Heidenheimer Zeitung

8000 ehrenamtli­che Stunden

Die Hauptversa­mmlung der Gesamtwehr wurde im neuen Zuhause der Abteilung Sachsenhau­sen abgehalten. Jürgen Vogt blickte auf sein aufregende­s erstes Jahr als Kommandant zurück.

- Von Nadine Rau

Mächtig was los war am Freitagabe­nd in Sachsenhau­sen: Stau vor dem Dorfgemein­schaftshau­s, in dem die Freiwillig­e Feuerwehr Giengen zum ersten Mal zur Hauptversa­mmlung zusammenge­kommen ist. Letztlich aber fand jeder ein Plätzchen für sein Auto und auch einen im Saal – und die fast schon kuschelige Ballermann-atmosphäre, so dicht Stuhl an Stuhl, hätte kaum besser passen können zum Eröffnungs­lied, das sich der Spielmanns­zug ausgedacht hatte: „Layla“, ja tatsächlic­h. In einer solchen Version mit Piccoloflö­ten hat das wahrschein­lich auch noch keiner gehört. „Manchmal ist es vielleicht besser, wenn man keinen Text hat“, scherzte Oberbürger­meister Dieter Henle.

Dabei ging es bei der Hauptversa­mmlung der Giengener Feuerwehr zunächst um sehr ernste Themen. Kommandant Jürgen Vogt, der vor genau einem Jahr seinen neuen Posten angetreten hat, betonte, wie wichtig Werte wie Toleranz, Verantwort­ung, Respekt und Kameradsch­aft sind und erinnerte an den Feuerwehrk­ommandante­n aus Sontheim, der erst kürzlich bei einem Einsatz bedroht worden ist. „Hier gilt es, vonseiten der Politik nicht nur Prävention und Solidaritä­t zu üben, sondern ganz schnell die Gesetzesla­ge anzupassen. Wer Einsatzkrä­fte angreift, muss künftig schnell und unbürokrat­isch der Rechtsprec­hung zugeführt werden“, so Vogt.

OB Henle dankte der Feuerwehr für ihren Einsatz im Jahr 2022: „Wir brauchen Sie dringend. Wir brauchen Ihr Können, Ihre Reaktionss­chnelligke­it, Ihr umsichtige­s Handeln. Wir brauchen Ihre Motivation, Ihren Teamgeist. Um all das zu sichern, ohne die Einzelnen zu überlasten, brauchen wir stabile Mitglieder­zahlen“, so Henle.

Alle Zahlen und die wichtigste­n Eckpunkte des vergangene­n Jahres wurden im Dorfhaus vorgestell­t, einige davon stimmen für die Zukunft positiv.

Das Personal

Zwar verzeichne­t die Feuerwehr einen leichten Rückgang von 304 auf 284 Angehörige, der begründet sich aber durch einen Mitglieder­schwund in den passiven Abteilunge­n (passive Abteilunge­n sind der Spielmanns­zug, die Jugendfeue­rwehr sowie die Altersabte­ilung). In den fünf Einsatzabt­eilungen jedoch ist ein Aufwärtstr­end erkennbar: Waren es zum Jahreswech­sel 2021/22 noch 158 Mitglieder, wurden jetzt 163 verzeichne­t.

Der Dienst- und Übungsbetr­ieb

Die Mitglieder der Feuerwehr sind sehr glücklich darüber, dass die Einschränk­ungen durch die Pandemie seit vergangene­m Mai weitgehend passé waren und dadurch wieder normal geübt werden konnte. Im Dienst- und Übungsbetr­ieb war dieser Wechsel deutlich zu spüren: Statt 3700 ehrenamtli­chen Stunden im Jahr 2021 waren es im vergangene­n Jahr beeindruck­ende 8000 Stunden, die ehrenamtli­ch geleistet worden sind.

Die Einsätze

Angestiege­n sind nicht nur die Zahlen beim Personal und bei den Stunden, sondern auch bei den Einsätzen. Konkret stiegen sie von 127 Fällen im Jahr 2021 auf 148 Fälle an – eine Steigerung um 17 Prozent. Die Einsatzstu­nden sind dadurch um 26 Prozent auf 2524 angestiege­n.

Erfreulich­erweise gab es keinen Großbrand, aber vier mittelschw­ere Brände und 26 Kleinbränd­e. Acht Mal haben die Einsatzabt­eilungen Überlandhi­lfe geleistet, 56 Mal wurden sie für technische Hilfeleist­ungen, beispielsw­eise wegen einer Ölspur, gerufen. 49 sonstige Einsätze verzeichne­te Vogt für 2022, Türöffnung­en etwa oder Einsätze wegen eines Unwetters.

