Angst vor der Abschiebung
Der Afghane Mahdi H. ist als unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland gekommen. Nun steht er kurz vor Abschluss seiner Ausbildung. Was dann?
Mit 17 Jahren kam Mahdi H. im November 2014 nach Deutschland. Heute ist der Afghane 24 Jahre alt und befindet sich in Stuttgart im letzten Lehrjahr zum Elektrotechniker. „Mitte Oktober mache ich die Theorie-prüfungen, die praktischen sind im Februar“, sagt er. Doch seit die Taliban im August Afghanistan komplett zurückerobert haben, kann der Auszubildende – so erzählt er – „nicht mehr richtig denken, nicht mehr schlafen“. „Mir geht es schlecht. Ich fühle mich so hilflos.“
Mahdi H. und seine Familie gehören zu den Hazara, eine schiitische Minderheit, die in Afghanistan seit langer Zeit von der sunnitischen Mehrheit unterdrückt wird. In der Provinz Maidan Wardak sei er „mit Krieg und Bomben aufgewachsen“. Taliban und andere Radikale würden bis heute Krankenhäuser, Mädchenschulen und Moscheen der Hazara bombardieren. „Die Taliban sagen, wir kämen aus der Mongolei und sollten dorthin zurückgehen.“
Als Mahdi H. noch ein Kind war, forderten die Taliban außerdem von jeder Familie mindestens einen Sohn als Kämpfer für den Dschihad. „Sie nahmen Kinder einfach mit, schickten sie nach Pakistan und erzogen sie dort zu Kämpfern“, berichtet der 24-Jährige. Er entging diesem
Schicksal: Sein Onkel nahm den Jungen mit in den Iran. Doch weil sie kein Visum hatten, wurden sie nach mehreren Jahren nach Afghanistan abgeschoben.
Andere Kinder wurden Kämpfer – und regieren nun Afghanistan. „Sie haben nie im Leben einen Fernseher gesehen, nie einen Kindergarten“, sagt Mahdi. Dass die Taliban wieder an der Macht sind, erschüttert ihn zutiefst. Seine Familie lebt in Kabul in großer Angst. „Sie fürchtet sich, das Haus zu verlassen“, sagt er. Dabei studieren zwei seiner Schwestern IT und Physiotherapie. Ein Bruder geht in die zehnte Klasse, eine Schwester in die achte. Vor allem die Mutter und seine Schwestern befürchten, bald sämtliche Rechte zu verlieren und sich nicht mehr selbständig bewegen zu können. „Dabei ist Kabul noch relativ sicher, weil dort die ausländische Presse ist. Das Schlimmste passiert außerhalb der Städte“, betont der Flüchtling.
Aus Mahdis Erzählung spricht Verbitterung: „ Wir haben der afghanischen
Flüchtling und Auszubildender
Politik vertraut. Alles hätte besser werden können. Nun sind die Verantwortlichen mit Pass und Visum ausgereist. Die armen Leute sind zurückgeblieben, genauso die Polizisten, die bis vor kurzem für die neue Ordnung sorgten, und die Mädchen, die zur Schule gehen
Was wird aus ihnen?“
Seit 40 Jahren ist in seiner Heimat Krieg. „Warum müssen wir so leben? Wir sind doch auch Menschen“, klagt der junge Afghane. Mutige Menschen hätten in letzter Zeit auf der Straße protestiert. Auch Frauen seien für ihre Rechte auf die Straße gegangen. Das sei lebensgefährlich, sagt er. „Ich habe gehört, dass diese Frauen von den Taliban verhaftet werden und niemand weiß, was mit ihnen passiert.“
Offen ist auch seine Zukunft. Wird er irgendwann nach Afghanistan zurückkehren müssen? Mahdi H. hat nur eine befristete Ausbildungsduldung. „Ich habe Alpträume, dass ich meine Prüfungen nicht schaffe. Dann endet meine Duldung und ich kann abgeschoben werden“, fürchtet er. Viele hätten diese Angst.
Die Taliban haben bereits signalisiert, mit Deutschland zusammenarbeiten zu wollen. Wenn es so kommt, könnte Afghanistan womöglich bald wieder als sicheres Herkunftsland gelten, so Maghdis Furcht. „Was passiert mit mir, wenn sie mich wieder zurückschicken?“Deutschland müsse „einen richtigen Weg finden. Es sollte keine Terroristen unterstützen. „Erst wenn Krieg und Terror enden, muss niemand mehr seine Heimat verlassen. Deshalb wünsche ich mir Frieden! Das wünsche ich so sehr.“
konnten.
Erst wenn
Krieg und Terror enden, muss niemand mehr seine Heimat verlassen.
Mahdi H.