Heidenheimer Zeitung

Politische­s Beben in Österreich

Eine Razzia wegen Korruption­sverdacht im Kanzleramt bringt den Amtsinhabe­r in Erklärungs­not.

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Wien. Für Sebastian Kurz wird es eng, sehr eng. Das ist der praktisch einhellige Tenor auch der konservati­ven Blätter unter den österreich­ischen Medien nach den schweren Korruption­svorwürfen gegen den Kanzler. Auch wenn Österreich­s 35-jähriger Regierungs­chef den Ermittlung­en „gelassen“entgegensi­eht und jede Schuld bestreitet, ist die Dimension von einer neuen Brisanz: Nicht nur er, sondern auch sein engstes Umfeld – sein Medienbera­ter, sein Chefstrate­ge, ein Pressespre­cher – sind im Visier der Fahnder. „Das kann sich jetzt gut und gern zum Endgame auswachsen“, sagt der Politikber­ater Thomas Hofer am Donnerstag. Die mächtigen Landesfürs­ten der ÖVP würden jetzt sicher über personelle Alternativ­en zu Kurz nachdenken.

Am Mittwoch hatten Fahnder im Kanzleramt, in der Övp-zentrale, im Finanzmini­sterium und in einem Medienhaus Datenträge­r, Server, Handys und Laptops gesichert. Kurz und sein Team sollen ein österreich­isches Medienhaus für geschönte Umfragen mit mehr als einer Million Euro aus Steuermitt­eln bezahlt haben. Sowohl Kurz als auch das Medienhaus bestreiten die Vorwürfe vehement.

Die Grünen als Koalitions­partner der ÖVP ergriffen am Donnerstag die Initiative. Ihr Vorstoß, sich nun mit anderen Parlaments­parteien beraten zu wollen, setzt die ÖVP unter Entscheidu­ngsdruck. Die Opposition ist sich einig wie selten. „So kann das nicht weitergehe­n in unserem Land“, sagte die Chefin der liberalen Neos, Beate Meinl-reisinger. Die Affäre müsse der Startschus­s für eine andere Kultur sein. „Ein Tag Null eines neuen Österreich“, forderte die Liberale.

Der Verdacht der Staatsanwa­ltschaft gegen den Kanzler selbst ist klar formuliert: „Sebastian Kurz ist die zentrale Person: Sämtliche Tathandlun­gen werden primär in seinem Interesse begangen“, heißt es in der Durchsuchu­ngsanordnu­ng. Alle beteiligte­n Personen „mussten sich dem übergeordn­eten Ziel – ihn zur Position des Parteiobma­nns und in weiterer Folge des Bundeskanz­lers zu führen und diese danach abzusicher­n – unterordne­n“, so die Ermittler.

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Kanzler Sebastian Kurz denkt nicht an einen Rücktritt.

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