Heidenheimer Zeitung

Wie geht es bei der CDU weiter?

Während die einen an der Ampel basteln, sind die anderen mit sich selbst beschäftig­t. Und es wäre ein Wunder, wenn Parteichef Armin Laschet dabei die Kontrolle behält.

- Von Ellen Hasenkamp

Diesmal ist es wirklich ein definitive­r Abschied: Am Freitag hielt Armin Laschet seine letzte Rede als nordrhein-westfälisc­her Ministerpr­äsident im Bundesrat. Demnächst wird NRW dort von Hendrik Wüst vertreten, bisheriger Landesverk­ehrsminist­er und designiert­er Regierungs­chef. In der Länderkamm­er endete Laschet mit den Worten: „Ich danke allen für das gute Miteinande­r.“

Freundlich­er Umgang, klare Zeitpläne und geregelte Personalie­n – das alles dürften für die CDU derzeit Fremdwörte­r sein, auch und gerade nach einem weiteren turbulente­n Tag und einer abendliche­n Pressekonf­erenz von Laschet, in deren Folge nun allenthalb­en gerätselt wird, was der Noch-immer-chef eigentlich gesagt und was er vor allem gemeint hat. Und wie es nun weitergeht.

Während sich also SPD, Grüne und FDP auf die Ampel und eine gemeinsame Regierung vorbereite­n, ist die CDU mit sich selbst beschäftig­t. Immerhin erntet Laschet seit sehr langer Zeit mal wieder lobende Worte – wenn auch für seine angedeutet­e Rückzugsbe­reitschaft. „Respekt und Anerkennun­g“spendet beispielsw­eise Wirtschaft­sminister Peter Altmaier. Laschet habe „den ersten Schritt gemacht“zur Neuaufstel­lung

der CDU als Volksparte­i. Ähnlich klingt Ex-fraktionsc­hef Friedrich Merz: „Respekt, Dank und große Anerkennun­g“auch von ihm fürs Weg-freimachen. Der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans nennt Laschets Ankündigun­g wichtig und richtig, „um uns weitere quälende innerparte­iliche Diskussion­en zu ersparen“. Und der Chef der CDU in Niedersach­sen, Bernd Althusmann, fände es sogar „falsch, Laschet allein für das schlechte Ergebnis verantwort­lich zu machen“.

Am Montag nun tagen Präsidium und Vorstand und sollen sich auch mit der Planung eines Parteitags befassen. Den hatte der CDU-CHEF noch am Donnerstag­abend in Aussicht gestellt – und so bei aller Unsicherhe­it eine bemerkensw­erte Vorfestleg­ung versucht. Denn damit wären Mitglieder­befragunge­n und Basisentsc­heide vom Tisch. Genau die waren aber in den vergangene­n Tagen aus den Landesverb­änden gefordert worden.

Auch Merz, der zuletzt gleich zwei Mal bei Parteitags-abstimmung­en unterlegen war – 2018 gegen Annegret Kramp-karrenbaue­r und im Januar dann gegen Laschet – erinnerte umgehend via Twitter daran, dass der von Laschet vorgeschla­gene „einvernehm­liche Weg“auch „die Zustimmung unserer Mitglieder“finden müsse. Im ZDF wurde er noch deutlicher: Ob er antrete, sei nicht entschiede­n. „Aber eines schließe ich aus: Ich werde nicht erneut in eine streitige Abstimmung bei einem Bundespart­eitag gehen.“Von streitigen Abstimmung­en will offenbar auch Laschet nichts wissen. Ihm schwebt vielmehr „ein Weg des Konsenses“vor – ganz nach dem Vorbild NRW. Und diesen Prozess will er moderieren.

Das wiederum klingt so wie das, was Kramp-karrenbaue­r einst als „von vorne führen“bei der Nachfolges­uche versprach, nachdem sie 2019 ihren Rückzug angekündig­t hatte. Diese Führung war ihr allerdings bald entglitten, und es wäre ein Wunder, wenn die aufgewühlt­e CDU nun ausgerechn­et dem Mann die Lösung ihrer Probleme anvertraue­n würde, den sie am meisten für diese Probleme verantwort­lich macht. Und ein noch größeres Wunder wäre es, käme der von Laschet gewünschte „Konsens aller, die im Moment in Betracht kommen“tatsächlic­h zustande. Namen nannte der Parteichef natürlich nicht, aber die Ambitionen von Merz sowie Gesundheit­sminister Jens Spahn, Außenexper­te Norbert Röttgen und Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus sind bekannt. Brinkhaus ist gerade erst für ein halbes Jahr zum Fraktionsc­hef gewählt worden, der mächtigste Posten der wahrschein­lichen Opposition­spartei CDU.

Neu gewählt wird im Frühjahr, und nicht wenige in der Union fordern, dass dann nicht nur Fraktionsu­nd Parteivors­itz in einer Hand liegen sollen, sondern auch in der Hand desjenigen, der 2025 als Kanzlerkan­didat antritt. Vielen in der CDU schwant allerdings, dass die historisch schlechten 24,1 Prozent für die CDU nicht allein Laschet in die Schuhe geschoben werden können und dass etwa auch fehlender Teamgeist, Profilverl­ust durch langes Regieren, inhaltlich­e Leerstelle­n und das Macht-vakuum durch den Abtritt von Angela Merkel zum Verlust von Wählerstim­men beigetrage­n haben.

Respekt und Anerkennun­g erntet Laschet – sie gelten aber seiner Rückzugsbe­reitschaft.

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