Gesundes von der Weide
wird derzeit hart angegriffen: Ökologische und ethische Aspekte spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Bereiche Gesundheit, Sozioökonomie und Kultur. Ein Blick über den Tellerrand zeigt jedoch, dass ein Stück Fleisch auf dem Esstisch die damit verbundenen Probleme sogar lösen kann. Fleisch als Teil der Ernährung kann eine Bereicherung für Tier und Mensch, Natur und Kultur bedeuten. Zwingend nötig dafür ist jedoch: Es muss Weidefleisch sein.
Weidefleisch ist das Fleisch von Tieren, die ihr gesamtes Leben in ihrem natürlichen Lebensraum verbringen und ihr arteigenes Verhalten ausleben können. In der Weidehaltung entsteht gänzlich anderes Fleisch als in der konventionellen Tierhaltung: Die Nährstoffzusammensetzung ist messbar günstiger für den Menschen, das Fleisch enthält mehr Omega-3-fettsäuren, konjungierte Linolsäure und Mikronährstoffe. Der maßvolle Verzehr solcher Produkte dient damit der Gesundheit des Menschen.
Weidefleisch trägt ein deutliches Aroma, gewonnen aus Gräsern und Kräutern. Korrekte Weidehaltung ist eine Imitation von Vorgängen, die in der Natur seit Millionen Jahren ablaufen, zum Beispiel in der Serengeti, wo einige der fruchtbarsten Böden der Welt unter ständiger Beweidung durch Wiederkäuer entstanden sind. Grasland ist nicht nur artenreich, sondern auch ein effizienter Kohlenstoffspeicher und trägt somit wesentlich zur Klimapflege bei. Grasfresser pflegen durch Fraß und Vertritt das Grasland, düngen es und verteilen durch ihre Wanderbewegungen
die Samen und Kleinlebewesen dieses Ökosystems.
Fleisch aus Weidehaltung ist kein Massenprodukt, die Erzeugung und Verarbeitung erfordert mehr Arbeit als in der konventionellen Tierhaltung. Um die Weidehaltung bilden sich lokale Wirtschaftssysteme, Landwirte nutzen die Direktvermarktung für unmittelbaren und persönlichen Kontakt zu ihren Kunden. Dazwischen steht ein Metzger, der nicht Hunderte, sondern eher eine Handvoll Tiere pro Woche verarbeitet, mit entsprechender Sorgfalt vorgehen kann und einen fairen Lohn bekommt. Weidefleisch
befördert unter solchen Voraussetzungen eine Kultur der Wertschätzung, der sozialen Gerechtigkeit und bietet eine wirtschaftliche Perspektive für die kleinbäuerliche Landwirtschaft und die damit verbundene Wertschöpfungskette.
Das Töten eines Tieres zum Zweck der Ernährung bleibt in der ethischen Erwägung eine Herausforderung. Fleisch aus Weidehaltung dient dem Tierwohl, der Artenvielfalt und dem Klimaschutz, der menschlichen Gesundheit, der lokalen Kultur und der Sozioökonomie. Wir alle müssen essen und unterliegen wirtschaftlichen Zwängen. Wenn ein Stück Grünland sich eignet für die Weidehaltung: Warum sollte man es umbrechen, dort Getreide in Monokultur anbauen und das Ökosystem als Lebensraum für Millionen Tiere zerstören?
Der Autor, Jahrgang 1980, hat mehrere Kochbücher verfasst, zuletzt „Einfach abnehmen. Mit Lebensfreude zum Ziel.“Books on Demand, 2020. 80 S. 5,99 Euro. Weitere Veröffentlichungen auf www.urgeschmack.de und www.weidefleisch.org