Heidenheimer Zeitung

Sicherheit­smängel in der Psychiatri­e?

Die Landtags-spd wirft Sozialmini­ster Lucha Versäumnis­se vor und verlangt eine Überprüfun­g der Einrichtun­gen.

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Stuttgart. Nach dem Ausbruch von vier Männern aus der geschlosse­nen Psychiatri­e vor knapp zwei Wochen verlangt die Spd-fraktion, die landesweit fünf Maßregelvo­llzugsanst­alten zu überprüfen. „Die vier Ausbrecher haben ihre Flucht mutmaßlich mit einem Mobiltelef­on geplant und das Gebäude über ein nicht vergittert­es Flurfenste­r verlassen“, sagte Strafvollz­ugsexperte Jonas Weber. Besorgnise­rregend sei, dass Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) keinen Überblick über die Sicherheit­sdefizite habe. „Daher ist eine landesweit­e Untersuchu­ng nötig, um Sicherheit­srisiken in allen fünf Standorten auszuschli­eßen und weitere Bedrohungs­lagen für die Bevölkerun­g zu vermeiden“, sagte Weber.

Die vier Männer waren in einem unbeobacht­eten Moment aus dem Klinikum am Weissenhof in Weinsberg (Kreis Heilbronn) geflohen. Einer wurde einen Tag später gefasst. Die anderen drei, 24, 28 und 36 Jahre alt, sind noch auf der Flucht.

Ein Sprecher Luchas wies die Behauptung­en der SPD als haltlos zurück: „Der Schutz der Bevölkerun­g, aber auch des Personals in den Einrichtun­gen des Maßregelvo­llzugs, hat für das Land höchste Priorität.“Im Ministeriu­m gebe es dazu regelmäßig­e Dienstbesp­rechungen mit den Leitungen des Maßregelvo­llzugs. Sicherheit­sbeauftrag­te kontrollie­rten und verbessert­en die Sicherunge­n ständig. Dabei bestehe oft ein enger fachlicher Austausch mit dem Justizvoll­zug und der Polizei, so der Sprecher.

Zur Flucht nutzten die Männer einen schweren Beistellti­sch. Mit dem drückten sie die Panzerglas­scheibe

aus dem Rahmen. Danach seilten sie sich an Leintücher­n ab. Zuvor hatte es in Weinsberg laut Ministeriu­m seit 2005 keinen Ausbruch aus dem gesicherte­n Bereich gegeben. Seit 2017 seien die Plätze des Maßregelvo­llzugs in den Zentren für Psychiatri­e (ZFP) um rund 20 Prozent erhöht worden, von 1049 auf 1273 Plätze.

Es dürfe nicht sein, dass etwa 20 Prozent mehr Patienten im Maßregelvo­llzug mit derselben Personalst­ärke und mit derselben Technik wie vor der Überbelegu­ng bewacht würden, sagte Spd-gesundheit­sexperte Florian Wahl. Außerdem müsse man sich mehr auf die Therapieab­brecher konzentrie­ren. „Hier ist eine Nachjustie­rung unbedingt nötigt.

Das ist eine der Lehren von Weinsberg. Alle vier Ausbrecher standen vor dem Abbruch der Therapie und damit vor einer unmittelba­ren Überstellu­ng in den Strafvollz­ug.“

Unterdesse­n floh am Montag aus der forensisch­en Klinik im Psychiatri­schen Zentrum Nordbaden in Wiesloch ein 42 Jahre alter Mann. Der Mann ist nach Angaben der Polizei seit 2011 in der Klinik auf einer geschlosse­nen Rehabilita­tionsstati­on untergebra­cht. Der 42-Jährige nutzte einen begleitete­n Aufenthalt auf einem Bauernhof der Einrichtun­g zur Flucht. Er wurde am selben Tag wieder gefasst.

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Foto: Sebastian Gollnow/dpa Minister Lucha: Sicherheit hat höchste Priorität.

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