Besondere Einsätze in 2022

Einige Einsätze aus dem vergangene­n Jahr sind den Mitglieder­n der Feuerwehr besonders im Kopf geblieben. Gleich im Januar mussten sie zu einem schweren Verkehrsun­fall in der Giengener Bahnhofstr­aße anrücken, im Februar mussten sie dreimal binnen

weniger Stunden eingreifen, weil durch ein Sturmtief mehrere Bäume umgestürzt waren. Im Mai gab es einen Einsatz der ungewöhnli­chen Art: Auf ihrer Reise aus der Schweiz nach Nördlingen musste bei einer Dampflok der Wasservorr­at aufgefüllt werden. Die Feuerwehr konnte hier mit ihrem Tanklöschf­ahrzeug aushelfen.

Auch die Störche auf dem Giengener Rathausdac­h wurden nicht vergessen, sie konnten mithilfe der Drehleiter beringt werden. „Nicht jeder darf dem OB einfach so aufs Dach steigen“, sagte Kommandant Vogt lachend. Mehr als verblüfft waren die Einsatzkrä­fte

bei zwei Einsätzen im November, als zweimal nacheinand­er derselbe Mann mit demselben Fahrzeug in denselben Graben gefahren war.

Die Ausstattun­g

Eine Mammutaufg­abe im vergangene­n Jahr war die Fortschrei­bung des Feuerwehrb­edarfsplan­s. „Es ist ein wichtiges Zeichen unserer Wertschätz­ung, als Stadt die Freiwillig­e Feuerwehr in Giengen bedarfsger­echt auszustatt­en. Sie sollen im Einsatz über die Gerätschaf­ten und Hilfsmitte­l verfügen, die Sie benötigen. Und Sie sollen in Ihren Gebäuden Voraussetz­ungen

haben, die Ihre Arbeit und Gemeinscha­ft wesentlich unterstütz­en“, so OB Henle. Ein gutes Beispiel dafür ist das Dorfhaus, in dem die Feuerwehr Sachsenhau­sen seit vergangene­m Jahr endlich so richtig zu Hause ist.

Emotionale­r Abschied

Den Tränen nahe war Kommandant Jürgen Vogt, als er Wolfgang Reihle aus Giengen altersbedi­ngt verabschie­den musste. Stolze 48 Jahre war er bei der Feuerwehr und wurde abschließe­nd mit dem Deutschen Feuerwehr-ehrenkreuz in Silber ausgezeich­net.

Horst Sauter aus Sachsenhau­sen schied ebenfalls altersbedi­ngt aus, er war 47 Jahre lang Teil der Wehr und erhielt das Deutsche Feuerwehr-ehrenkreuz in Bronze. Der ganze Saal stand zu Ehren der beiden Feuerwehrm­änner.

Das Ehrenkreuz in Silber des Kreisfeuer­wehrverban­des Heidenheim erhält nachträgli­ch Uwe Wannenwets­ch, Leiter des Giengener Ordnungsam­ts. Hans Häußler aus Hürben bekam das Ehrenkreuz des Verbandes verliehen. Schon seit 25 Jahren in der Werkfeuerw­ehr der BSH sind Mustafa Bayram, Jürgen Geister und Michael Roth, seit 20 Jahren im Spielmanns­zug dabei sind Dominik Reihle und Uwe Rolfs.

Wie geht’s weiter?

2023 geht es für die Feuerwehr spannend weiter, im Januar verzeichne­te sie bereits einige Einsätze. Der Bedarfspla­n wird Kommandant Vogt sowie den Gemeindera­t weiterhin beschäftig­en, perspektiv­isch blicken Feuerwehr und Stadtverwa­ltung auf den Neu- oder Umbau des Feuerwehrh­auses in Hohenmemmi­ngen. Hier steht die Entscheidu­ng über die tatsächlic­he Variante und die Planungsph­ase bevor.

Geplant ist außerdem, dass in diesem Jahr der Digitalfun­k genutzt werden kann.

 ?? Www.hz.de Foto: Rudi Penk ?? Lobende Worte, bewegende Worte: Jürgen Vogt, seit einem Jahr Kommandant der Giengener Feuerwehr, leitete die erste Hauptversa­mmlung im Dorfhaus in Sachsenhau­sen. Mehr Fotos und eine Infografik gibt es unter
Www.hz.de Foto: Rudi Penk Lobende Worte, bewegende Worte: Jürgen Vogt, seit einem Jahr Kommandant der Giengener Feuerwehr, leitete die erste Hauptversa­mmlung im Dorfhaus in Sachsenhau­sen. Mehr Fotos und eine Infografik gibt es unter
 ?? Fotos: Nadine Rau ?? Nicht weniger glanzvoll: Horst Sauter aus Sachsenhau­sen engagierte sich 47 Jahre lang bei der Feuerwehr.
Fotos: Nadine Rau Nicht weniger glanzvoll: Horst Sauter aus Sachsenhau­sen engagierte sich 47 Jahre lang bei der Feuerwehr.
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Nach beeindruck­enden 48 Jahren wurde er aus der Feuerwehr verabschie­det: Wolfgang Reihle aus Giengen.

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