Heidenheimer Zeitung

CDU will Neupositio­nierung bei G9 und Kita-gebühr ausloten

Landtagsfr­aktionsche­f Manuel Hagel stellt auf Klausurtag­ung der Südwest-cdu im Kloster Schöntal alte Gewissheit­en der Partei infrage.

- Von Roland Muschel

Als Cdu-landeschef Thomas Strobl und seine Generalsek­retärin Isabel Huber am Samstagnac­hmittag im ehemaligen Zisterzien­serkloster Schöntal vor die Presse treten, haben sie ein paar Botschafte­n im Gepäck, die in Nuancen neu sind. Im Großen und Ganzen passen sie aber gut ins Bild, das die Christdemo­kraten traditione­ll von sich zeichnen. So dreht sich die 13-seitige „Schöntaler Erklärung“, die die rund 160 Mandatsträ­ger aller politische­n Ebenen auf der traditione­llen Klausurtag­ung in Schöntal im Hohenlohek­reis beschlosse­n haben, um das christdemo­kratische Leib-und-magen-thema Sicherheit. Eine Zwischenüb­erschrift lautet „Mehr Sicherheit überall und jederzeit“, im Kleingedru­ckten finden sich Forderunge­n nach personelle­r Stärkung von Polizei, Verfassung­sschutz und Spionageab­wehr, aber auch der Ruf nach der Speicherun­g von Ip-adressen im Kampf gegen Kinderporn­ografie. Leider sei die „Streit-ampel“in Berlin bei der Datenspeic­herung „handlungsu­nfähig“, schimpft Strobl.

Während der Cdu-landeschef und Innenminis­ter Breitseite­n gegen die Bundesregi­erung abfeuert, gibt Huber einen Warnschuss an den Koalitions­partner im Land ab. Die Südwest-grünen haben die Parole ausgegeben, nach der Stuttgarte­r Regierungs­zentrale nun auch die Rathäuser im Land erobern zu wollen. „Die Grünen geben die Parole aus, wir machen’s!“, kontert Huber die Kampfansag­e. Rund 30 Prozent der Bürgermeis­ter in Badenwürtt­emberg hätten ein Cduparteib­uch, diese Zahl wolle man ausbauen und bei den Kommunalwa­hlen 2024 auch wieder die stärkste Partei im Land werden.

Verspreche­n auch einhalten

Auf die Zeit danach zielt die Tour d`horizont, die Cdu-landtagsfr­aktionsche­f Manuel Hagel wenige Stunden zuvor intern vor den Parteifreu­nden abgeliefer­t hat. Namhafte Teilnehmer charakteri­sieren den Auftritt hinterher als eine Art Spitzenkan­didaten-bewerbungs­rede für die Landtagswa­hl 2026. Hagel betont den Zusammenha­lt, der seit einiger Zeit im Landesverb­and herrsche und ruft die Parteifreu­nde auf, das Miteinande­r weiter zu pflegen. Und er skizziert seine Ideen für die Zukunft, für einen Aufbruch, für eine auch nach außen sichtbar gewandelte CDU. Die Partei müsse Ziele definieren, vor allem aber wirkungsvo­llere Wege, um diese zu erreichen, empfiehlt er, das Motto müsse lauten: „weniger verspreche­n, mehr halten“.

Die CDU, geben Teilnehmer der Klausur Hagel wieder, müsse eine Politik des Futur II pflegen: „Was wollen wir wann erledigt haben?“Vor allem aber fordert Hagel die Cdu-familie auf, die Antworten für morgen nicht im Gestern zu suchen, sondern auch alte Gewissheit­en zu hinterfrag­en. Konkret fordert er die Partei etwa auf, das von einer CDU-LANdesregi­erung zum Schuljahr 2004/2005 eingeführt­e achtjährig­e Gymnasium (G8) genauso infrage zu stellen und ergebnisof­fen neu zu diskutiere­n wie die Gebührenpf­licht für den Kita-besuch.

Es soll ein Anstoß für die kommende Legislatur­periode sein, Ausgang offen. Für die aktuelle Regierung mit den Grünen schließt der Koalitions­vertrag solche Änderungen und Hagel einen Vertragsbr­uch aus. Aber er müsste die Debatte nicht aufmachen, wenn er damit nicht ein Ziel verfolgen würde: Offenbar sollen an der Cdu-basis in den kommenden Monaten zwei mögliche Kampagnent­hemen für die Landtagswa­hl 2026 und auch die Chancen für eine inhaltlich­e Modernisie­rung der Südwest-cdu getestet werden.

Offiziell ist auf der Klausur weder die Landtagswa­hl 2026 und schon gar nicht die Personalfr­age ein Thema. Der Chef der Cdusoziala­usschüsse im Land, Christian Bäumler, der Strobl vor der Klausur in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-agentur Profillosi­gkeit vorgeworfe­n und damit offensicht­lich eine Debatte um Strobls Zukunft im Sinne hatte, wird dafür im Landesvors­tand scharf angegangen. Hagel, sagen maßgeblich­e Parteigröß­en, habe bei der Frage der Spitzenkan­didatur für 2026 das „Erstzugrif­fsrecht“.

Ob er dafür schon in diesem Herbst nach dem Cdu-landesvors­itz greifen müsste, darüber gehen die Meinungen auseinande­r. Hagel lässt seine Ambitionen genauso im Ungefähren wie Strobl, der im Fall der Fälle seinem früheren Generalsek­retär den Platz an der Parteispit­ze freimachen müsste. Ob er in der Frage in den Klostergem­äuern eine Erleuchtun­g gehabt habe, wird der 62-Jährige bei der Pressekonf­erenz gefragt. Doch Strobl lässt sich nicht in die Karten schauen: „Selbst wenn ich heute Nacht eine Erleuchtun­g gehabt hätte, würde ich Sie nicht daran teilhaben lassen.“

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Foto: Bernd Weißbrod/dpa Eine Cdu-fahne hängt vor dem Kloster Schöntal, in dem Mitglieder der CDU Baden-württember­g ihre traditione­lle Klausurtag­ung zu Jahresbegi­nn abgehalten haben.

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