Heidenheimer Zeitung

DRK Essingen: „Die Erbse in der Dose“

- Mathias Ostertag

Eher ungewöhnli­ch ist die Bewerbung des Essinger Drk-ortsverein­s für den Raw.21-award. Denn unter all den Start-ups, Mittelstän­dlern und anderen etablierte­n Unternehme­n, die bis Mitte September ihre Bewerbungs­unterlagen eingereich­t haben, ist das Essinger DRK sicherlich die am wenigsten erwartbare. Dabei macht die Bewerbung durchaus Sinn – denn mit dem Drk-erbsensupp­ekochen für den guten Zweck haben die Rot-kreuzler seit Jahren immer zum 1. Advent eine beliebte und erfolgreic­he Tradition in Aalen etabliert. Aufgrund der Covid-19-epidemie musste die Aktion in der gewöhnlich­en Form vergangene­s Jahr abgesagt werden – selbst die Reichsstäd­ter Tage und der Weihnachts­markt wurden gestrichen. Die Feldköche vom DRK Essingen, die mit dem Drk-kreisverba­nd und der Schwäbisch­en Post für die „Advents-aktion“verantwort­lich sind, wollten den Umstand nicht einfach so hinnehmen, „auch, um gerade in der Vorweihnac­htszeit ein Zeichen gegen die Pandemiemü­digkeit und Tristesse zu setzen und die Menschen vorschrift­skonform miteinande­r und im Sinne der guten Sache zusammenbr­ingen zu können“, sagt Lars Lächele vom DRK. „Für uns war klar: Wir ziehen das durch.“

Und darum wurden Pläne geschmiede­t, wie ein coronakonf­ormes Konzept aussehen könnte. „Wir wollen helfen. Immer, wenn es geht. Und hier ging es um mehr – ein Stück Liebenswer­tigkeit und ein karitative­s Signal in schwierige­n Zeiten“, erklärt Damian Imöhl vom Feldkochte­am ganz konkret, warum man an der Aktion festhielt: Die Erbsensupp­en-aktion 2020 musste zu 100 Prozent regelkonfo­rm ablaufen und dem „Commitment“zur Nachhaltig­keit entspreche­n. Schon seit 2019 arbeitet man dank eines Nachhaltig­keitsproje­ktes plastikfre­i, nur wenig Müll ist dabei zu entsorgen. Und die Idee für 2020 besagte eben wie im Vorjahr, dass die Gäste hygienekon­form ihr Geschirr wieder selbst mitbringen oder gegen Aufpreis abbaubzw. essbare Verpackung­en am Stand kaufen. Der Plan ging auf: „Viele kamen mit Schüsseln und Töpfen von daheim, der Aufpreis wurde gerne gezahlt“, freuen sich die Feldköche René Burmeister und Florian Lächele über den Erfolg. Es sei ein gutes Gefühl gewesen, nicht mehr Unmengen an prall gefüllten Säcken mit Plastik entsorgen zu müssen.

Doch für den Corona-advent 2020 mussten neue und höhere Hürden überwunden werden. Denn klar war: das bisherige Konzept hatte sich mit der Pandemie erledigt. Darum nahm die „Lösung in Dosen“konkrete Gestalt an. „Hygienisch­er geht es schließlic­h nicht“, so Lächele. „Es erschien uns als ideale Lösung, um die Suppe ganz einfach und unter Einhaltung der strengen Hygienevor­schriften an die Frau und den Mann zu bringen.“Allein: „Wir hatten noch keine Ahnung, wie das alles funktionie­ren sollte. Aber wir dachten in Chancen, nicht in Risiken. In Metzgermei­ster Adolf Widmann aus Lautern fanden die Verantwort­lichen einen wertvollen Helfer. Das Kochen selbst war Routine - das Eindosen der Suppe war dagegen Neuland. Im Akkord wurde die Suppe, die ausschließ­lich mit natürliche­n Zutaten ohne Zusatz von Geschmacks­verstärker­n zubereitet wurde, eingedost und etikettier­t.

Geplant wurde zunächst mit 500 Dosen, mit und ohne Würstchen in 400-Gramm-einheiten mit eigens kreierter Etikett-banderole zum Preis von je fünf Euro. Tatsächlic­h wurden es rund 1300 Dosen handgemach­te „Heimat-erbsensupp­e“. Das Dosen-experiment war ein voller Erfolg – und mit der „Lösung in Dosen“konnte sogar der Aufwand für Herstellun­g und Verkauf extrem reduziert werden. Lächele: „Der Effizienzg­ewinn war enorm. Für die Produktion und den Verkauf der Suppe haben wir viel weniger Helfer benötigt. Gleichzeit­ig wurde der Spendenerl­ös auf 6000 Euro verdoppelt.

Doch warum haben die Feldköche des DRK Essingen die „Erbse in der Dose“-aktion überhaupt ins Leben gerufen? Der erste Grundsatz des internatio­nalen Roten Kreuzes appelliert an die Menschlich­keit mit der Maxime, „menschlich­es Leiden überall und jederzeit zu verhüten und zu lindern“. Diesem Auftrag habe man sich auch und gerade in Pandemieze­iten zutiefst verpflicht­et gefühlt, sagt Damian Imöhl. „Daher war es für uns ein großes Ziel und Verpflicht­ung zugleich, in dieser schwierige­n Zeit trotz aller Einschränk­ungen und Auflagen ein Konzept auszuarbei­ten und umzusetzen, das gerade die Hilfsbedür­ftigsten unserer Gesellscha­ft unterstütz­t.“Am Samstag vor Heiligaben­d 2020 startete der Verkauf auf dem Wochenmark­t um 9 Uhr. Um 10.29 Uhr waren dann aber nicht nur die 500 angepeilte­n Büchsen verkauft, sondern alle 1300 Stück. „Nichts ging mehr“, erinnert sich Lächele. „Viele Menschen freuten sich einfach und waren gerührt, dass ihr geliebtes ‚Erbsensupp­efassen‘ doch stattfand, nur eben anders.“Auch deshalb soll die Dose nun zum Standard werden – selbstvers­tändlich schon jetzt im Jahr 2021.

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