Nur ein Reförmchen
In vier Jahren Regierungszeit kann ein Bundesminister jede Menge verbocken. Der CSUMANN Andreas Scheuer, das ist bekannt, hat in seiner Zeit als oberster Hüter der Straßen und Schienenwege viel falsch gemacht. Eines jedoch hat er geschafft: Nach langem Hin und Her und Monaten voller Diskussionen hat er eine neue Straßenverkehrsordnung auf den Weg gebracht. Der Bundesrat wird die Reform durchwinken, und Noch-verkehrsminister Scheuer das als Erfolg verkaufen. Doch der große Wurf ist die Novelle nicht.
Die Idee der neuen Straßenverkehrsregeln war es, ein Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern zu schaffen. Jahrzehntelang waren Autofahrer die Könige der Straße. Nach ihren Bedürfnissen wurden Städteplanung und Straßenbau ausgerichtet. Die für zu schnelles Fahren und Falschparken vorgesehenen höheren Bußgelder sollten ihre Dominanz im Verhältnis zu Fahrradfahrern und Füßgängern eindämmen. Die Novelle sollte der erste Schritt in eine neue Form der Mobilität und Richtschnur für Städte und Kommunen sein. Sollte.
So weit ist es leider nicht gekommen, die Reform der Reform gibt das nicht mehr her. Bund und Länder schrumpften sie zu einem Reförmchen. Trotzdem wird sie aller Voraussicht nach zuerst für Unmut unter den Autofahrern sorgen.
Vor allem die Erhöhung der Bußgelder wird nicht jedem schmecken. Diese wurden zwar schon abgeschwächt, und die Deutschen kommen im internationalen Vergleich immer noch relativ gut weg. Doch die Strafen für zu schnelles Fahren sind nun deutlich höher als zuvor. Wer ein Tempo-30-schild übersieht und 56 km/h fährt, muss 180 statt 100 Euro zahlen und ist als Wiederholungstäter wie bisher schon seinen Führerschein für einen Monat los. Im Schilderwald der Städte kann das schnell einmal passieren. So ist nicht auszuschließen, dass die Novelle zunächst für mehr Stress im Straßenverkehr sorgt.
Damit die Verkehrsteilnehmer wirklich gleichberechtigt sind, muss die kommende Bundesregierung die Straßenverkehrsordnung einer umfassenden Erneuerung unterziehen. Keine Halbherzigkeit mehr, sondern eine echte Revolution.
Dazu gehört zum Beispiel, dass Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit innerorts durch Tempo 30 ersetzt wird. Die reduzierte Geschwindigkeit
Derzeit haben es Kommunen und Städte schwer, wenn sie eine Fahrbahn verengen wollen.
macht Sinn. Denn sie führt erwiesenermaßen zu weniger Unfällen und reduziert gesundheitsschädigenden Lärm. Doch das ist nicht genug. Auch die Bürokratie muss abgebaut werden. Derzeit haben es Kommunen und Städte schwer und scheitern an bürokratischen Hürden, wenn sie eine Fahrbahn verengen und neue Radwege bauen wollen. Damit muss Schluss sein.
Viele Städte und Kommunen sind schon weiter als die Gesetzgebung. Auch in Universitäten werden Stadtentwickler ausgebildet, die Straßen für Menschen und nicht Autos konzipieren. Der Umdenkprozess hat vielerorts längst begonnen. Nun muss jedoch auch die Politik nachjustieren und endlich in der Zukunft der Mobilität ankommen.