Bits, Bytes und Beethoven
Eine künstliche Intelligenz vollendet seine 10. Sinfonie – das Ergebnis ist nun auf CD zu hören.
Bonn. Meister, erster Popstar der Musikgeschichte, Jahrhundertgenie: Nur wenige Komponisten werden so verehrt überhöht wie Ludwig van Beethoven (17701827). Die Frage ist nun: Passt dieses Genie in eine Hosentasche? Zumindest hat ein Team von Musikwissenschaftlern und Programmierern nun eine „Beethoven-ki“entwickelt, die auf einen Usb-stick passt. Die Idee: Einen Computer mit so vielen Informationen füttern, bis er komponieren kann wie Beethoven – und seine 10. Sinfonie vollendet.
Das Ergebnis dieses Experiments lässt sich von Freitag an auf CD („Ludwig van Beethoven X – The AI Project“) hören. Die 10. Sinfonie ist eine Art klaffende Wunde in der Musikgeschichte. Zeitweise wurde ihre Existenz sogar angezweifelt – zu groß war der Mythos um Beethovens „Neunte“. Die landläufige Meinung: Der Meister selbst habe mit dem Schlusschor „An die Freude“sein sinfonisches Werk vollendet.
So war es aber keineswegs. „Beethoven hat in der Regel an zwei Sinfonien gleichzeitig gearbeitet. Während er also an der 9. Sinfonie schrieb, brachte er auch Ideen für „die andere“zu Papier, wie er sie nannte“, sagt Matthias Röder, Direktor des Karajan Instituts (Salzburg), der das Kiteam geleitet hat. Geblieben sei es aber bei Skizzen in einem sehr frühen Stadium der Komposition. Beethoven starb, bevor er die 10. Sinfonie vollendet hatte.
Mit Musik gefüttert
Röder und seine Kollegen – darunter der Ki-experte Ahmed Elgammal und der Komponist Walter Werzowa – haben sich über dieses Material gebeugt. Sie fanden Noten, aber auch spirituelle Gedanken. Daraus versuchten sie abzuleiten, welche Art Werk dem Komponisten vorgeschwebt haben könnte. Und sie fütterten die KI – mit Beethoven, aber auch mit Musik von Zeitgenossen wie Mozart oder Haydn, trainierten sie.
Der Beethoven-experte Heinz von Loesch hat sich die Aufnahmen angehört. „Kompositionstechnisch könnte meines Erachtens alles von Beethoven sein“, sagt er. Im Detail sei vieles sehr schön gemacht worden. Für einen Geniestreich hält er die Sinfonie gleichwohl nicht.