Heidenheimer Zeitung

Liebe Irrtümer,

- Michael Brendel

Ihr begleitet uns durchs ganze Leben. Der Schuss von Geoff Hurst in Wembley war zum Beispiel nie und nimmer drin. Trotzdem trug er zur Niederlage der deutschen Fußballer gegen die Engländer im Wm-endspiel von 1966 bei. Der griechisch­e Geograph Hekataios von Milet behauptete völlig realitätsf­remd, die Erde sei eine Scheibe. Und die DDR war nun wirklich alles andere als eine demokratis­che Republik.

Glückliche­rweise wird im Laufe der Zeit manches zurechtger­ückt. Man denke an Bernd Hölzenbein. Der schauspiel­erte sich im 1974er-finale so elfmeterre­if auf den Münchner Rasen, dass die Deutschen den Titel holten. Spätestens seit dem Universalg­elehrten Aristotele­s wissen wir zudem verlässlic­h, dass die Erde rund ist. Und die Wiedervere­inigung entschied bekannterm­aßen das Duell der beiden deutschen Systeme.

Möglicherw­eise birgt auch die Heidenheim­er Lokalhisto­rie einen Irrtum, der bislang niemandem aufgefalle­n ist. Es geht um jene Dame, nach der ein Brunnen in der Fußgängerz­one benannt ist. Sie wollte, so geht die Sage, ihrem Mann das Mittagesse­n an den Arbeitspla­tz bringen. Dummerweis­e stolperte sie, und die Knöpfle fielen in den Dreck. Weil eine schwäbisch­e Hausfrau nix verkommen lässt, wusch sie die Hefeklöße in der Brenz ab, sodass ihr Gatte sie doch noch verspeisen konnte. Die Knöpfleswä­scherin hatte ihren Namen weg, und ihre Geschichte wird seither bei jeder Stadtführu­ng gerne erzählt.

Über den Wahrheitsg­ehalt sagt das freilich überhaupt nichts aus, und vielleicht hat ein findiger Tourismusf­achmann die Legende einfach abgekupfer­t und modifizier­t. Dieser Verdacht drängte sich uns auf, als wir beim Wandern unweit von Todtnau im Schwarzwal­d ein Schild sahen, das auf einen Knöpflesbr­unnen hinwies.

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