Höhere Beiträge drohen
Die Ausgaben steigen weiter. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will keine Steuer-milliarden zuschießen.
Auf die Beitragszahler kommen in der Pflegeversicherung offenbar höhere Beiträge zu als bisher erwartet. Insbesondere Kinderlose müssen sich wohl angesichts der Milliardendefizite der Pflegekassen und neuer Ausgabenblöcke auf einen weiteren Aufschlag auf ihren Beitrag einstellen.
Bisher hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine moderate Erhöhung in den kommenden Monaten mit der Verbesserung von Leistungen für pflegende Angehörige und ambulante Dienste angekündigt. Gleichzeitig setzte er aber auch auf höhere Steuerzuschüsse, weil die Pflege auch ohne verbesserte Leistungen schon tief in den roten Zahlen steckt. Aus dem Bundesfinanzministerium von Christian Lindner (FDP) verlautete jetzt jedoch, dass man sich spürbar höhere Zuschüsse des Bundes nicht leisten könne.
Nach Angaben von Gernot Kiefer, Vize-vorstandschef des Spitzenverbandes aller gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, war 2022 ein Verlust von 2,2 Milliarden Euro aufgelaufen. Deshalb wäre bereits 2023 eine Anhebung des Beitragssatzes um 0,3 Prozentpunkte „dringend notwendig gewesen“, was die Ampel aber unterlassen habe. Nun kommen weitere Ausgaben hinzu.
Urteil umsetzen
So muss der Bund bis Ende Juli ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen und Pflegeversicherte mit vielen Kindern entlasten. Derzeit wird lediglich zwischen Versicherten mit Kindern und ohne Kinder unterschieden.
Bisher liegt der allgemeine Beitragssatz bei 3,05 Prozent des Bruttolohns. Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen ihn zur Hälfte. Zudem gibt es einen Zuschlag von 0,35 Punkten für Kinderlose ab 23 Jahren – womit deren Satz bei 3,40 Prozent liegt. An diesem Zuschlag beteiligt sich die Firma nicht. Um das Urteil umzusetzen, könnten Kinderreiche entlastet und Kinderlose noch stärker belastet werden. Bliebe es nämlich bei der reinen Entlastung, entgingen den Kassen laut dem Pflegeökonomen Heinz Rothgang jährlich bis zu 2,9 Milliarden.
Auch das Pflegegeld müsste erhöht werden, da es seit 2017 unverändert ist. SPD, Grüne und FDP hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, dieses „regelhaft zu dynamisieren“– und das war noch vor der hohen Inflation. Es wird als Unterstützung an Pflegebedürftige überwiesen, die nicht in Einrichtungen betreut werden. Zudem wird darüber nachgedacht, wie man die steigenden Kosten für Heimbewohner deckeln kann.
Lauterbach hatte bereits vor Monaten ein Gesetz angekündigt, das die Finanzierung der Pflegeversicherung langfristig sichern soll. Für die Kassen jedenfalls braucht es dringend mehr Geld im System, andernfalls fahre „die Pflegeversicherung gegen die Wand“, so Gernot Kiefer.