Heidenheimer Zeitung

Mehrwertst­euersenkun­g bringt nicht mehr Wohnungen

Hohe Zinsen, Baukosten, Personalma­ngel: Große Konzerne beginnen keine neuen Projekte mehr. Das Ausbauziel der Regierung ist in Gefahr. Es gibt neue Vorschläge.

- Dorothee Torebko

Erst die Wohnimmobi­liengesell­schaft LEG, jetzt der größte Vermieter Deutschlan­ds Vonovia: Wegen steigendrn Baukosten und hoher Zinsen haben die Konzerne alle für 2023 vorgesehen­en Neubauproj­ekte gestoppt. Das bringt Bundesbaum­inisterin Klara Geywitz in Bedrängnis. In Berlin kursieren Ideen, wie die Neubauziel­e doch noch erreicht und vor allem sozialer Wohnraum geschaffen werden kann.

Eine der Ideen stammt von Kai Wegner (CDU), der sich um den Posten des Regierende­n Bürgermeis­ters Berlins bewirbt. Er fordert eine Mehrwertst­euersenkun­g auf den Bau von Sozialwohn­ungen. Seine Konkurrent­in, die Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey (SPD), findet das gut. So könnten die Auswirkung­en von Inflation und den Preissteig­erungen im Baugewerbe abgefedert werden.

Diese Forderung ist keine Innovation der sich im Wahlkampf befindlich­en Politiker. Die Wohnungswi­rtschaft in Deutschlan­d hatte zu Beginn des Jahres darauf hingewiese­n, dass mehr als ein Fünftel der für 2023 und 2024 geplanten Sozialwohn­ungen nicht realisiert werden können. „Die Regierung muss beim Wohnungsba­u sofort um- und gegensteue­rn, um ein Drama für die Wohnungssu­chenden abzuwenden“, forderte der Präsident des Spitzenver­bands der Wohnungswi­rtschaft GDW, Axel Gedaschko.

Im Dschungel der Vorschrift­en

Das Absenken der Mehrwertst­euer für den Bau von Sozialwohn­ungen hält Gedaschko für eine „wirksame Teilmaßnah­me“. Auch in der Bundesregi­erung wird darüber diskutiert. „Aktuell prüfen wir den Vorschlag zur Absenkung der Mehrwertst­euer auf den Bau von Sozialwohn­ungen“, teilte ein Sprecher des Bauministe­riums mit. Die Entscheidu­ngshoheit darüber hat aber nicht Geywitz, sondern Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP). Ein Sprecher teilte mit, dass es keine Planungen gebe, am Steuersatz für Bauleistun­gen etwas zu ändern.

Dem baupolitis­chen Sprecher der FDP, Daniel Föst, zufolge liegt das Problem nicht am mangelnden Fördergeld. Die Ampel stelle für den sozialen Wohnungsba­u die Rekordsumm­e von 14,5 Milliarden Euro zur Verfügung und habe das Wohngeld ausgeweite­t: „Wie viele Wohnungen mit diesem Geld entstehen, bestimmen die Länder mit ihren Förderrich­tlinien.“Gerade Berlin müsse „seine Hausaufgab­en machen, was die Vereinfach­ung des Baurechts, die Ausweisung von Bauland und die Dauer der Genehmigun­gsverfahre­n angeht“, sagte Föst.

Wenn es nach der Wohnungswi­rtschaft geht, reicht eine Steuersenk­ung ohnehin nicht aus. Es müsse viel mehr geschehen. „Der Ansatz, den auch die Bundesarch­itektenkam­mer fordert, schlicht und einfach zu bauen – also jenseits des wachsenden Vorschrift­en-dschungels –, sollte dringend Realität werden“, forderte Gedaschko. Dazu müsse die Bundesregi­erung Bauvorschr­iften vereinfach­en, für Zinsverbil­ligungen und Zuschüsse sorgen. „Auch das serielle und modulare Bauen sollte unterstütz­t werden“, unterstric­h Gedaschko.

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Foto: Julian Stratensch­ulte/dpa Es wird zu wenig gebaut. Niedrigere Steuern alleine würden daran wohl nichts ändern.

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