziert.
Eine Ursache für die Verschmutzung lässt sich nicht festmachen. Beim Wasserversorger wird vermutet, dass nur die Probe schlecht war, also das Wasser im Hochbehälter gar nicht keimbelastet war, sondern erst beim Probenehmen verschmutzt wurde. Schließlich waren nicht nur alle Proben davor und danach aus dem betroffenen Reservoir keimfrei, sondern auch alle anderen Proben an dem Tag in dem Netz.
Bereits Anfang Juli hatte es im Kreis Göppingen schon Alarm gegeben – im Raum Donzdorf. Hier wurde die Ursache „mit großer Wahrscheinlichkeit“gefunden: Die Abdichtung eines Entlüftungsrohrs an einem Hochbehälter war undicht geworden, sagt Thomas Klein, Donzdorfer Kämmerer und Geschäftsführer der Wasserversorgung. Die Abdichtung ist längst erneuert, alle Werte sind wieder in Ordnung. Die Gesundheitsgefahr dürfte angesichts der festgestellten Enterokokken-werte nicht groß gewesen sein, sagt Klein „Aber Sicherheit geht vor“, betont er. Kontrollen plus strenge Grenzwerte sorgten dafür, dass Trinkwasser das sicherste Lebensmittel sei.
Dass die gehäuften Störfälle in diesem Jahr zusammenhängen, bezweifelt Klein. Wegen der vielen Niederschläge in diesem August nach den trockenen Sommern zuvor seien zwar Setzungen möglich, Brüche bei älteren Wasserleitungen oder auch Risse in Wasserbehältern. „Aber die sind dann auch zu finden, dann ist die Ursache klar.“
„Ein zufälliges Zusammentreffen verschiedener Fälle von Trinkwasserverunreinigung“, sagt auch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz über die Serie im Südwesten. Durch die abgeschlossenen Systeme der Trinkwasserversorgung seien Verunreinigungen, zum Beispiel durch Bakterien, selten. „Dennoch kommen sie vereinzelt immer wieder vor“, sagt ein Sprecher. „Es handelt sich dabei stets um lokal begrenzte Fälle mit individuellen Ursachen.“
Als Ursachen kommen beispielsweise Insekten oder kleine Nagetiere infrage, die durch kleinste Ritzen in einen Hochbehälter gelangen könnten. Bauarbeiten an Rohrleitungen oder im Ortsnetz könnten ebenfalls eine Ursache sein. Oder wenn Verbraucher verbotenerweise eine Zisterne mit der Trinkwasserleitung verbinden. Selten, aber ebenfalls möglich: Undichtigkeiten an den Bauwerken wie Hochbehältern.