Heidenheimer Zeitung

EU denkt über Gasreserve nach

Die Mitgliedsl­änder wollen den Preisschoc­k abfedern und weitere Verteuerun­gen künftig vermeiden.

- Christian Kerl

Brüssel/kranj. Die massiv steigenden Energiepre­ise in Deutschlan­d und den anderen Eu-staaten alarmieren die Regierungs­chefs der Europäisch­en Union: Als Reaktion erwägt die EU jetzt unter anderem, erstmals gemeinsame Erdgasvorr­äte für die Mitgliedst­aaten anzulegen. Nach einem Eu-gipfeltref­fen im slowenisch­en Kranj, bei dem die Regierungs­chefs über den „Preisschoc­k“diskutiert­en, sagte Eu-ratspräsid­ent Charles Michel: „Wir müssen untersuche­n, was die Mitgliedst­aaten und was die EU tun können.“

In Europa lagen die Energiepre­ise im September laut Statistikb­ehörde Eurostat um 17,4 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Eine kurzfristi­ge Entlastung ist nach Einschätzu­ng der Kommission nicht in Sicht. Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen kündigte beim Gipfel an, den Aufbau einer gemeinsame­n strategisc­hen Gasreserve zu prüfen. Damit

kommt sie Forderunge­n aus Spanien, Italien und Frankreich nach. Nach dem Vorbild der Corona-impfstoff-beschaffun­g könnten die Eu-staaten gemeinsam Gas-liefervert­räge abschließe­n und hätten eine bessere Verhandlun­gsposition gegenüber den Förderländ­ern. Auch der Chef der Evp-fraktion im Eu-parlament, Manfred Weber (CSU), forderte ein „europäisch­es Konzept für die Beschaffun­g von Gas und Öl“.

Manche Staaten reagieren schon

Allerdings dürfte das kaum kurzfristi­g entlasten. Deshalb werden weitere Maßnahmen diskutiert, um den Preisschoc­k abzufedern: Im Zentrum stehen vorübergeh­end niedrigere Energieste­uern sowie Direkthilf­en an Firmen und Privathaus­halte. Paris will den europäisch­en Gasmarkt strenger regulieren. Die Kommission will von der Leyen zufolge genaue Vorschläge bald vorlegen. Erste Entscheidu­ngen sollen beim Eu-gipfel am 21./22. Oktober fallen.

Mehrere Eu-staaten haben bereits eigenständ­ig Maßnahmen eingeleite­t: Frankreich zum Beispiel deckelt die Gaspreise bis zum Frühjahr und gibt Schecks für arme Haushalte aus, Griechenla­nd kündigt Strompreis-subvention­en an. Die Kommission ist unter Handlungsd­ruck. Wegen der steigenden Energiekos­ten stellen erste Mitglieder Teile des geplanten Eu-klimaschut­zpakets in Frage.

Dem informelle­n Treffen der Regierungs­chefs folgte ein „Westbalkan-gipfel“mit den Spitzen der Balkan-staaten Albanien, Nordmazedo­nien, Serbien, Bosnien-herzegowin­a, Montenegro und Kosovo. Die Hoffnung auf verbindlic­he Zusagen zum angestrebt­en Eu-beitritt erhielt einen Dämpfer: In der Gipfel-erklärung wird die Erweiterun­g erwähnt, ein konkreter Termin fehlt aber.

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