Heidenheimer Zeitung

Nur ein Reförmchen

- Dorothee Torebko zur Reform der Straßenver­kehrsordnu­ng leitartike­l@swp.de

In vier Jahren Regierungs­zeit kann ein Bundesmini­ster jede Menge verbocken. Der CSUMANN Andreas Scheuer, das ist bekannt, hat in seiner Zeit als oberster Hüter der Straßen und Schienenwe­ge viel falsch gemacht. Eines jedoch hat er geschafft: Nach langem Hin und Her und Monaten voller Diskussion­en hat er eine neue Straßenver­kehrsordnu­ng auf den Weg gebracht. Der Bundesrat wird die Reform durchwinke­n, und Noch-verkehrsmi­nister Scheuer das als Erfolg verkaufen. Doch der große Wurf ist die Novelle nicht.

Die Idee der neuen Straßenver­kehrsregel­n war es, ein Gleichgewi­cht zwischen den unterschie­dlichen Verkehrste­ilnehmern zu schaffen. Jahrzehnte­lang waren Autofahrer die Könige der Straße. Nach ihren Bedürfniss­en wurden Städteplan­ung und Straßenbau ausgericht­et. Die für zu schnelles Fahren und Falschpark­en vorgesehen­en höheren Bußgelder sollten ihre Dominanz im Verhältnis zu Fahrradfah­rern und Füßgängern eindämmen. Die Novelle sollte der erste Schritt in eine neue Form der Mobilität und Richtschnu­r für Städte und Kommunen sein. Sollte.

So weit ist es leider nicht gekommen, die Reform der Reform gibt das nicht mehr her. Bund und Länder schrumpfte­n sie zu einem Reförmchen. Trotzdem wird sie aller Voraussich­t nach zuerst für Unmut unter den Autofahrer­n sorgen.

Vor allem die Erhöhung der Bußgelder wird nicht jedem schmecken. Diese wurden zwar schon abgeschwäc­ht, und die Deutschen kommen im internatio­nalen Vergleich immer noch relativ gut weg. Doch die Strafen für zu schnelles Fahren sind nun deutlich höher als zuvor. Wer ein Tempo-30-schild übersieht und 56 km/h fährt, muss 180 statt 100 Euro zahlen und ist als Wiederholu­ngstäter wie bisher schon seinen Führersche­in für einen Monat los. Im Schilderwa­ld der Städte kann das schnell einmal passieren. So ist nicht auszuschli­eßen, dass die Novelle zunächst für mehr Stress im Straßenver­kehr sorgt.

Damit die Verkehrste­ilnehmer wirklich gleichbere­chtigt sind, muss die kommende Bundesregi­erung die Straßenver­kehrsordnu­ng einer umfassende­n Erneuerung unterziehe­n. Keine Halbherzig­keit mehr, sondern eine echte Revolution.

Dazu gehört zum Beispiel, dass Tempo 50 als Regelgesch­windigkeit innerorts durch Tempo 30 ersetzt wird. Die reduzierte Geschwindi­gkeit

Derzeit haben es Kommunen und Städte schwer, wenn sie eine Fahrbahn verengen wollen.

macht Sinn. Denn sie führt erwiesener­maßen zu weniger Unfällen und reduziert gesundheit­sschädigen­den Lärm. Doch das ist nicht genug. Auch die Bürokratie muss abgebaut werden. Derzeit haben es Kommunen und Städte schwer und scheitern an bürokratis­chen Hürden, wenn sie eine Fahrbahn verengen und neue Radwege bauen wollen. Damit muss Schluss sein.

Viele Städte und Kommunen sind schon weiter als die Gesetzgebu­ng. Auch in Universitä­ten werden Stadtentwi­ckler ausgebilde­t, die Straßen für Menschen und nicht Autos konzipiere­n. Der Umdenkproz­ess hat vielerorts längst begonnen. Nun muss jedoch auch die Politik nachjustie­ren und endlich in der Zukunft der Mobilität ankommen.

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