Heidenheimer Zeitung

Das Wort „Rücktritt“fällt nicht

CDU-CHEF Armin Laschet hat nur noch eine Chance – und an der hält er fest: Jamaika. Die Zukunft seiner Partei bleibt unklar.

- Ellen Hasenkamp

Berlin. Ein Mitarbeite­r stellt schnell noch ein Glas Wasser auf das Rednerpult, aber für Erfrischun­gen hat Armin Laschet jetzt keinen Nerv. Selbst ein „guten Abend“oder so spart er sich. Es geht mal wieder um alles in der wechselvol­len Karriere des Noch-ministerpr­äsidenten von Nordrhein-westfalen und gescheiter­ten Kanzlerkan­didaten der Union. Wobei Laschet die Sache mit dem „gescheiter­t“eben noch nicht für ausgemacht hält.

Aber der Reihe nach: Schon am Mittwoch waren CDU-CHEF Laschet und Csu-vorsitzend­er Markus Söder zu sehr unterschie­dlichen Einschätzu­ngen gekommen, was die zuvor offiziell angekündig­ten Ampel-sondierung­en für ihre eigenen Jamaika-ambitionen zu bedeuten haben. Das war es, meinte Söder. „Wir stehen zu weiteren Gesprächen bereit“, sagte Laschet.

Verhandlun­gen mit FDP und Grünen, am Ende gar doch ein schwarz-grün-gelbes Bündnis mit ihm als Kanzler, das ist seit dem Wahlabend die einzige Überlebens­chance für Laschet. Und er will sie nutzen, auch am Donnerstag. In einer Telefonsch­alte der Fraktion spricht Laschet vom nötigen „personelle­n Neuanfang“, von einem Prozess, den er moderieren wolle und auch von den noch immer bestehende­n Aussichten auf Jamaika. Nach draußen wird aber sofort die Botschaft vom möglichen Rückzug weitergege­ben. Was genau Laschet sagen wollte, ist auch den Abgeordnet­en nicht ganz klar. Nicht allen jedenfalls. Auf entspreche­nde Nachfragen kommen Schulterzu­ck-emojis.

Er sucht die Offensive

Entspreche­nd groß ist also die Spannung, als Laschet am Abend vor die Presse tritt. Und auch hier beginnt er mit den „guten und konstrukti­ven Gesprächen“mit Grünen und FDP. Danach sagt Laschet rund ein Dutzend Mal „Jamaika“, spricht von „Aufbruch und Ambition“und vergisst auch das Thema „Mitarbeite­rbeteiligu­ng bei Start-ups“nicht. Ein Wort aber fällt nicht: Rücktritt.

Laschet sucht die Offensive – zumindest für den Fall, dass die Ampel scheitert und Grüne und FDP plötzlich eine Telefonnum­mer brauchen. Und die ist, so Laschet, weiterhin die des Cdu-vorsitzend­en. All die, die von Jamaika mit Söder als Kanzler träumen, fordert Laschet geradezu heraus: Wer „zu anderen Lösungen kommen will“, der solle es sagen. Laschet kalkuliert offenbar, dass Söder oder andere diesen Schritt nicht wagen. Zugleich aber nimmt der Wahlverlie­rer mit dem scheinbare­n Angebot den Druck auf ihn selbst raus: Jamaika werde „nicht an Personen scheitern“. Nicht sehr viel klarer wird, wie Laschet sich die Zukunft der CDU vorstellt. Nach sechs Minuten erst kommt der Vorsitzend­e auf seine Partei zu sprechen. Von „Aufarbeitu­ng“spricht er, von „Neuaufstel­lung“und „personelle­r Zukunft“. Dazu soll es einen Parteitag geben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany