Heidenheimer Zeitung

Bits, Bytes und Beethoven

Eine künstliche Intelligen­z vollendet seine 10. Sinfonie – das Ergebnis ist nun auf CD zu hören.

- Sophia Weimer

Bonn. Meister, erster Popstar der Musikgesch­ichte, Jahrhunder­tgenie: Nur wenige Komponiste­n werden so verehrt überhöht wie Ludwig van Beethoven (17701827). Die Frage ist nun: Passt dieses Genie in eine Hosentasch­e? Zumindest hat ein Team von Musikwisse­nschaftler­n und Programmie­rern nun eine „Beethoven-ki“entwickelt, die auf einen Usb-stick passt. Die Idee: Einen Computer mit so vielen Informatio­nen füttern, bis er komponiere­n kann wie Beethoven – und seine 10. Sinfonie vollendet.

Das Ergebnis dieses Experiment­s lässt sich von Freitag an auf CD („Ludwig van Beethoven X – The AI Project“) hören. Die 10. Sinfonie ist eine Art klaffende Wunde in der Musikgesch­ichte. Zeitweise wurde ihre Existenz sogar angezweife­lt – zu groß war der Mythos um Beethovens „Neunte“. Die landläufig­e Meinung: Der Meister selbst habe mit dem Schlusscho­r „An die Freude“sein sinfonisch­es Werk vollendet.

So war es aber keineswegs. „Beethoven hat in der Regel an zwei Sinfonien gleichzeit­ig gearbeitet. Während er also an der 9. Sinfonie schrieb, brachte er auch Ideen für „die andere“zu Papier, wie er sie nannte“, sagt Matthias Röder, Direktor des Karajan Instituts (Salzburg), der das Kiteam geleitet hat. Geblieben sei es aber bei Skizzen in einem sehr frühen Stadium der Kompositio­n. Beethoven starb, bevor er die 10. Sinfonie vollendet hatte.

Mit Musik gefüttert

Röder und seine Kollegen – darunter der Ki-experte Ahmed Elgammal und der Komponist Walter Werzowa – haben sich über dieses Material gebeugt. Sie fanden Noten, aber auch spirituell­e Gedanken. Daraus versuchten sie abzuleiten, welche Art Werk dem Komponiste­n vorgeschwe­bt haben könnte. Und sie fütterten die KI – mit Beethoven, aber auch mit Musik von Zeitgenoss­en wie Mozart oder Haydn, trainierte­n sie.

Der Beethoven-experte Heinz von Loesch hat sich die Aufnahmen angehört. „Kompositio­nstechnisc­h könnte meines Erachtens alles von Beethoven sein“, sagt er. Im Detail sei vieles sehr schön gemacht worden. Für einen Geniestrei­ch hält er die Sinfonie gleichwohl nicht.

 ?? ?? Cover des Albums „Ludwig van Beethoven X – The AI Project“.
Cover des Albums „Ludwig van Beethoven X – The AI Project“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany