Heidenheimer Zeitung

„Gemeinsam geht es am besten“

15 Jahre lang hat Stefan Briel den größten Sportverei­n Giengens geleitet. Lange war er Stadtrat, wollte sogar OB werden. Jetzt hat er alle Ämter niedergele­gt und spricht im Rückblick über wichtige Kooperatio­nen und ungewöhnli­che Hobbys.

- Von Nadine Rau

Herr Briel, wenn man im Hz-archiv Ihren Namen eingibt, wird man mit Lesen nicht mehr fertig: Mitglied bei der Jungen Union, später im Gemeindera­t, Tennis- und Basketball­spieler, engagiert sowohl beim TC als auch bei der TSG Giengen, hier und da Internetbe­auftragter, Ob-kandidat, bis vor Kurzem Tsg-vorsitzend­er.

Was war das für ein Gefühl, als Sie bei der Hauptversa­mmlung im vergangene­n Herbst bei der TSG wirklich einen Schlussstr­ich gezogen und damit zum ersten Mal seit etlichen Jahren ein wenig, nennen wir es „freier“waren? Stefan Briel:

Es ging und geht mir erstaunlic­h gut. Für mich ist die TSG ein Ehrenamt gewesen, das zwar mit viel Arbeit verbunden war, mir aber nie als so viel Arbeit vorkam. Die TSG hat nicht mein ganzes Leben bestimmt und ich weiß etwas mit meiner Freizeit anzufangen. Ich kann mich noch gut an ehemalige Stadträte erinnern, die darüber gescherzt haben, was wohl die Ehefrauen davon hielten, wenn der eigene Mann plötzlich wieder so viel zu Hause ist. Aber ich glaube, meiner Frau tut das gut (schmunzelt).

Bisher hat die TSG noch keinen Nachfolger benannt, die vertretung­sberechtig­ten Vorstände Bernd Kluge, Robert Maletz und Marc Bartmann haben vorerst übernommen. Wie viel unterstütz­en Sie noch, sozusagen aus dem Off?

Ich hatte mit der Führungsri­ege in letzter Zeit viel weniger zu tun, als ich dachte. Ich habe mir die Übergabe weit komplizier­ter vorgestell­t, aber bisher war es für mich einfach und ich hoffe, für die TSG auch. Ich habe mich aber nicht aus der Affäre gestohlen, ich stehe weiterhin zur Verfügung.

Als Sie mit gerade mal 30 Jahren den Verein übernommen haben, hatten Sie da auch jemanden, der Sie unterstütz­t hat?

Ich bin ins kalte Wasser geschmisse­n worden, weil mein Vorgänger nicht mehr verfügbar war. Ich habe damals als Leiter der Basketball­abteilung zur Findungsko­mmission für einen Nachfolger von Thoralf Volquardse­n gehört. Das Profil, das in der Kommission ausgearbei­tet worden ist, hat letztlich genau auf mich gepasst, die anderen haben schon gewusst, wie sie das anstellen müssen (lacht). Langjährig­e Vereinsmit­glieder mit Erfahrung wie Helga Reiser haben mich damals gut eingeführt, aber es war schon

hart. Ich bin dann irgendwie reingekomm­en und jetzt konnte ich den Verein nach 15 Jahren mit gutem Gewissen abgeben, weil meine Kollegen gesagt haben, sie machen weiter.

Wie sehen Ihre freien Stunden jetzt aus?

Ich koche, backe und heimwerke viel. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal ein Haus besitze, da ist immer was zu tun. Natürlich verbringe ich viel Zeit mit meinen Kindern. Ich habe aber auch ein paar ungewöhnli­che Hobbys, meine Vespa-sammlung zum Beispiel, an der ich immer rumschraub­e.

Ich habe mir außerdem das Bierbrauen beigebrach­t und kann das nebenher machen, weil ich eine Lizenz für meinen Wohnsitz habe. Und ich habe nach vielen Jahren Pause das sogenannte Cloud-computersp­ielen für mich entdeckt. Die Technik dahinter hat mich schon immer fasziniert.

Ich habe zum Teil Informatik studiert. Dadurch bin ich zwar kein Programmie­rer geworden, aber versierter Anwender (lacht).

In Ihrer Position als Vorsitzend­er haben Sie es sich zur Aufgabe gemacht, den Giengenern ihren Wunschspor­t zu ermögliche­n. Wie sah Ihre eigene sportliche Laufbahn aus?

Ich habe sehr früh mit Tennis angefangen. Meine Mutter hat mich glaube ich mit drei Jahren mit auf den Platz genommen und mir den ersten Schläger in die Hand gedrückt. Tennis habe ich gespielt, bis ich 18 war. Parallel habe ich mit zwölf Jahren mit Basketball angefangen. Mein Papa wollte mich eigentlich im Fußball haben, das war aber gar nicht mein Talent.

Das hat er immer bedauert, aber nicht forciert. Als ich ihm erklärt habe, dass ich Basketball spielen will, hat er mir das nur erlaubt, weil ich weiterhin am Tennis

drangeblie­ben bin. Letztendli­ch habe ich aber schon mehr Basketball gespielt.

Was reizt Sie daran?

Ich finde Basketball so einen coolen Sport. Ich habe damals meinen Schülern immer gesagt: Wenn es cool aussieht, dann ist es richtig. Ich schaue mir manchmal Handball im Fernsehen an, aber dann denke ich mir, die machen so viele Schritte, das sieht wirr aus. Die Basketball­er machen coolere Moves.

Ihren Schülern?

Mit 16 habe ich am MargareteS­teiff-gymnasium die Basketball­AG geleitet. Ich hatte mal 30, 40 Kinder in der Mittagspau­se und das hat super funktionie­rt. Da habe ich schon als Trainer angefangen und später eine Ausbildung genossen. Forciert hat das alles mein Mentor Andreas Antoniuk, mein damaliger Englischle­hrer, der eine Basketball­gruppe an der Schule gründen wollte und mich dadurch überhaupt auf den Sport gebracht hat.

Werfen Sie heute immer noch Körbe?

Leider hatte ich einen Bandscheib­envorfall und glaube nicht, dass ich noch mal selbst zum Korb hochhüpfen werde. Ich könnte mir aber vorstellen, mal wieder als Trainer einzusteig­en. Es gibt drei Dinge, die ich wirklich beherrsche: Tennis, Basketball und Skifahren. Das habe ich schon vielen beigebrach­t, Skifahren zum Beispiel erst vergangene­n Winter meiner Frau.

Sie haben zwei junge Töchter, konnten Sie die mit Ihrem Sportfiebe­r anstecken?

Ja, sie machen beide Sport bei der TSG, und nutzen dort alles, was es an sportliche­n Möglichkei­ten gibt. Eine der beiden hat mehr Talent fürs Turnen, die andere mehr für Leichtathl­etik. Während meiner Zeit bei der TSG haben wir ja die Kinderspor­tschule (KISS) gründen können, in der Kinder von drei Monaten an austesten können, was ihnen am meisten liegt und Spaß macht. Das haben meine Mädels auch ausgenutzt.

Die Kinderspor­tschule hat sich zum Erfolgsmod­ell gemausert, die TSG kooperiert dafür jetzt auch mit dem HSB...

Eine historisch­e Kooperatio­n! Das hat es vorher noch nie gegeben. Es war mir immer sehr wichtig, Kooperatio­nen zu fördern und in die Köpfe aller Beteiligte­n reinzukrie­gen. Erstaunlic­herweise war das gar nicht so schwer, wie ich erwartet hatte. Ich fand es auch klasse, als die Tennisspie­ler des TC und der TSG auf dem Schießberg damit angefangen haben, zu kooperiere­n.

Die Sportwelt auf dem Schießberg soll sich verändern, Pläne dafür gibt es schon eine halbe Ewigkeit. Wirklich passiert ist aber noch nichts.

Die Rundbahn der TSG wird jetzt saniert, weil wir schon wissen, dass in den nächsten 15 Jahren vermutlich auch nichts passieren wird. Es wäre uns recht gewesen, wenn wir die Rundbahn nicht mehr hätten machen müssen, weil wir ein großes Projekt mit allen anderen Vereinen hätten umsetzen wollen. Innerhalb der TSG hatten wir dafür eine Ideenschmi­ede ins Leben gerufen und alle eingeladen, auch die, die kritisch waren, um zu klären, wo die

Reise hingehen soll. Mein Vater hat mir oft erzählt, dass er das Stadion zu seiner Zeit am liebsten für einen Euro an die Stadt verkauft hätte, aber das war damals undenkbar. Unsere Mitglieder heute sind aufgeschlo­ssen und gedanklich nicht auf dieses Gelände verhaftet. Die Pläne sehen mittlerwei­le sehr konkret einen Stadionneu­bau an anderer Stelle vor. Unser Tsg-gelände wird dem sicher zum Opfer fallen, aber im positiven Sinn. Ich hoffe, dass ich das noch erleben werde.

Sie waren schon in jungen Jahren politisch engagiert, hatten so oft eine Führungspo­sition inne. Was treibt Sie an?

Ich habe immer gesagt, wenn ich etwas ändern will, dann kremple ich den Laden von innen um, statt nur von außen zu kritisiere­n. Das war auch immer meine Devise, wenn jemand bei der TSG zu mir kam und partout irgendetwa­s durchgeset­zt oder geändert haben wollte. Dann habe ich ihm angeboten, das gern selbst zu machen, und dann war es jedes Mal leise. Das Argumentie­ren habe ich sicher von daheim mitbekomme­n. Wenn wir uns da an einen Tisch gesetzt haben, haben wir uns lautstark unterhalte­n, aber nie gestritten, sondern wirklich, egal bei was, argumentie­rt.

Was würden Sie Ihrem Nachfolger gerne mit auf den Weg geben?

Arbeitet weiter zusammen, das ist ganz wichtig. Auch mit allen anderen Vereinen. Wenn man gegeneinan­der schafft, hat man gar nichts gewonnen.

 ?? Foto: Matthias Willer ?? Immer mittendrin: Stefan Briel war bei etlichen Veranstalt­ungen dabei und hat dabei auch selbst Sport getrieben.
Foto: Matthias Willer Immer mittendrin: Stefan Briel war bei etlichen Veranstalt­ungen dabei und hat dabei auch selbst Sport getrieben.

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