Mit frischen Kräften
Das Wechselkarussell dreht sich unmittelbar vor dem Pokalspiel in Paderborn: Haraguchi und Dias kommen, Ahamada geht zum Leidwesen des Trainers.
Fabian Wohlgemuth ist zuletzt kaum noch von seinem Mobiltelefon weggekommen. Alle Hände voll hatte der Sportdirektor des VFB Stuttgart zu tun, um auf dem berühmt-berüchtigten Transfermarkt agieren zu können. Kaufen und verkaufen. Alles unter Zeitdruck, da die Personalgeschäfte bald abgeschlossen sein müssen. Nun vermeldet der abstiegsbedrohte Fußball-bundesligist Vollzug: Genki Haraguchi (Union Berlin) und Gil Dias (Benfica Lissabon) wurden am Montag beim Abschlusstraining vor dem Dfbpokalspiel an diesem Dienstag (18 Uhr/sky) beim SC Paderborn auf dem Vereinsgelände begrüßt.
Zwei Spieler, die den Vfb-kader verstärken sollen. Zugleich sollen Haraguchi und Dias helfen, einen Abgang zu kompensieren. Naouirou Ahamada ist auf dem Sprung nach England. Crystal Palace lockt den 20-jährigen Franzosen. Noch ist der Wechsel in die Premier League nicht perfekt, aber Bruno Labbadia hat den Mittelfeldspieler bereits aus seinen Gedanken gestrichen. „Es war nicht der Plan, ihn abzugeben. Aber der Zwang ist größer als das, was wir gerne hätten. Der Verein steht über allem – und wenn der Verein sagt, dass die finanzielle Situation so ist, dass wir ihn abgeben müssen, müssen wir auch Dinge akzeptieren, die für die sportliche Situation nicht optimal sind“, sagt der Trainer.
Eine Herausforderung ist die finanzielle Lage des VFB. Durch den Corona-umsatzverlust von 90 Millionen Euro, durch die Kosten des Stadionumbaus von insgesamt 130 Millionen Euro, durch zurückgehende Sponsorengelder und die kurzfristige Aufstockung des Gehaltsbudgets aufgrund der Trainertrennung. Das alles belastet die Stuttgarter. Zwölf Millionen Euro soll nun die Ablösesumme nach Informationen unserer Redaktion für Ahamada betragen. Geld, das die Stuttgarter in Abwägung zur sportlichen Bedeutung des Talents gerne nehmen. Nicht, um ein neues Loch zu stopfen, sondern weil die Verantwortlichen der Überzeugung sind, dass Ahamada zwar über reichlich Potenzial verfügt, er sich aber noch nicht als Unterschiedsspieler entpuppt hat. Genki Haraguchi soll schnell in eine solche Rolle beim VFB hineinwachsen. „Er bringt hervorragende fußballerische Qualitäten und einen enormen Erfahrungsschatz in unsere Mannschaft ein. Er kennt Deutschland und die Bundesliga aus seinen vorherigen Stationen und wird deshalb keine lange Anlaufzeit in der neuen Umgebung benötigen“, sagt Wohlgemuth über den 31-jährigen Japaner. Unter einer Million Euro bezahlen die Stuttgarter an die Eisernen aus Berlin-köpenick für den Techniker. Beim VFB erhält Haraguchi einen Vertrag bis Sommer 2024.
Ein Jahr länger ist das Arbeitspapier von Gil Dias datiert. Der Portugiese ist ein Wandervogel und Deutschland seine siebte Länder-station. Der 26-Jährige war außer in seiner Heimat zuvor schon in Frankreich, Italien, England, Griechenland und Spanien aktiv. Neun Clubs in acht Jahren stehen auf der Liste, meist waren es Leihgeschäfte. Nun kassiert Benfica etwa eine Million Euro plus eventuelle Boni an Ablöse, und beim VFB kommt der neue Mann mit der Rückennummer 31 für mehrere Stellen in Frage.
„Mit Gil Dias verpflichten wir einen auf den Außenpositionen flexibel einsetzbaren Spieler, mit dem wir kurzfristig auf die Verletzung von Tiago Tomas reagieren, der aber auch längerfristig eine wertvolle Ergänzung unseres Kaders darstellt“, sagt Wohlgemuth. Der Winterzugang kann jedoch nicht nur den offensiven Flügelpart einnehmen, sondern ebenso einen defensiveren – falls es den Linksverteidiger Borna Sosa weiter zu ersetzen gilt.
Torwart-diskussion tabu
Es kommen also zwei frische Kräfte für den strapaziösen Abstiegskampf, in dem Labbadia auch auf eine Torwart-diskussion gern verzichten würde – und sie deshalb im Keim ersticke. „Flo ist die Nummer eins, und das bleibt erst mal so“, sagte der Trainer vor dem Pokalspiel über Keeper Florian Müller. Der Schweizer hatte bei der 1:2-Niederlage bei RB Leipzig am Freitag zum wiederholten Male gepatzt. Labbadia ist das natürlich nicht entgangen. Bei all den sportlichen und finanziellen Sorgen der Stuttgarter will er aber nicht noch eine Baustelle aufmachen.