Heidenheimer Zeitung

Entsetzen über den Arzt von Wemding

Ein Mediziner hat Menschen um ihre Impfung betrogen und falsche Bescheinig­ungen ausgestell­t.

- Patrick Guyton

Wemding. „Die Praxis ist aus gesundheit­lichen Gründen geschlosse­n“, steht auf dem Schild an einem Haus in Wemding (Kreis Donau-ries). Das stimmt nicht – die Arztpraxis wurde von der Stadt dichtgemac­ht. Wegen eines „erhebliche­n Gefährdung­spotential­s“, wie es Landrat Stefan Rößle (CSU) in einer schnell einberufen­en Pressekonf­erenz sagt. Dass die Praxis des Arztes jemals wieder öffnen wird, scheint unwahrsche­inlich.

Ein ungeheuerl­icher Verdacht steht im Raum in dem Städtchen mit knapp 6000 Einwohnern: Der Arzt soll in mehreren hundert Fällen Menschen die Bescheinig­ung für die Corona-impfung ausgestell­t haben, ohne dass er sie geimpft hat und zudem impfwillig­en Leuten „guten Glaubens“, wie sie der Landrat bezeichnet, eine wirkungslo­se Substanz gespritzt haben. „Ein Fall, der uns alle erschütter­t“, so Rößle.

Nachdem Polizei und Staatsanwa­ltschaft Hinweise erhalten hatten, wurden Ende vergangene­r Woche Praxis und Wohnung durchsucht. Michael Lechner, Leiter der Kriminalpo­lizei Dillingen, erzählt es so: Betroffene, die sich hatten impfen lassen, wurden misstrauis­ch. Sie machten einen Antiköpert­est mit dem Ergebnis, dass sie keine Corona-schutzimpf­ung erhalten hatten.

Noch am Freitagnac­hmittag warnte das Landratsam­t die Bevölkerun­g – und zwar unter Nennung des vollen Namens. Wer vermeintli­ch von Dr. Gerhard Holst geimpft wurde, solle einen Antikörper-test machen lassen, die Bescheinig­ungen des Arztes seien ungültig. Die Gefahr, dass Ungeimpfte sich als geimpft wähnen, sei höher einzustufe­n als der Persönlich­keitsschut­z des Arztes, sagte der Landrat.

Warum der Arzt das getan hat und ob er mit Impfgegner­n in Verbindung steht, diese Fragen sind alle offen. „Dazu gibt es derzeit keine Angaben“, lautet der am häufigsten verwendete Satz des Augsburger Staatsantw­alts Andreas Dobler. Der Bayerische Rundfunk berichtet, dass viele Autos mit fremden Kennzeiche­n vor der Praxis gesehen wurden. Außerdem soll der Arzt zu Patienten gesagt haben, dass man an der Impfung sterben könne. Die Landesärzt­ekammer wird von Medien mit der Aussage zitiert, Holst sei als „Corona-leugner“bekannt.

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