8000 ehrenamtliche Stunden
Die Hauptversammlung der Gesamtwehr wurde im neuen Zuhause der Abteilung Sachsenhausen abgehalten. Jürgen Vogt blickte auf sein aufregendes erstes Jahr als Kommandant zurück.
Mächtig was los war am Freitagabend in Sachsenhausen: Stau vor dem Dorfgemeinschaftshaus, in dem die Freiwillige Feuerwehr Giengen zum ersten Mal zur Hauptversammlung zusammengekommen ist. Letztlich aber fand jeder ein Plätzchen für sein Auto und auch einen im Saal – und die fast schon kuschelige Ballermann-atmosphäre, so dicht Stuhl an Stuhl, hätte kaum besser passen können zum Eröffnungslied, das sich der Spielmannszug ausgedacht hatte: „Layla“, ja tatsächlich. In einer solchen Version mit Piccoloflöten hat das wahrscheinlich auch noch keiner gehört. „Manchmal ist es vielleicht besser, wenn man keinen Text hat“, scherzte Oberbürgermeister Dieter Henle.
Dabei ging es bei der Hauptversammlung der Giengener Feuerwehr zunächst um sehr ernste Themen. Kommandant Jürgen Vogt, der vor genau einem Jahr seinen neuen Posten angetreten hat, betonte, wie wichtig Werte wie Toleranz, Verantwortung, Respekt und Kameradschaft sind und erinnerte an den Feuerwehrkommandanten aus Sontheim, der erst kürzlich bei einem Einsatz bedroht worden ist. „Hier gilt es, vonseiten der Politik nicht nur Prävention und Solidarität zu üben, sondern ganz schnell die Gesetzeslage anzupassen. Wer Einsatzkräfte angreift, muss künftig schnell und unbürokratisch der Rechtsprechung zugeführt werden“, so Vogt.
OB Henle dankte der Feuerwehr für ihren Einsatz im Jahr 2022: „Wir brauchen Sie dringend. Wir brauchen Ihr Können, Ihre Reaktionsschnelligkeit, Ihr umsichtiges Handeln. Wir brauchen Ihre Motivation, Ihren Teamgeist. Um all das zu sichern, ohne die Einzelnen zu überlasten, brauchen wir stabile Mitgliederzahlen“, so Henle.
Alle Zahlen und die wichtigsten Eckpunkte des vergangenen Jahres wurden im Dorfhaus vorgestellt, einige davon stimmen für die Zukunft positiv.
Das Personal
Zwar verzeichnet die Feuerwehr einen leichten Rückgang von 304 auf 284 Angehörige, der begründet sich aber durch einen Mitgliederschwund in den passiven Abteilungen (passive Abteilungen sind der Spielmannszug, die Jugendfeuerwehr sowie die Altersabteilung). In den fünf Einsatzabteilungen jedoch ist ein Aufwärtstrend erkennbar: Waren es zum Jahreswechsel 2021/22 noch 158 Mitglieder, wurden jetzt 163 verzeichnet.
Der Dienst- und Übungsbetrieb
Die Mitglieder der Feuerwehr sind sehr glücklich darüber, dass die Einschränkungen durch die Pandemie seit vergangenem Mai weitgehend passé waren und dadurch wieder normal geübt werden konnte. Im Dienst- und Übungsbetrieb war dieser Wechsel deutlich zu spüren: Statt 3700 ehrenamtlichen Stunden im Jahr 2021 waren es im vergangenen Jahr beeindruckende 8000 Stunden, die ehrenamtlich geleistet worden sind.
Die Einsätze
Angestiegen sind nicht nur die Zahlen beim Personal und bei den Stunden, sondern auch bei den Einsätzen. Konkret stiegen sie von 127 Fällen im Jahr 2021 auf 148 Fälle an – eine Steigerung um 17 Prozent. Die Einsatzstunden sind dadurch um 26 Prozent auf 2524 angestiegen.
