Michaelskirche wird zum Labor
Im Sommer soll ausprobiert werden, wie das Gotteshaus am Schlossberg künftig weltlich genutzt werden kann. Ideen wie Gastronomie oder Übungsräume für Fechter und Hip-hopper stehen im Raum.
Transformation ist ein derzeit oft gehörter Appell. Auch die evangelische Michaelskirche in Heidenheim steht vor einem Umbau und einer Zeitenwende. Das Gotteshaus in Halbhöhenlage am Schlossberg soll profaniert werden. Die evangelische Kirchengemeinde mit Dekan Gerd Häußler an der Spitze hat diesen Prozess zur künftig weltlichen Nutzung bereits eingeläutet.
Kneipenstimmung und Raves?
In den vergangenen Tagen kam es zu einem neuerlichen Treffen von Arbeitsgruppen, die für dieses Ziel teils mit bereits ausgereiften Vorschlägen und Konzepten aufwarteten. In den sechs Wochen zwischen 16. Juni und 28. Juli soll alsbald getestet werden, was in dem denkmalgeschützten Kirchengebäude möglich ist. Es könnte dort sogar Kneipenstimmung und Raves geben.
Auch für die Michaelskirche, die auf den Fundamenten der spätromanischen Nikolauskapelle (1210 bis 1220) ruht, war das Neue und Bessere der Feind des Guten. Mit der Einweihung der Pauluskirche am vierten Advent 1898 war in unmittelbarer räumlicher Nähe eine „Konkurrenz“entstanden, die vor allem älteren Kirchgängern deutlich machte, wie beschwerlich der Aufstieg zur Michaelskirche über die steilen Stiegen eigentlich ist – auch wenn deren Umfeld im architektonischen Akkord mit Schloss, Oberamtei und Pfarrhaus gern als idyllischer Malerwinkel beschrieben wird.
Ausprobieren, was möglich ist
Es ist derzeit auch nicht der erste Anlauf der evangelischen Kirchengemeinde, eine alternative Verwendung für die Michaelskirche zu finden. Intensiviert wird die Suche sicher durch den wach
senden finanziellen Aufwand, wenn bei nachlassender Zahl der Kirchgänger das Gebäude unterhalten werden muss, aber kaum noch genutzt wird. Dekan Häußler bezeichnete beim Treffen der Arbeitsgruppen den derzeitigen Status der Michaelskirche als Labor. „Wir wollen ausprobieren, was möglich ist.“
Vier Bereiche denkbar
Den Weg zu einer neuen Nutzung begleitet im Auftrag der Kirche das in Stuttgart vertretene Architekturbüro Prinzmetal, das mit Gerald Klahr und Aaron Werbick an diesem Abend vertreten war. Abgesteckt worden waren von diesen als Ergebnis der Sichtung bisheriger Vorschläge vier künftige Arbeitsbereiche: kulturelle Nutzung, gastronomische Nutzung, die dafür erforderliche Infrastruktur sowie Außenwirkung und Marketing, damit die neue
Michaelskirche in die Stadt und darüber hinaus ausstrahlt.
Evangelische Gruppierungen können sich dort beispielsweise einen temporären Escape-room vorstellen, in dem Gruppen diese Abenteuer-teamspiele abhalten können. Generell könnte Jugendarbeit dort stattfinden, ein Treff für Flüchtlinge sich etablieren und überhaupt die Kirche ihr soziales Gesicht zeigen. Auch die Kirchenmusik ist interessiert.
Platz für Kunst, Musik, Sport
Ebenso möchte sich eine Fülle außerkirchlicher Gruppen an den Probewochen in diesem Sommer beteiligen. Vertreter des Naturtheaters, der Heidenheimer Musikschule und des Vereins Kinder und Kunst waren anwesend, auch mehrere Künstler, die Ausstellungen, Kleinkunst und Konzerte im Auge haben. Die Fecht-abteilung des HSB denkt sogar daran, in der
Michaelskirche Planchen für ihren Sport auszulegen. Auch Hiphopper würden hier gerne ihr Können verbreiten und das Kollektiv Wild Stage plant eine Treppenkneipe und Techno-abende.
An Mitstreitern sollte es also nicht fehlen. „Wir wollen alle mitmachen“versicherte Matthias Jochner, der Leiter des Fachbereich Kultur der Heidenheimer Stadtverwaltung.