Mehr Mobilität bei weniger Autoverkehr
Unsere Region Ostwürttemberg wächst seit vielen Jahren und ist im „Ländle“ein attraktiver und prosperierender Wirtschaftsstandort. Und mit dem stetigen Wirtschaftswachstum geht augenscheinlich auch ein Zuwachs an Arbeitsplätzen, Bewohnern, Pendlern und Studenten auf der Ostalb einher. Dieses Wachstum wirft die dringliche Frage auf, welche Antworten wir in der Region Ostwürttemberg auf den wachsenden Verkehr haben.
Denn Realität ist, dass immer mehr Bürger gegen Staus und schlechte Luftqualität rebellieren und lautstark mehr Lebensqualität in ihrem Wohnumfeld von der Politik allgemein und ihren Kommunen ganz besonders fordern. Um Mobilität und Verkehr langfristig auf eine ökologisch tragfähige Basis zu stellen, brauchen wir die gesellschaftliche Bereitschaft, sich auch für neue innovative Verkehrswege und Mittel zu öffnen und diese in einem strategischen Masterplan Schritt für Schritt vor Ort und in der Region umsetzen.
Ein Blick auf die Verkehrsströme in der Region macht den Ärger der Bürger sowie die Forderung nach verkehrlicher Entlastung am Beispiel der drei großen Kreisstädte deutlich. So hat die Stadt Heidenheim gegenwärtig circa 15 000 Einpendler täglich und circa 17 000 Auspendler, die Stadt Aalen circa 20 000 Einpendler und circa 12 000 Auspendler täglich und die Stadt Schwäbisch Gmünd 12 000 Einpendler und circa 19 000 Auspendler täglich.
Allein in den letzten 15 Jahren hatten wir in diesen drei Städten eine 30-prozentige Zunahme an Einpendlern bzw. fasst 40-prozentige Zunahme an Auspendlern. Die Kernfrage lautet nun: Wie kommen wir von der verkehrlichen Belastung zur Entlastung?
Um Verlagerungspotenziale zu bekommen, ist wohl als Erstes ein gemeinsamer politischer Wille die Grundvoraussetzung. Dabei kommt dem öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) eine zentrale Schlüsselrolle zu. Den Pendlern müsste dafür ein kostenloses Jobticket angeboten werden. Ebenso sollte der gezielte Ausbau von Park-+-rideplätzen eine interkommunale Aufgabe sein, um Umsteigeeffekte zugunsten des ÖPNV zu bekommen und die Nutzung des Autos in diesem Bereich zu verringern.
Mehr Anreize und Angebote als Gebote und Verbote sollten auch Senioren ansprechen. Denn gerade ältere Menschen nutzen doch gerne die Möglichkeit mit Bus und Bahn eigenständig sicher und flexibel unterwegs zu sein. Mit einem kostenlosen „Ostalb–pass“könnten Führerschein-abgeber das Öpnv-fahrangebot nutzen und damit zu einer verkehrlichen Entlastung beitragen. Auch Rentner könnten mit einem kostenlosen Senioren-pass einbezogen werden.
Die Politik muss endlich den Mut haben, den Lkw-gütertransport von der Straße verstärkt und schrittweise auf die Schiene zu verlagern. Ja, in diesem Zusammenhang muss auch das bürokratische Planungsund Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Wir müssen heute und nicht erst morgen die Verkehrsströme neu justieren, damit wir lebenswerte Städte und Gemeinden erhalten können.
Denn wer unsere Straßen entlasten will, muss im Kleinen beginnen um Großes zu bewirken. Dazu gehört auch, dass starre Arbeitszeitreglungen durch flexible Modelle abgelöst werden. Neue Konzepte wie Car- und Ridesharing könnten umweltschonende Mobilität leisten. Bei Ridesharing wird etwa per App das Fahrziel angegeben und das Fahrzeug nimmt dann auf dem Weg dorthin weitere Fahrgäste mit, die in dieselbe oder eine ähnliche Fahrtrichtung wollen. In diesem Zusammenhang ist auch die Schaffung eines leistungsfähigen, eigenständigen Radwegenetzes mit einzubeziehen.
Ein verändertes Mobilitätsverhalten muss neben dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit unserer exportorientierten heimischen Wirtschaft auch die Interessen und Bedürfnisse der Bürgerschaft wahren und einbeziehen. Dabei kann das Motto nur lauten: Mehr Mobilität bei weniger Autoverkehr.