Erfreulicherweise gab es keinen Großbrand, aber vier mittelschwere Brände und 26 Kleinbrände. Acht Mal haben die Einsatzabteilungen Überlandhilfe geleistet, 56 Mal wurden sie für technische Hilfeleistungen, beispielsweise wegen einer Ölspur, gerufen. 49 sonstige Einsätze verzeichnete Vogt für 2022, Türöffnungen etwa oder Einsätze wegen eines Unwetters.
Besondere Einsätze in 2022
Einige Einsätze aus dem vergangenen Jahr sind den Mitgliedern der Feuerwehr besonders im Kopf geblieben. Gleich im Januar mussten sie zu einem schweren Verkehrsunfall in der Giengener Bahnhofstraße anrücken, im Februar mussten sie dreimal binnen
weniger Stunden eingreifen, weil durch ein Sturmtief mehrere Bäume umgestürzt waren. Im Mai gab es einen Einsatz der ungewöhnlichen Art: Auf ihrer Reise aus der Schweiz nach Nördlingen musste bei einer Dampflok der Wasservorrat aufgefüllt werden. Die Feuerwehr konnte hier mit ihrem Tanklöschfahrzeug aushelfen.
Auch die Störche auf dem Giengener Rathausdach wurden nicht vergessen, sie konnten mithilfe der Drehleiter beringt werden. „Nicht jeder darf dem OB einfach so aufs Dach steigen“, sagte Kommandant Vogt lachend. Mehr als verblüfft waren die Einsatzkräfte
bei zwei Einsätzen im November, als zweimal nacheinander derselbe Mann mit demselben Fahrzeug in denselben Graben gefahren war.
Die Ausstattung
Eine Mammutaufgabe im vergangenen Jahr war die Fortschreibung des Feuerwehrbedarfsplans. „Es ist ein wichtiges Zeichen unserer Wertschätzung, als Stadt die Freiwillige Feuerwehr in Giengen bedarfsgerecht auszustatten. Sie sollen im Einsatz über die Gerätschaften und Hilfsmittel verfügen, die Sie benötigen. Und Sie sollen in Ihren Gebäuden Voraussetzungen
haben, die Ihre Arbeit und Gemeinschaft wesentlich unterstützen“, so OB Henle. Ein gutes Beispiel dafür ist das Dorfhaus, in dem die Feuerwehr Sachsenhausen seit vergangenem Jahr endlich so richtig zu Hause ist.
Emotionaler Abschied
Den Tränen nahe war Kommandant Jürgen Vogt, als er Wolfgang Reihle aus Giengen altersbedingt verabschieden musste. Stolze 48 Jahre war er bei der Feuerwehr und wurde abschließend mit dem Deutschen Feuerwehr-ehrenkreuz in Silber ausgezeichnet.
Horst Sauter aus Sachsenhausen schied ebenfalls altersbedingt aus, er war 47 Jahre lang Teil der Wehr und erhielt das Deutsche Feuerwehr-ehrenkreuz in Bronze. Der ganze Saal stand zu Ehren der beiden Feuerwehrmänner.
Das Ehrenkreuz in Silber des Kreisfeuerwehrverbandes Heidenheim erhält nachträglich Uwe Wannenwetsch, Leiter des Giengener Ordnungsamts. Hans Häußler aus Hürben bekam das Ehrenkreuz des Verbandes verliehen. Schon seit 25 Jahren in der Werkfeuerwehr der BSH sind Mustafa Bayram, Jürgen Geister und Michael Roth, seit 20 Jahren im Spielmannszug dabei sind Dominik Reihle und Uwe Rolfs.
Wie geht’s weiter?
2023 geht es für die Feuerwehr spannend weiter, im Januar verzeichnete sie bereits einige Einsätze. Der Bedarfsplan wird Kommandant Vogt sowie den Gemeinderat weiterhin beschäftigen, perspektivisch blicken Feuerwehr und Stadtverwaltung auf den Neu- oder Umbau des Feuerwehrhauses in Hohenmemmingen. Hier steht die Entscheidung über die tatsächliche Variante und die Planungsphase bevor.
Geplant ist außerdem, dass in diesem Jahr der Digitalfunk genutzt werden kann.